„ Zionisten“ im alten Ägypten und „Nazis“ bei Herodes?

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Foto arabische Medien
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Die ägyptische Antikenbehörde unter Dr. Mohmoud Afifi beschuldigt ein jüdisches Mitglied des deutschen Archäologenteams bei der Ausgrabung eines römischen Tempels in Assuan, zwei Davidsterne in eine Mauer geritzt und so eine ägyptische Antiquität „vandalisiert“ zu haben.

Dr. Afifi gab die Order, die Steine aus dem Tempel zu entfernen. Ägyptens neuer Antikenminister, Khaled Anani, jedoch hat eine wissenschaftliche Untersuchung angeordnet. Gemeinsam mit den Deutschen soll erforscht werden, ob der Davidstern schon in römischer Zeit verbreitet war.

Was die Ägypter um den Verstand gebracht hat, ist die Tatsache, dass der Davidstern heute als typisches Symbol für Juden, Zionisten und Israel dient. Doch das war nicht immer so und schon gar nicht in römischer Zeit. Der Judentumsforscher Gerschom Scholem hat in seiner bedeutenden, aber wenig beachteten Aufsatzsammlung „Judaica“ dargestellt, wie der Davidstern erst im 19. Jahrhundert zu einem jüdischen Symbol geworden war.

Vorher waren Sternzeichen, der sechszackige Davidstern aus zwei übereinander gelegten Dreiecken oder der fünfzackige „Salomonstern“ verbreitete Symbole bei vielen Völkern und Kulturen. Auch die meanderförmige Sonnendarstellung war verbreitet. Was wir heute „Hakenkreuz“ nennen würden, findet sich schon auf Steinen und Stuckdecken aus der Zeit des Herodes in Jerusalem. Doch niemand käme auf die Idee, sie zu entfernen mit dem Argument, dass es vor 2.000 Jahren noch keine Nazis im Heiligen Land gegeben habe.

"Swastika" in der Ein Gedi Synagoge im Mosaikfussboden. Foto Bsalzberg, CC BY-SA 3.0
“Swastika” in der Ein Gedi Synagoge im Mosaikfussboden. Foto Bsalzberg, CC BY-SA 3.0

Ein typisch jüdisches Symbol war immer schon der siebenarmige Leuchter, der auch als Staatswappen Israels verwendet wird. Der Davidstern hingegen erhielt vor allem seine heutige Bedeutung, weil Theodor Herzl ihn in die Flagge des Zionismus eingefügt hatte, zusammen mit den beiden blauen Streifen des Talith, dem jüdischen Gebetsmantel.

Ähnlich kurios ist die Geschichte christlicher Symbole. Das Folter- und Mordinstrument der Römer, das Kreuz, war keineswegs immer ein typisches Symbol der Christen. Es wurde erst im vierten Jahrhundert eingeführt, während die frühe Christenheit bekannte Symbole einfach ihrer eigenen Legende angepasst hat. Das wurde bei einer grossen Ausstellung früher christlicher Symbole im Israel-Museum in Jerusalem im Jahr 2000 veranschaulicht, bei der der Ursprung „christlicher“ Symbole wie Fisch und Lamm gezeigt wurden.

Aber Symbole haben eine ähnliche Wirkung wie moderne Logos bekannter Firmen, wie etwa der Mercedes-Stern. Deshalb darf man sich nicht wundern, wenn ägyptische Archäologen bei der Entdeckung eines Davidsterns an einem römischen Tempel in Assuan gleich an die jüdische Weltverschwörung denken.

Über Ulrich W. Sahm

Ulrich W. Sahm, Sohn eines deutschen Diplomaten, belegte nach erfolgtem Hochschulabschluss in ev. Theologie, Judaistik und Linguistik in Deutschland noch ein Studium der Hebräischen Literatur an der Hebräischen Universität in Jerusalem. Seit 1975 ist Ulrich Sahm Nahost-Korrespondent für verschiedene deutschsprachige Medien und berichtet direkt aus Jerusalem.

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1 Kommentar

  1. “Die ägyptische Antikenbehörde… beschuldigt ein jüdisches Mitglied des deutschen Archäologenteams bei der Ausgrabung eines römischen Tempels in Assuan, zwei Davidsterne in eine Mauer geritzt und so eine ägyptische Antiquität „vandalisiert“ zu haben.”

    Ein Ausdruck des bestialischen Hasses auf Juden, doch witziger als jede Anekdote.

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