
Die geopolitische Landschaft des Nahen Ostens und Nordafrikas wird zunehmend von den Beziehungen zwischen verschiedenen staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren geprägt. Wichtige Player wie Katar und die Türkei, angetrieben von ihrer Doktrin der Muslimbruderschaft, haben sich als Unterstützer bestimmter islamistischer Bewegungen positioniert, darunter die Houthis im Jemen, Al-Shabaab in Somalia und die sudanesischen Streitkräfte (SAF) im Sudan.
von Shlomi Michaels
Diese Allianzen bedrohen die regionale Sicherheit und Stabilität, insbesondere im Hinblick auf den anhaltenden Konflikt am Horn von Afrika, wo sich die Krisen vor allem im Sudan und in Somalia verschärfen.
Der Einfluss Katars und islamistische Bewegungen
Katar unterhält Beziehungen zu einer Reihe islamistischer Gruppen und fördert häufig den politischen Islam als Gegenentwurf zu autokratischen Regimes in der Region. Die Unterstützung der Houthi-Bewegung im Jemen, die sich in einem langwierigen Konflikt mit der von Saudi-Arabien angeführten Koalition befindet, verdeutlicht diesen Ansatz. Die Unterstützung Katars umfasst häufig finanzielle Hilfe, diplomatische Anerkennung und Medien wie Al-Jazeera, die ihre Narrative verbreiten.
In Somalia ist das Engagement Katars gegenüber Al-Shabaab komplexer. Obwohl die Gruppe als Terrororganisation eingestuft wird, ist bekannt, dass Katar verschiedene Fraktionen innerhalb der somalischen Regierung unterstützt, um die Region zu stabilisieren und gleichzeitig den Einfluss rivalisierender Gruppen einzudämmen. Diese Doppelstrategie verkompliziert die lokale politische Lage und verschärft oft bestehende Spannungen.
Die Rolle der Türkei bei der Unterstützung extremistischer Gruppen
Die Türkei hat sich zu einem wichtigen Verbündeten Katars bei der Unterstützung verschiedener islamistischer Bewegungen entwickelt. Ihre militärische und logistische Unterstützung umfasst häufig moderne Waffen und Ausbildung, wodurch Gruppen wie die Houthis und Al-Shabaab weiter gestärkt werden. Die strategischen Interessen der Türkei in diesen Regionen stehen im Einklang mit ihren umfassenderen Ambitionen, Macht und Einfluss in der islamischen Welt auszubauen.
Im Jemen hat die Türkei den Houthis humanitäre Hilfe und militärische Ausrüstung zur Verfügung gestellt, da sie deren Kampf als Teil eines umfassenderen Widerstands gegen die saudische Vorherrschaft in der Region betrachtet. In Somalia hat die Türkei ebenfalls massiv in die somalische Nationalarmee und Infrastrukturprojekte investiert und Berichten zufolge auch mit Al-Shabaab verbündete Gruppierungen unterstützt, was den Kampf gegen den Terrorismus erschwert.
Die Verbindung zur Muslimbruderschaft
Sowohl Katar als auch die Türkei haben die Muslimbruderschaft und ihre Ableger in der gesamten arabischen Welt historisch unterstützt und betrachten sie als legitime politische Akteure. Diese Annäherung hat ein Netzwerk islamistischer Gruppen gefördert, die dieselben Ideologien und Ziele verfolgen, was zu einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen ihnen geführt hat. Im Sudan ist der Einfluss der Muslimbruderschaft besonders gross, wo verschiedene Fraktionen inmitten des anhaltenden Konflikts um die Macht ringen.

Das Wirken der Muslimbruderschaft im Sudan reicht Jahrzehnte zurück, und ihre Mitglieder haben in verschiedenen Regierungen eine entscheidende Rolle gespielt. Der aktuelle Konflikt zwischen den islamistischen SAF und den säkularen Rapid Support Forces (RSF) hat jedoch zu einer weiteren Spaltung der politischen Landschaft geführt. Die Unterstützung islamistischer Fraktionen durch Katar und die Türkei verkompliziert die Lage zusätzlich, da diese Gruppen oft konkurrierende Interessen und Loyalitäten haben.
Die fragile innenpolitische Lage Ägyptens wird oft übersehen. Während der ehemalige Präsident Mohammed Mursi nur eine begrenzte Macht ausüben konnte, unterstützen fast 60 Prozent der 110 Millionen Einwohner Ägyptens bekanntermassen die Muslimbruderschaft. Dies beeinflusst die Beziehungen der Regierung Al-Sisi zur Hamas.
Die Lage im Sudan
Die finanzielle Unterstützung verschiedener Fraktionen durch Katar wurde mitunter als Versuch gewertet, Einfluss auf die Übergangsregierung des Sudan zu behalten. Unterdessen haben die militärische Hilfe und die politische Unterstützung der Türkei bestimmte Gruppen gestärkt und damit die Spaltungen weiter verschärft. Diese Einmischung aus dem Ausland wirft Fragen hinsichtlich der langfristigen Stabilität des Sudan und der Aussichten auf eine Lösung des Konflikts auf.
Der Dominoeffekt
Die somalische Al-Shabaab wird mit Geldern aus Katar finanziert, mit türkischen Waffen ausgerüstet und vor Ort von Iranern ausgebildet – und sie steht kurz davor, Somalia zu übernehmen; Mogadischu droht innerhalb weniger Wochen zu fallen. Sollte dies geschehen, würde die Terrororganisation Al-Shabaab ein grosses afrikanisches Land mit muslimischer Mehrheit kontrollieren. Und Eritrea könnte bald folgen.
Das benachbarte Dschibuti, dessen strategische Lage am Roten Meer von höchster strategischer Bedeutung ist, ist Schauplatz zahlreicher Interessen – kommerzieller, militärischer und geheimdienstlicher Art – der Grossmächte aus dem Westen und Osten, darunter Russland und China.
Sollten Somalia und Eritrea an die Extremisten fallen, wäre Äthiopien gefährlich exponiert und auf sich allein gestellt. Äthiopien ist das letzte Land, das für Sicherheit und Stabilität am Horn von Afrika kämpft.
Die westlichen Sanktionen gegen Äthiopien müssen aufgehoben werden, und das Land muss finanziell und militärisch ausgerüstet werden, um den Kampf gegen die Islamisten anzuführen. Auch Israel muss sie im Rahmen einer strategischen Allianz zwischen Addis Abeba, Jerusalem und Washington mit Geheimdienstinformationen unterstützen.
Im Sudan gibt es keinen Unterschied zwischen der SAF und dem sudanesischen Armeegeneral Abdel Fattah al-Burhan, einem direkten Nachkommen des terrorfreundlichen sudanesischen Führers Omar al-Bashir. Diese Führer sind durch und durch Mitglieder der Muslimbruderschaft und werden heute von Katar, der Türkei und dem Iran finanziert. Ägypten hat sich aus welchen Gründen auch immer diesem Arrangement angeschlossen.
Bedrohung für die Zukunft Israels
Die islamistische SAF befindet sich in einem erbitterten Kampf mit der RSF, die alles in ihrer Macht Stehende tut, um zu verhindern, dass der Sudan in die Hände der Muslimbruderschaft fällt. Sie wissen, was mit dem Sudan geschehen wird, wenn das Land an die Islamisten fällt.
Ägypten ist das nächste potenzielle Pulverfass. Sobald die Muslimbruderschaft den Sudan kontrolliert und von Süden her in Ägypten einmarschiert, werden sich die Muslimbrüder in Ägypten mit denen in Khartum verbünden. Es ist nicht abwegig anzunehmen, dass diese gefährliche Entwicklung dazu führen könnte, dass Al-Shabaab und die Muslimbruderschaft Ägypten mit dem gesamten Arsenal der ägyptischen Armee kontrollieren und Israel im Süden bedrohen. Die Türkei ihrerseits wird ihren Weg über Syrien finden und Israel von Norden her bedrohen, wodurch der jüdische Staat zwischen Ägypten und der Türkei eingekesselt wäre. Dies stellt eine strategische und sogar existenzielle Bedrohung für die Zukunft Israels dar.
Das Zusammenspiel der Einflüsse zwischen Katar, der Türkei und verschiedenen islamistischen Gruppen im Jemen, in Somalia und im Sudan unterstreicht die Komplexität dieser zunehmenden asymmetrischen Unterwanderung im Roten Meer und im gesamten Nahen Osten. Durch ihre Unterstützung dieser Bewegungen beeinflussen ausländische Mächte nicht nur die lokalen Dynamiken, sondern tragen auch zur anhaltenden Instabilität bei. Die Lage im Sudan, die durch vielfältige Konflikte und konkurrierende Interessen gekennzeichnet ist, spiegelt die allgemeinen Herausforderungen wider, denen sich die Region am Horn von Afrika und der Nahe Osten gegenübersehen. In Zukunft werden konzertierte internationale Anstrengungen unerlässlich sein, um die Ursachen dieser Konflikte anzugehen und echte Wege zu Stabilität, Sicherheit und Frieden zu fördern.
Shlomi Michaels ist ein israelisch-amerikanischer Experte für Nahost-Angelegenheiten. Auf Englisch zuerst erschienen bei Jerusalem Center for Public Affairs. Übersetzung Audiatur-Online.