Die arabische Welt, verloren in einer emotionalen Nakba

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"Free Palestine Kundgebung in Kairo" Foto von Gigi Ibrahim. Licensed under Creative Commons Attribution 2.0 via Wikimedia Commons.
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Bereits seit langem haben Anthropologen und Rechtshistoriker bestimmten Stammeskulturen – Krieger, Nomaden – spezifische Ehrenkodices zugeordnet, die entkräftende Schande bei Verletzung dieser zur Folge hat. Die arabische Politkultur neigt dazu, den Aufstieg durch Aggression und die Politik des „starken Pferdes“ zu bevorzugen, was zusammen kombiniert einen Nahen Osten ergibt, der zwischen Sisis Ägypten und al-Assads Syrien gefangen ist.

In den 13 Jahrhunderten vor dem Zionismus unterstanden Juden einem politischen Status in muslimischen Ländern, der speziell anhand der Themen Ehre (gegenüber Muslimen) und Schande (für Juden) konzipiert worden war. Als dhimmi waren Juden vor muslimischer Gewalt geschützt, wenn sie ihre tägliche öffentliche Degradierung und rechtliche Minderwertigkeit anerkannten.

Für die von Ehre gesteuerten arabischen und muslimischen Politakteure bedeutet der Ausblick auf eine autonome politische Entität Blasphemie gegen den Islam. Während zwar einige Araber im Palästina von 1948 die Aussicht auf eine jüdische Souveränität als eine nützliche Gelegenheit ansahen, waren sich arabische Führung und „Strasse“ einig, dass Israel um Willen der arabischen Ehre zerstört werden müsse und dass jene mit anderer Meinung, Verräter an der arabischen Sache seien.

Dem israelischen „Anderen“ zu schaden, wurde zur Priorität erkoren, ganz egal wie sehr die Bemühungen die Araber und besonders die Palästinenser selbst trafen. Lieber sollten Millionen von Muslimen unter jüdischer Herrschaft stehen, als eine Lösung auszuhandeln. Lieber sollten Selbstmordanschläge gegen Juden verübt, als Frieden mit ihnen geschlossen werden.

Aktuelle Friedenspläne gehen davon aus, dass beide Seiten die notwendigen Zugeständnisse für einen Frieden machen werden, und dass ein Kompromiss zu einer akzeptablen Win-Win-Situation für beide Seiten führen kann. Wie ein verwirrter BBC-Sprecher verkündete, „Meine Güte, es ist so einfach, man könnte es glatt mit einer E-Mail lösen.“ Es ist aber nur einfach, wenn man davon ausgeht, dass Araber es nicht mehr als Nullsummenspiel empfinden, dass jeder Gewinn für Israel ein inakzeptabler Verlust ihrer Ehre und jeder israelische „Gewinn“ – so gering er auch sein mag – eine Beleidigung des Islam ist.

Ahmed Sheikh, Chefredaktor von Al Jazeera, erklärt das so: „Es nagt an den Menschen im Nahen Osten, dass ein so kleines Land wie Israel mit knapp 7 Millionen Einwohnern die arabische Nation mit ihren 350 Millionen Menschen besiegen kann. Das verletzt unser kollektives Ego. Das palästinensische Problem ist in den Genen von jedem Araber. Das Problem des Westen ist, dass er das nicht versteht.“

Zusammenfassung der Originalversion: Why the Arab World Is Lost in an Emotional Nakba by Richard Landes © Tablet Magazine, June 24, 2014.

4 Kommentare

  1. Wer, wie Herr Meyer die Augen vor der traurigen Wahrheit verschließt, der kann in der Tat nur zu der Erkenntnis kommen, dass der von ihm kritisierte im Unrecht ist. Im Gegensatz zu vorhergehenden Generationen, die jeglicher Propaganda, gleich von welcher Seite sie kam, ausgesetzt waren, können wir uns heute frei entscheiden, ob wir uns wie Lemminge von rechts- links- oder unorientierten Medien unsere Meinung aufoktroyieren lassen. Oder ob wir uns, und das ist durch die Vielfalt der Medien möglich, selbst unsere Meinung bilden. Und dann auch dazu stehen. Auch wenn sie nicht dem „Mainstream“ entspricht, der ja wiederum nichts anderes ist, als ein von anderen als passend empfundenes Meinungsbild.

  2. Nicht nur ich.

    Auch Wikipedia (D) sieht es etwa so, formuliert aber eleganter:
    "Landes ist ein ausgesprochener Verteidiger Israels und kritisiert antiisraelische Propaganda und was er dafür hält in Nachrichten und Kommentaren. Er bezichtigt die Mainstreampresse, unberechtigte und gefälschte Nachrichten palästinensischer Quellen ungeprüft zu übernehmen. Er streitet keineswegs ab, dass israelische Militäroperationen auch Tote und Verletzte zur Folge hatten, sieht aber deutliche Übertreibungen zugunsten von Propaganda von interessierter Seite."

    Schöne Woche.

  3. Ein zionistischer Agitator! Nichts anderes hätten wir von Ihnen erwartet, Herr Meyer.

  4. Richard Landes ist kein Anthropologe und seine Gedanken über Stammeskulturen laienhaft. Insofern er als historisch-religöser Philosoph bewanderter ist, müsste er doch die Haupttendenz des historischen Islam als Überwindung der Stämme durch die Umma als Antwort auf die 2 imperialen Zivilisationen der Epoche kennen.
    Dagegen ist Landes als zionistischer Agitator berühmt. Siehe Wikipedia (D). Insbesondere als Kritiker der nicht rechtszionistischen Presse. Eine gute Ergänzung zum Audiatur-Team!

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