Antisemitismusbericht für die Deutschschweiz: Handlungsbedarf bei Hate Speech

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Symbolbild. Foto Mabel Amber
Symbolbild. Foto Mabel Amber
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Der Schweizerische Israelitische Gemeindebund SIG und die Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus GRA veröffentlichen heute den Antisemitismusbericht 2018 für die Deutschschweiz. Dieser zeigt, dass die Zahl physischer und verbaler antisemitischer Vorfälle ausserhalb des Internets stabil bleibt. Besorgniserregend sind weiterhin antisemitische Äusserungen und Drohungen im Internet und in den Sozialen Medien.

 

Im Jahr 2018 wurden (ohne Internet) 42 antisemitische Vorfälle registriert. Darunter waren 1 Tätlichkeit, 11 Beschimpfungen, 5 Schmierereien. Sachbeschädigungen kamen keine vor. Es sie jedoch davon auszugehen, dass eine Vielzahl von Vorfällen nicht gemeldet wird, schreiben SIG und GRA in einer gemeinsamen Medienmitteilung. Entsprechend müsse von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen werden. Für das Berichtsjahr 2018 wurde der Antisemitismusbericht grundlegend überarbeitet. Er weist neu ausführlichere Analysen und Statistiken sowie umfassendere Erläuterungen von Definitionen und Methoden auf.

Hate Speech und Verschwörungstheorien im Internet

Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern, wie zum Beispiel Deutschland oder Frankreich, kommt es in der Schweiz zu weniger gewalttätigen antisemitischen Übergriffen, heisst es im Bericht. Auf ähnlich hohem Niveau wie im europäischen Ausland dürfte sich jedoch das Ausmass antisemitischer Äusserungen und Drohungen im Internet bewegen. Über 90 Prozent der erfassten Online-Vorfälle in der Deutschschweiz wurden auf den beiden Social-Media-Plattformen Facebook und Twitter registriert.

Inhaltlich fallen zwei Drittel der Vorfälle, inklusive Online, in die Kategorien «Antisemitische Verschwörungstheorien» und «Israelbezogener Antisemitismus». Gerade antisemitische Verschwörungstheorien fänden zurzeit grössere Verbreitung, so GRA und SIG. Israelbezogener Antisemitismus werde oftmals durch Ereignisse im Nahen Osten ausgelöst, die als «Trigger» bezeichnet werden. Diese Ereignisse haben für einen begrenzten Zeitraum eine stark höhere Anzahl an antisemitischen Vorfällen zur Folge. Wie der Antisemitismusbericht darlegt, sind solche Trigger ganz allgemein für die zahlenmässig wellenartigen Ausschläge hauptverantwortlich.

Bei Hate Speech im Internet besteht Handlungsbedarf

Hate Speech im Internet nimmt generell seit Jahren stark zu. Laut den Berichterstattern sei es auffällig, dass eine Mehrzahl der antisemitischen Beiträge nicht anonym veröffentlicht wird. Die Verfasser stehen häufig offen mit eigenem Namen und erkennbarem Profilbild dahinter und sind darum auch identifizierbar. Für SIG und GRA besteht im Bereich Hate Speech im Internet ein dringender Handlungsbedarf. Diese Forderung richtet sich einerseits an die Politik, andererseits aber auch an die Anbieter von Social-Media-Plattformen. Eine Eindämmung von Hate Speech sei dringend nötig und entsprechende Massnahmen müssten immer auch mit einem verstärkten Engagement in Aufklärung und Prävention einhergehen.

Einige der gravierendsten Vorfälle im Jahr 2018:

  • Angriff eines mit einem Messer bewaffneten Mannes auf eine Gruppe orthodoxer Juden.
  • Im Mai wurden ein deutlich als Jude erkennbarer Mann und sein Sohn auf dem Weg zur Synagoge verbal bedroht. Der Täter lief den beiden hinterher und machte unter anderem folgende Äusserung: «Euch schneide ich die Kehle auf».
  • Im Juli wurden zwei jüdische Frauen mit ihren Kindern auf offener Strasse beschimpft. Sie waren gerade im Gespräch mit Spendensammlern einer Hilfsorganisation, als eine vorbeilaufende Frau rief: «Ihr Juden seid alle geizig!».
  • Der SIG erhielt diverse Zuschriften mit grenzwertigen oder klar antisemitischen Aussagen. In einem der Briefe wurden Juden aufs Übelste beschimpft und Freiheit für die zwei inhaftierten Holocaustleugner Ursula Haverbeck und Horst Mahler gefordert.
  • Während der von der PNOS organisierten Demonstration in Basel am 24. November hielt das Basler PNOS-Mitglied Tobias Steiger eine Rede zum Migrationspakt. Diese war gespickt mit offen antisemitischen Verschwörungstheorien. Die Aufnahme der Rede postete Steiger auf YouTube und Facebook.
  • Im jüdischen Altersheim SIKNA in Zürich wurden im Juli in einer Toilette zwei Hakenkreuze an die Wand gezeichnet.
  • Als ein Ehepaar aus Zürich im September von den Ferien zurückkam, hatte jemand an ihr Garagentor «Hier wohnt ein Jude» geschrieben.

Download des gesamten Antisemitismusbericht 2018 (PDF)

1 Kommentar

  1. Es nützt leider neimandem, aber dieser Antisemitismus ist mir vollkommen unbegreiflich.
    Auch derjenige, der als Israel-Kritik ( man muss doch die Israel-Politik kritisieren dürfen ) daher kommt. Von Leuten, die kaum daran denken, die „Politik“ von irgendwelchen Ländern und seien sie demokratisch noch so mangelhaft , so hart zu kritisieren.

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