Die Sprache der Judenfeindschaft im 21. Jahrhundert

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Im Deutschland der Gegenwart flammen immer wieder heftige Debatten auf, die öffentlichen Äußerungen von Politikern, Journalisten oder Schriftstellern über Juden, den Staat Israel und das deutsch-jüdische Verhältnis folgen. Der Jahreswechsel 2012-2013 wurde von der Kontroverse zwischen dem jüdischen Publizisten Henryk M. Broder (Jahrgang 1946) und dem nicht jüdischen Publizisten Jakob Augstein (Jahrgang 1967) überschattet, als Broder Augstein Antisemitismus vorwarf, weil Augstein seiner Ansicht nach “fortgesetzt Unsinn produziert, bei dem er alle klassischen antisemitischen Klischees und Ressentiments auf Israel projiziert”.

Als das Simon Wiesenthal Centrum (SWZ) Augstein auf seine diesjährige „Antisemitenliste” gesetzt hat, weil er die Grenze der drei „Ds” überschreite, die einen Antisemiten auszeichnen: Doppelter Standard, Dämonisierung, und Delegitimierung der Juden und Israels, waren Verteidiger – vom Präsidium des Zentralrats angefangen bis hin zu der Mehrheit der deutschen Medienvertreter einhellig der Meinung, Augstein sei Unrecht geschehen, er sei kein Antisemit.

Einige Monate zuvor war es ein „Gedicht” des greisen deutschen Nobelpreisträgers Günter Grass, der seine Mitgliedschaft in der Waffen SS lange verschwieg und nun schrieb: „Die Atommacht Israel gefährdet den ohnehin brüchigen Weltfrieden.’”, was einen internationalen Aufschrei und die Erklärung von Grass zur persona non grata in Israel zu Folge hatte. Jakob Augstein hat Grass Beifall gezollt.

Rezension –  Die Sprache der Judenfeindschaft im 21. Jahrhundert von Elvira Grözinger, SPME – Scholars for Peace in the Middle East, No. 9083, 20. April 2013

4 Kommentare

  1. Dr. Matthias Küntzel hat die Studie ebenfalls gelesen:
    "Lesart", Deutschlandradio Kultur, 5. Mai 2013
    Sprache kann töten
    Über "Die Sprache der Judenfeindschaft im 21. Jahrhundert" von Monika Schwarz-Friesel und Jehuda Reinharz. Ein Rezension · Von Matthias Küntzel

    Wann immer es im Nahen Osten kracht oder Juden aus anderen Gründen in die Schlagzeilen kommen, werden Bürger in Deutschland aktiv. Sie greifen hundertfach zur Feder, um dem Zentralrat der Juden in Deutschland oder dem israelischen Botschafter in Deutschland per Email, Fax oder Briefpost darzulegen, was sie von Israel oder den Juden halten. 14.000 derartige Briefe liegen allein für den Zeitraum 2002 bis 2012 vor.

    Diese Bürgerbriefe sind der Fundus, den die Linguistin Monika Schwarz-Friesel und der Historiker Jehuda Reinharz in ihrem jetzt erschienenen Buch „Die Sprache der Judenfeindschaft im 21. Jahrhundert“ analysieren. Sie präsentieren in einem historischen Rückblick die typischen Muster des Antisemitismus der letzten 150 Jahre und interpretieren vor diesem Hintergrund die Sprache der 14.000 Briefe sowie die Denkstrukturen und Gefühle, die in dieser Sprache zum Ausdruck kommen.

    Nur knapp ein Viertel der eingegangenen Briefe werden als „freundlich“ oder„legitim kritisch“ eingestuft, während die Autoren die übergroße Mehrheit der spontanen Meinungsbekundungen als „antisemitisch“ klassifizieren.[1]"

    Link: http://www.matthiaskuentzel.de/contents/sprache-k

    Man kann den Beitrag auch hören: http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/lesart/209

  2. Hallo,
    es geht mir sicherlich wie Vielen – einfach schockierend!
    Was für eine provokante plakative bildliche Aussage auf Kosten der Weltreligionen (der Davidsterns ist mit dem Tempelberg verbunden – Herr Augstein)!
    Heute ist es der Davidstern, Gestern waren es die Mohammed Karikaturen, Vorgestern ein Film zur Verunglimpfung des Kreuzes, Vorvorgestern der Mohammed-Film, etc.!
    Durch Provokationen entsteht Geld (z.B. Auflagenerhöhung) – dass ist das Problem!
    Das ist nicht mein 21. Jahrhundert!
    LG aus Österreich
    Christian

  3. Werter Herr Meyer,
    Broder ist in besagtem Artikel mitnichten "wieder ganz nett mit Jakob Augstein", wenn er sagt:

    "Ich habe über Jakob Augstein auch geschrieben, er sei "der kleine Streicher von nebenan…, der nur Dank der Gnade der späten Geburt um die Gelegenheit gekommen ist, im Reichssicherheitshauptamt Karriere zu machen…"
    Das war vollends daneben. "Nicht hilfreich", würde die Kanzlerin sagen. Jakob Augstein ist weder ein kleiner noch ein großer Streicher, er verlegt nicht den "Stürmer", sondern den "Freitag", er ist verantwortlich für das, was er heute macht, und nicht für das, was er in einem anderen Leben möglicherweise gemacht oder nicht gemacht hätte.
    Ein Hühnerstall ist kein KZ, die Moslems sind nicht die Juden von heute. Ich habe solche Dramatisierungen bei anderen immer kritisiert. Und nun bin ich in dieselbe Falle getappt. Dafür entschuldige ich mich. Und nur dafür."

    Broder korrigiert lediglich seinen Augstein=Streicher-Vergleich, weil solche Vergleiche regelmäßig ins Aus gehen. Für diesen Vergleich entschuldigt er sich, nicht aber für die – mE zutreffenden – Antisemitismus-Vorwürfe gegen Augstein.

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