
Am 26. April bestätigte eine Gruppe nicht gewählter Vertreter der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) die Ernennung von Hussein al-Sheikh zum «stellvertretenden Vorsitzenden des Exekutivkomitees der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO)» und Vizepräsidenten des nicht existierenden Staates Palästina.
von Khaled Abu Toameh
Der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmoud Abbas, der auch Vorsitzender des Exekutivkomitees der PLO ist, hatte den 64-jährigen al-Sheikh für dieses Amt nominiert, nachdem der Palästinensische Zentralrat, ein Gremium, das von Abbas-Getreuen dominiert wird, beschlossen hatte, das Amt des «stellvertretenden Vorsitzenden des Exekutivkomitees der PLO und Vizepräsidenten des Staates Palästina» zu schaffen.
Der 16-köpfige Exekutivausschuss der PLO, der die Nominierung gebilligt hat, wird ebenfalls von Abbas-Getreuen dominiert, darunter al-Sheikh, der vor einigen Jahren vom mittlerweile 89-jährigen Abbas zum Generalsekretär ernannt wurde.
Mit dieser Ernennung stieg al-Sheikh offiziell zum zweitmächtigsten Mann in der Führung der PA auf. Bis dahin wurde al-Sheikh von den Palästinensern als inoffizieller Vizepräsident von Abbas angesehen. Die Ernennung von al-Sheikh kam daher für viele Palästinenser nicht überraschend. Letztendlich wählte Abbas einen seiner engsten Vertrauten für den hohen Posten aus, und seine Getreuen bestätigten die Nominierung, ohne zu zögern.
Die Ernennung von al-Sheikh erfolgte Berichten zufolge aufgrund des Drucks der internationalen Gemeinschaft auf Abbas, die Palästinensische Autonomiebehörde zu reformieren. Laut Reuters „ist die Reform der PA eine Priorität für die USA und die Golfmonarchien, die hoffen, dass die Behörde eine zentrale Rolle bei der Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts spielen kann“. Die Nachrichtenagentur erklärte, die Ernennung sei «ein Schritt, der weithin als notwendig angesehen wird, um die internationalen Zweifel an der palästinensischen Führung zu zerstreuen».
Es ist schwer zu erkennen, wie die Ernennung eines Beamten durch Abbas und eine kleine Gruppe seiner Getreuen einen Schritt in Richtung einer Reform der PA darstellen soll. Beabsichtigt Abbas, der die Palästinensische Autonomiebehörde bisher als Autokrat geführt hat, die Macht mit seinem neu gewählten Vizepräsidenten zu teilen? Das ist eher unwahrscheinlich.
Als der Palästinensische Zentralrat am 24. April beschloss, die Schaffung des Amtes eines „stellvertretenden Vorsitzenden des PLO-Exekutivkomitees und Vizepräsidenten des Staates Palästina“ zu genehmigen, stellte er klar, dass Abbas „ihm Aufgaben übertragen, ihn seines Amtes entheben und seinen Rücktritt annehmen kann“. Mit anderen Worten: Al-Sheikh wird vollständig von seinem Chef abhängig sein, wenn er seinen neuen Posten behalten will. Wenn Abbas der Meinung ist, dass sein neuer Stellvertreter nicht loyal genug ist, kann er ihn jederzeit entlassen. Das bedeutet, dass Al-Sheikh, wie viele hochrangige palästinensische Beamte, nur eine weitere Marionette in den Händen von Abbas sein wird.
Die Annahme, dass die Ernennung von al-Sheikh die Popularität von Abbas und der PA steigern würde, ist ebenfalls völlig daneben. Mehrere in den letzten Jahren veröffentlichte Meinungsumfragen zeigen, dass eine überwältigende Mehrheit der Palästinenser sich den Rücktritt von Abbas wünscht. Abbas ist nun im 20. Jahr seiner vierjährigen Amtszeit. Er wurde bei den letzten Präsidentschaftswahlen der Palästinensischen Autonomiebehörde im Jahr 2005 ins Amt gewählt.
Die letzten Wahlen zum Parlament der PA fanden 2006 statt, als die vom Iran unterstützte Terrororganisation Hamas die Mehrheit der Sitze im Palästinensischen Legislativrat gewann. Die Hamas übernahm daraufhin die Kontrolle über den Gazastreifen, stürzte einige Mitglieder von Abbas‘ Fatah-Partei aus den obersten Stockwerken hoher Gebäude in den Tod, vertrieb gewaltsam die übrigen Mitglieder der PA und regiert seitdem den Gazastreifen.
Seitdem konnten die Palästinenser aufgrund des Streits zwischen Fatah und Hamas keine neuen Wahlen abhalten.
Die Umfragen zeigen auch, dass die meisten Palästinenser die PA als extrem korrupt betrachten.
Darüber hinaus ist die Annahme, dass israelische Militäroperationen gegen palästinensische bewaffnete Gruppen im Westjordanland die Glaubwürdigkeit der PA bei vielen Palästinensern untergraben, ebenfalls völlig falsch. Umfragen palästinensischer Forschungsgruppen haben ergeben, dass viele Palästinenser nicht wegen der israelischen Militäroperationen das Vertrauen in die PA verloren haben, sondern wegen der grassierenden finanziellen und administrativen Korruption in den Institutionen der PA. Im Jahr 2021 kam die Palästinensische Koalition für Integrität und Rechenschaftspflicht zu dem Schluss, dass die kriminelle Korruption der PA Vetternwirtschaft, Veruntreuung öffentlicher Gelder, Machtmissbrauch, Bestechung, Geldwäsche und Einflussnahme umfasst.
Die Ernennung von al-Sheikh muss im Zusammenhang mit Abbas‘ Bemühungen gesehen werden, die internationale Gemeinschaft darüber zu täuschen, dass er es mit der Reform der PA und der Machtteilung ernst meint. Abbas‘ Hauptziel ist es, sich das Image eines Autokraten abzuschütteln und sich als Reformer und Demokrat zu präsentieren, damit die westlichen Geldgeber ihm weiterhin Geld zukommen lassen – dummerweise ohne Bedingungen. Wer glaubt, dass Abbas im Alter von 89 Jahren die Macht mit irgendjemandem teilen wird, macht sich etwas vor.
In den letzten zwei Jahrzehnten hat Abbas viele seiner politischen Rivalen und Gegner systematisch unterdrückt. Er hat auch völlige Intoleranz gegenüber jeglicher Form von Kritik gezeigt, indem er jeden entlassen oder inhaftiert hat, der es gewagt hat, sich gegen ihn auszusprechen.
Schliesslich sind diejenigen, die glauben, dass al-Sheikh sich von Abbas unterscheiden würde, ahnungslos. Al-Sheikh, ein langjähriges Mitglied von Abbas‘ regierender Fatah-Fraktion, ist eine exakte Kopie seines Chefs. Abbas und er vertreten in fast allen Fragen, die Israel betreffen, dieselben Positionen. Beide haben Israel stets mit harter Rhetorik verurteilt und diffamiert, insbesondere auf internationaler Ebene.
Al-Sheikh mag zwar nicht die alte Garde der palästinensischen Führung repräsentieren, aber seine Äusserungen und Positionen spiegeln die von Abbas und der alten Garde wider. Die Palästinenser brauchen echte Reformen, die der Korruption in den Institutionen der PA ein Ende setzen und korrupte und inkompetente Beamte entfernen. Das Letzte, was sie brauchen, ist ein neues Stühlerücken, das darauf abzielt, sowohl die Palästinenser als auch die internationale Gemeinschaft zu täuschen.
Khaled Abu Toameh ist ein preisgekrönter israelisch-arabischer Journalist, Dozent und Dokumentarfilmer, der sich auf palästinensische Angelegenheiten spezialisiert hat. Auf Englisch zuerst erschienen beim Gatestone Institute. Übersetzung Audiatur-Online.