Endlich Friedensverhandlungen oder Krisenmanagement?

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John Kerry hat es offensichtlich geschafft, dass Israelis und Palästinenser wieder an den Verhandlungstisch zurückkehren. Folgt man der Darstellung von Claudia Kühner („Israel gibt Druck nach, Tages-Anzeiger, 22.07.2013), liegen Erfolg und Scheitern dieser wohl einzig und allein in den Händen des „ewigen Zauderers und Taktierers“ Benjamin Netanyahu. So legt sie nahe, dass eine Volksabstimmung, die Netanyahu bekräftige, über einen allfälligen Friedensvertrag ein potenzielles Risiko darstelle. Dass Mahmud Abbas, Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde PA, gleichfalls diesen zum Referendum bringen würde, erwähnt sie nicht. Jüngste Umfragen in der palästinensischen Bevölkerung lassen nicht unbedingt darauf schliessen, dass solch ein Referendum positiv ausfallen würde. Auch in sozialen Netzwerken wird Abbas aufgefordert, keine Verhandlungen „mit Terroristen“ aufzunehmen.

Just bevor die Meldung am Sonntag bekannt wurde, stellte der PA-Minister für religiöse Angelegenheiten, Mohammed Al-Habbash, im Vorfeld klar, was ein Vertrag mit Israel bedeutet. In seiner Freitagspredigt (19. Juli), bei der unter anderem auch Mahmud Abbas anwesend war, zog er einen Vergleich mit den bisherigen Verträgen zwischen der PLO/Palästinensern und Israel und dem Vertrag von Hudaybuiyya. Das Verantwortungsbewusstsein der PLO habe zu den Osloer Abkommen geführt und trotz viel Kritik und Widerstand „uns dahin gebracht hat, wo wir heute sind“. Dass es die PA heute gibt und dass die Welt Palästina als Staat anerkenne, sei der PLO zu verdanken durch die Weisheit ihrer Führung, bedachten Handlungen und auf dem richtigen Weg zu gehen, habe zu diesen Errungenschaften geführt, genauso wie es der Prophet Mohammed im Abkommen von Hudaybuiyya erreicht habe; da waren auch einige dagegen.

Und was ist dieses Abkommen von Hudaybuiyyah? Der Prophet Mohammed befand sich auf Pilgerreise nach Mekka, wurde aber vom einheimischen Qureisch Stamm von Mekka daran gehindert. In einem Vertrag handelten sie eine Waffenruhe aus, der wegen einiger Kompromisse und Zugeständnisse auf Widerstand stiess und Unzufriedenheit in den eigenen Reihen auslöste. Zwei Jahre später eroberte Mohammed Mekka.

Der PA-Minister bezeichnete die Zustimmung zu diesem Vertrag als „Politik“ und „Krisenmanagement“. Der Vergleich mit Hudaybuiyyah sei nicht nur einfach vergangene Geschichte, sondern „Beispiel und Vorbild“.

Dieser Vergleich ist offenbar bereits lebendiges Vorbild und das nicht nur für Vertreter der PA. Offiziell wird von einem Staat Palästina in den Grenzen von 1967 gesprochen, doch Logos und Embleme verschiedener palästinensischer staatlicher und nichtstaatlicher Organisationen bedienen sich der Symbolik einer Landkarte, um unmissverständlich die palästinensische Vision ihres Staates zu kommunizieren. Erst das Westjordanland, dann ganz Israel?

Seit Beginn der Osloer Abkommen wird von verschiedenen Vertretern der PA der Friedensprozess mit Israel als Taktik dargestellt. Schon Arafat verglich mehr als einmal die Osloer Abkommen mit Hudaybiyyah.

Den Friedensabschluss mit einem Vertrag zu besiegeln, ist für den einen Teil einer Krise, für andere Grundlage und Chance zugleich, eine bessere Zukunft zu gestalten. Wie die Zukunft aussieht, liegt jedoch in den Händen aller Beteiligter.

Sandra Hoffmann