Beni Fischer und der Hitlergruss: Vom «Nie Wieder»-Warner zum Neonazi-Freund in einem Tag

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Foto Screenshot telezueri.ch
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Skandal! Ein SVPler entpuppt sich als naziaffin. Und zwar nicht etwa irgendein Sektionspräsident an einem Bratwurststand, sondern der Nationalrat Benjamin Fischer im Bundeshaus.

«SVP-Fischer verteidigt Hitlergruss als Grundrecht», titelt Blick Online. «SVP-Nationalrat verteidigt Hitlergruss», vermeldet der Tages-Anzeiger. Noch unappetitlicher ist die Story bei 20 Minuten: «SVP-Fischer sieht bei Hitlergruss-Verbot seine Freiheit gefährdet». Gemäss einem der reichweitenstärksten Deutschschweizer Online-Outlets juckt dem jungen Offizier und Familienvater offenbar konstant der rechte Arm – und nun befürchtet er, in Zukunft müsse er ihn gegen seinen Willen am Körper behalten, um nicht mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen. Ekelhaft, so einer…

Aber was ist überhaupt genau passiert?

Die Sachebene…

Diese Woche verhandelte der Nationalrat eine Ausweitung des Verbotes für Nazisymbole. Im Rahmen dieser Debatte stellte Fischer EJPD-Chef Beat Jans eine Frage, und zwar diese:

«Sehr geehrter Herr Bundesrat, in Referaten haben wir vorhin gehört, dass es beispielsweise auch möglich wäre, dass der Hitlergruss unter diese Bestimmung fällt. Ist es also möglich, dass mit diesem Gesetz eine bestimmte Bewegung des eigenen Körpers unter Strafe gestellt wird? Es könnte also etwas, das ich mit meinem Körper tue, unter Strafe gestellt werden, falls irgendeine Behörde eine bestimmte Gesinnung daran festmacht. Wie können Sie das mit den Grundrechten vereinbaren?»

Das kleinere Problem an dieser Frage ist, dass die Regeln der Semantik für alle gelten. Dass Fischer die Erweiterung des Verbotes ablehnt, ist eine Tatsache. Aber das ändert nichts daran, dass seine Frage offen formuliert war – er also unmöglich den Hitlergruss (oder irgendetwas anderes) verteidigt haben konnte mit ihr.

Das grössere Problem ist Bundesrat Jans’ Antwort. Auch sie lohnt es, im Wortlaut zu kennen: «Ich kann diese Frage noch nicht beantworten. Der Rat muss jetzt entscheiden, ob er den Anträgen der Kommission zustimmt. Wenn ja, wird der Bundesrat eine Vorlage bringen. Dann werden Sie hier im Rat eine Debatte führen und solche Fragen auch mit mir als Bundesrat diskutieren können.»

Offenbar hat Fischer nicht nur eine offene Frage gestellt, sondern eine ordnungs- und staatspolitisch gesehen valide. Und ausserdem: Wenn Fischer den Hitlergruss verteidigte, warum hat ihn dann Jans in seiner Antwort nicht zumindest legitimiert? Für führende Deutschschweizer Medienoutlets war das nicht der Rede wert – Details, die man ohne Fairnessverlust unter den Tisch fallen lassen konnte.

…und die Personenebene

An Fischers Frage ist offensichtlich nichts, aus dem sich halbwegs redlich Nazi-Sympathien ableiten liesse. Und an Fischers Person?

Fischer ist Mitglied der Parlamentarischen Gruppe Schweiz-Israel und Mitglied der Gesellschaft Schweiz-Israel. Für ein Hamas-Verbot setzt er sich ein, seit er im Parlament ist. Noch am 7. Oktober – also zwei Wochen vor den Parlamentswahlen –, twitterte er auf X, er werde im Falle seiner Wiederwahl versuchen, Schweizer Geldflüsse an terrorverbandelte palästinensische Hilfswerke zu stoppen.

In der SVP-Parteizeitung schrieb er, die Komplexität des Nahostkonfliktes sei keine Ausrede, jetzt nicht unmissverständlich Ross und Reiter zu benennen. Er störte sich öffentlich daran, dass viele Kreise, die ostentativ mit ukrainischen Opfern leiden, so wenig Gefühl für Israel und die Juden zeigen. Er lud Nationalrat Alfred Heer in seinen Podcast ein, dem wohl grössten Israel-Freund im Parlament, um über den 7. Oktober zu reden. Er forderte ein hartes Durchgreifen gegen antisemitische Demos auf Schweizer Boden. Er gehörte zur Handvoll Parlamentarier, die im Dezember eine Delegation mit Zeugen des Hamas-Massakers im Bundeshaus empfingen. Er tat sich das «Bearing Witness»-Screening an. Letzten Samstag, als der Iran Israel angriff, twitterte er um zwei Uhr nachts die israelische Nationalhymne. Warum? «Ich bin die ganze Nacht wach geblieben, habe für das israelische Volk gebetet. Ich konnte keine anderen Worte finden, deshalb twitterte ich die Hatikva.»

Jetzt, eine Woche später, ist er der bekannteste Nazisympathisant des Landes. Innert eines Tages wurde er vom «Nie Wieder»-Warner zum Hitlergruss-Verteidiger. Anfeindungen auf den Sozialen Medien inklusive. Gehen ihm die Verunglimpfungen nahe? «Ja, das trifft mich zutiefst. Ich halte Antisemitismus für etwas vom Verwerflichsten, das es gibt. Dementsprechend hart sind die Vorwürfe. Ich verstehe nicht, wieso man nicht mehr zwischen Sachpolitik und Person unterscheiden kann.»

2 Kommentare

  1. … falls irgendeine Behörde eine bestimmte Gesinnung daran festmacht.…
    Die Geisnnungen ändern ja heute dauernd! So gesehen hat er recht. Plötzlich ist Kopfschütteln, („nein“ signalisieren) eine Straftat. Die linken Sudelblätter haben eine Keule gefunden mit der sie den braven Mann, der ihnen eh nicht passt, fertig machen können. Gott möge Beni Fischer behüten und segnen und seine mutige Stimme erhalten.

  2. Wer gegen Verbote ist, ist noch lange kein Sympathisant. Es wäre schön, anstatt polemisch dieses Thema faktenbasiert anzugehen. Dafür müsste man gen Norden schauen und das Verbot evaluieren.

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