Komödie „Nicht ganz koscher“ kommt in die Kinos

Ode an die Möglichkeit einer Verständigung

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Foto © enigma Film
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Eine unfreiwillige Begegnung führt zum Austausch, am Ende steht ein unverbesserliches Wunderland: Im neuen Kinofilm „Nicht ganz koscher“ prallen Welten aufeinander.

von Alexandra Wach

Wenn zwei deutsche Regisseure eine Komödie über einen orthodoxen Juden aus Brooklyn und einen Beduinen drehen, die nach tagelangen Streitereien in der Wüste Sinai Freundschaft schliessen – wie kommt das wohl bei den betroffenen Parteien an? Besserwisserisch? Naiv? Ignorant? Die Sorge ist unberechtigt, denn der Film schafft es, das Minenfeld der Vorurteile nicht auszublenden und trotzdem dank eines leisen Humors das Menschliche aller Figuren glaubhaft ins Zentrum zu stellen.

Das liegt auch an den zwei grossartigen Hauptdarstellern, die nicht viele Worte verlieren müssen, damit man weiss, was gerade in ihnen vorgeht. Vor allem der 1985 geborene Luzer Twersky ist in seiner Rolle eines gutmütigen, mitten in ein Konfliktgebiet hingereisten Ahnungslosen mehr als überzeugend, vielleicht, weil er als chassidischer Jude tatsächlich in Brooklyn aufgewachsen ist und die Community als 23-Jähriger verliess? Einen besonderen Schauwert haben auch die grandios panoramischen Aufnahmen der Wüste, in der die beiden einander nicht ausweichen können und deshalb einen Weg finden müssen, um die Strapazen gemeinsam zu überleben.

Am Anfang sieht man Ben in seiner orthodoxen Kleidung auf einer vom Sand umringten Strasse, schwer bepackt und ständig bemüht, seine Waschvorschriften einzuhalten. Eine Rückblende erzählt von seiner Reise nach Jerusalem zu seinem Onkel, der ihm dank eines Vermittlers zu einer Frau verhelfen soll. Eigentlich unnötig, denn er ist bereits verliebt. Weil aber seine Erwählte eine moderne Jüdin ist, die es sogar wagt, in einem Restaurant zu arbeiten, ist seine gesamte Sippe gegen die Beziehung.

Das hindert Ben nicht daran, sie täglich, ohne ein Wort zu sagen, anzurufen – um ihre Stimme zu hören, wenn sie eine Menükarte vorliest. Er kommt seiner Verwandtschaft wie gerufen, denn der Onkel muss der jüdischen Gemeinschaft in Alexandria helfen. Sie droht geschlossen zu werden, als einer der wenigen männlichen Mitglieder unerwartet verstirbt und ein rituelles Feiertagsessen nicht mehr mit neun statt zehn Männern abgehalten werden kann.

Ben, froh darüber, dass er dem Heiratsvermittler entkommen kann, macht sich auf den Weg, erlebt im Taxi zum Flughafen erstaunt einen antiisraelischen Streik der Orthodoxen und die Reaktion des nicht religiösen Fahrers. Natürlich verpassen sie den Flug, und die Odyssee nach Ägypten kann beginnen, erst mit dem Bus, in dem wegen seiner Anwesenheit sogleich zwei Fraktionen aneinandergeraten, dann zu Fuss.

Und weil man bereits an dieser Stelle ahnt, dass man sich in einem Märchen befindet, schenkt das Drehbuch dem Pechvogel einen Schutzengel in der Gestalt des einer Beduinenfamilie entstammenden Arabers Adel, der ihn in seinem klapprigen Wagen mitnimmt. Nicht, weil er hyperreligiöse Juden sympathisch findet, sondern weil ihm sein Beduinen-Ehrenkodex vorschreibt, Fremden in der Wüste drei Tage lang zu helfen.

Fortan prallen Kulturen und vor allem zwei Erzfeinde aufeinander, die aber aus Ermangelung anderer Zerstreuungen miteinander ins Gespräch kommen: über das Beten, die Familie, die Natur, den Niedergang der Beduinen, soziale Kontrolle, Essensvorschriften und Gott, den jeder auf seine Weise zu fassen versucht. Auch die Politik kommt ins Spiel, weshalb nach jeder Annäherung eine kalte Dusche folgt, bis beide in einen Brunnen fallen und nur dank eines Mirakels, einem aus dem Nichts aufgetauchten Kamel, fortan innig verbunden ihren Wüstentrip zum Happy End manövrieren können.

Die Regisseure Stefan Sarazin und Peter Keller behalten bis ins Finale den richtigen Ton, das vielleicht allzu rosagefärbt gerät mit einem gemeinsam betriebenen Restaurant in einer Oase, in dem sich Juden mit Arabern aller Couleur beim hassüberwindenden Gerichte-Mix begegnen. Es gelingt ihnen, Genrefallen zu umschiffen, flankiert von einer gut sortierten, orientalisch angehauchten Musik. Und wenn sie in ihre Versöhnungsgeschichte auch noch ein christliches Kloster integrieren, in dem alle Mönche den Juden und den Araber hilfsbereit ins Herz schliessen, ist die Utopie perfekt. Man lässt sie sich schmunzelnd gefallen. Schliesslich steckt man mittendrin in einem unverbesserlichen Wunderland.

KNA/mit/pko, Die Autorin ist Mitarbeiterin des Online-Portals filmdienst.de.