Vereint zu Ehren der getöteten Dafna Meir

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Gedenkveranstaltung für Dafna Meir. Foto David Michael Cohen/TPS
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Am Dienstag Abend fand eine Gedenkveranstaltung für Dafna Meir statt, die vor einem Monat in ihrem Haus in der Gemeinde Otniel von einem palästinensischen Terroristen ermordet wurde. Zu diesem Anlass hatten sich Politiker der Linken und der Rechten Israels versammelt, um eine Frau zu ehren, die nach Auffassung aller aussergewöhnlich war.

Von Anna Rudnitsky/TPS

Bei der Gedenkzeremonie, die im Gerard Behar Center in Jerusalem stattfand, sprachen die Freunde und Familienangehörigen Meirs über eine Frau, die als Krankenschwester gearbeitet und sechs Kinder gross gezogen hatte, die in Fruchtbarkeitsfragen beriet, sich mit Rabbis stritt, anzügliche Witze mochte und der es stets gelang, jeden dem sie begegnete, Hoffnung zu geben. „Mit blutendem Herzen habe ich mich dazu entschlossen, diesen Abend zu einem Abend der Hoffnung und nicht der Verzweiflung zu machen“, so ihr Ehemann Nathan.

Ein unerwarteter Redner an diesem Gedenkabend zu Ehren einer Frau, die, wie sie selbst sagte, „sich jeden Tag dafür entschied, gläubig und jüdisch zu sein und in einer Siedlung zu leben“, war Yariv Oppenheimer, Leiter der linksgerichteten Organisation Peace Now, der von Dafnas Eheman Nathan zu der Veranstaltung eingeladen worden war. Oppenheimer hatte die Familie während der traditionellen 7-tägigen Trauerzeit besucht, um ihr Trost zu spenden und während dieser Zeit eine herzliche Beziehung zu der Familie aufgebaut.

„Zum ersten Mal habe ich von Dafna über Facebook erfahren“, sagte Oppenheimer. „Wir waren keine Facebook-Freunde, aber nach ihrer Ermordung lief mein Facebook-Feed geradezu über vor lauter Statusaktualisierungen mit Fotos von ihr und Kommentaren über sie, und ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen, weil ich immer weiter und weiter las. Ich las dort von einer Frau, die oft gegen den Strom schwamm, die offen über Feminismus und über den Körper der Frau redete, die Kinder adoptierte und all das stets mit Mut, einer grossen Intensität und Humor. Sie überwand Grenzen. Für sie waren all diese Definitionen, die uns allen in unserem israelischen Diskurs so geläufig sind – ‚Siedler‘, ‚religiös‘, ‚linksgerichtet‘, ‚rechtsgerichtet‘ – unbedeutend. Die Arbeit im Krankenhaus verlieh ihr eine beinahe göttliche Fähigkeit, das Leben aller Menschen zu retten, gleichgültig welcher Herkunft. Sie sah in jedem nur den Menschen.“

Oppenheimer beendete seine Rede mit den Worten, „Ich glaube, wenn wir uns persönlich getroffen hätten, hätte es zwischen uns mehr Einigkeit als Uneinigkeit gegeben und über alle Diskussionen hinaus hätte es womöglich auch Lachen und Selbstironie gegeben und den Wunsch voneinander zu lernen. Wir haben unterschiedliche Ansichten. Da gibt es gar nichts zu beschönigen. Diese Kontroversen sind nicht nur politischer Natur; sie berühren tiefere, ethische Werte. Aber wir müssen auch nicht dieselbe Meinung haben. Wir müssen einfach nur beginnen, miteinander zu reden.“

„Eine Freundin, wie sie sich jede Frau nur erträumen kann“, sagte Lihi Lapid, Autorin, Journalistin und Ehefrau des Parteivorsitzenden der Jesh Atid, Yair Lapid, über Dafna Meir. So wie viele andere der Versammelten hatte auch Lapid die Texte Meirs erst nach ihrem Tod entdeckt – aber sie fühlte sich von ihnen inspiriert. „Jede Frau träumt von einem Freund, der dir sagt: ‚Es ist OK, um Hilfe zu bitten, es ist OK nicht perfekt zu sein, es ist OK, für deine Träume zu kämpfen‘. Auch ich hätte gerne eine solche Freundin, aber ich kannte Dafna nicht, bevor sie getötet wurde. Dein Andenken sei gesegnet, liebe Freundin, die ich nie kennengelernt habe“, sagte sie.

Auch als Mutter gedachte man Meirs: „Mama Nummer Eins in der ganzen Galaxie“, schlug Meirs Tochter Raanana in einem Whattsapp‑Status für sie vor. Sie zog sechs Kinder gross, einschliesslich zweier Pflegekinder. In einer herzzerreissenden Rede sagte Akiva, ihr fünfzehnjähriger Sohn: „Ich kann mir kaum vorstellen, dass Du mich nicht mehr anrufst, dass Du nicht alles stehen und liegen lässt, was du gerade tust, nur um mich in den Arm zu nehmen, jedes Mal, wenn ich von der Jeschiwa (Talmud-Schule) zurück komme, dass wir abends nicht mehr miteinander reden … Du wirst meine Kinder niemals kennenlernen und sie dich nicht. Und sie werden all die Liebe, die Du uns gegeben hast, nicht bekommen.“

Akiva, Sohn von Dafna Meir. Foto David Michael Cohen/TPS
Akiva, Sohn von Dafna Meir. Foto David Michael Cohen/TPS

Mit den Tränen kämpfend, beendete er seine Rede mit den Worten: „Aber wenn ich versuche, das Ganze in einem grösseren Kontext zu sehen, habe ich nur ein Wort für Dich, den Herrn: Danke. Danke, für die fünfzehn Jahre voller Licht.“

Dafna Meir hinterliess kein Testament. Aber ihre Texte, von denen Ausschnitte von Freunden laut vorgelesen wurden, dienen als lebendiges Testament:

„Nimm das Gute an und lass das Schlechte links liegen.“

„So lange du glücklich bist, hast du nicht versagt. Zahlen spielen keine Rolle.“

„Du musst nicht unglücklich sein. Es gibt so viele Möglichkeiten, dein Leben zu verändern. Es gibt nicht nur eine oder zwei Haltestellen, an denen Du deine Richtung ändern kannst. Es ist nie zu spät.“