Die Verbindungen zwischen Iran und Al Qaida

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Imad Mugniyeh mit Hassan Nasrallah Generalsekretär der libanesischen Hisbollah. Foto Fars
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Während der Westen weiter mit dem Iran kooperiert, um den Islamischen Staat zu „schwächen und zerstören“, gilt es sich vor Augen zu halten, dass Teheran in der Vergangenheit auch sunnitische Jihadisten für seine Zwecke nutzte und sogar mit Al Qaida kooperierte.

Nicht nur die westliche Allianz unter der Führung der USA befindet sich im Krieg mit dem Islamischen Staat, sondern auch Iran. Schiitische Proxy-Milizen, sowie Einheiten der Iranischen Revolutionsgarden IRGC führen in Irak und Syrien einen erbitterten Kampf gegen die sunnitischen Jihadisten von ISIS, Jabhat al-Nusra (der syrische Al Qaida-Ableger) etc. Umso erstaunlicher ist die Tatsache, dass Iran in den vergangenen 20 Jahren ausgerechnet Al Qaida, die Mutterorganisation des globalen Jihads, finanzielle, materielle und weitere Unterstützung zukommen liess.

Verantwortlich für diese ungewöhnliche Beziehung war Imad Mugniyeh, der vom Scharfschützen in Yassir Arafats Force 17, der „Spezialeinheit“ der Fatah, zum Topterroristen von Iran und Hisbollah aufstieg und das vermeintliche Schisma zwischen Sunniten und Schiiten erfolgreich überbrückte. Mugniyeh wurde von den Iranischen Revolutionsgarden rekrutiert, um die Islamic Jihad Organization (IJO) aufzubauen, einer der Vorläufer der Hisbollah. Als Drahtzieher der Anschläge auf die US-Botschaft im April 1983 und US-Marine-Einheiten sowie französische Fallschirmjäger im Oktober desselben Jahres stellte er innert Kürze seine besonderen „Talente“ unter Beweis.

Mugniyeh war ebenfalls verantwortlich für die Entführung und Ermordung des CIA-Chief of Station William C. Buckley in Beirut 1984 und die Entführung von TWA-Flug 847 ein Jahr später. Seine Aktivitäten sorgten dafür, dass Mugniyeh bald zu einem der meistgesuchten und -gejagten Terroristen der Welt wurde. Berichten zufolge nutzte er verschiedene Aliase und unterzog sich mehreren Gesichtsoperationen um sein Aussehen zu verändern.

In den 90er-Jahren expandierte Mugniyeh seine Aktivitäten massiv. Hauptsächlich bekannt sind die Hisbollah-Anschläge in Buenos Aires in 1992 und 1994 auf die israelische Botschaft und das jüdische Gemeindezentrum AMIA, mit Unterstützung der iranischen Quds-Einheit. Doch es war im Sudan, wo Mugniyeh zu einem regelrechten globalen Jihadisten wurde. Anfang der 90er-Jahre war Sudan der Stützpunkt von Osama Bin Ladens Al Qaida und Aymen Al-Zawahiris Egyptian Islamic Jihad (EIJ). Im April 1991 reiste letzterer gemäss Berichten in den Iran, um Unterstützung für den Sturz der ägyptischen Regierung zu erhalten. Der Iran stimmte zu und Imad Mugniyeh machte sich auf den Weg in den Sudan, um Zawahiri zu unterstützen. Zudem boten die Teheraner Mullahs an, EIJ finanziell zu unterstützen in Trainingslagern im Iran und Libanon auszubilden.

Mugniyeh traf sich ebenfalls mit Bin Laden und bildete führende Al Qaida-Mitglieder im Umgang mit Sprengstoffen im libanesischen Bekaa-Tal aus. Einige dieser Bin Laden-Vertrauten erhielten weiteres Training im Iran. Aufgrund seines tiefen Hasses auf das saudische Königshaus war Bin Laden geradezu ein natürlicher Verbündeter für Teheran. Mugniyeh unterstütze Bin Laden und Zawahiri beim Anschlag auf die ägyptische Botschaft in Islamabad im Jahr 1995 und half Bin Laden bei der Rückkehr nach Afghanistan, nachdem dieser Sudan ein Jahr später aufgrund massiven Drucks des Westens und Saudi-Arabiens verlassen musste.

Mugniyeh unterstützte Al Qaida bei den simultanen Selbstmordanschlägen in Kenia und Tansania im Jahr 1998, deren Modus Operandi stark an die Mugniyeh-Operation gegen die US Marines und die französischen Fallschirmjäger im Jahr 1983 erinnerten. Einer der Drahtzieher der Operation, Saif al-Adel, fand in Folge Zuflucht im Iran. Mugniyeh setzte sein Training von Al Qaida-Mitgliedern fort, ganz im Sinne eines streng geheimen Dokuments des iranischen Geheimdienstes, welches die Bedeutung der gemeinsamen strategischen Ziele von Iran und Al Qaida im Kampf gegen die „globale Arroganz unter der Führung der USA und Israel“ fest hielt.

Gemäss dem offiziellen Bericht der 9/11-Kommission begleiteten Mugniyeh und seine Helfer acht der 19 Attentäter von Saudi-Arabien via Teheran und Beirut. Einer der 9/11-Drahtzieher verbrachte zudem den Grossteil des Jahres 2001 dank einem iranischen Visum in Teheran. Nach dem Anschlag half Mugniyeh einem Teil der Al Qaida-Führung, darunter Al-Zawahiri, in den Iran zu fliehen.

Neben Al Qaida unterstützte der Iran aber auch andere Terrororganisationen wie etwa die palästinensischen Hamas und Palestinian Islamic Jihad (PIJ). Mugniyeh dürfte auch dabei oftmals eine entscheidende Rolle gespielt  haben, wie etwa bei der iranischen Waffenlieferung an palästinensische Gruppen mittels des Transportschiffes Karine A, welches von der israelischen Marine im Jahr 2002 im Roten Meer abgefangen und nach Eilat eskortiert wurde. Das Schiff transportierte 50 Tonnen Waffen im Wert von geschätzten 15 Millionen US-Dollar.

Anfang 2008 starb Mugniyeh unter mysteriösen Umständen in einem Autobombenanschlag in Damaskus. Gemäss einer Recherche der Washington Post war sein Ableben das Resultat einer gemeinsamen Operation von CIA und Mossad. Nachdem er jahrzehntelang seinen Gegner einen Schritt voraus gewesen war, fiel er letzten Endes doch den Risiken seines „Berufes“ zu Opfer.

Mugniyehs Tod war ein herber Verlust für Iran und Hisbollah, doch der wichtige Punkt dabei ist folgender: Wenn der Iran heutzutage von sich behauptet, den Kampf gegen sunnitischen Jihadismus zu führen, gilt es sich zu erinnern, dass die Teheraner Mullahs nie Skrupel hatten, sunnitische Jihadi-Organisationen zu unterstützen und sogar massgeblich zum Aufstieg von Al Qaida und der Globalen Jihad-Bewegung beitrugen. Den Iran als Partner im Kampf gegen Terrorismus zu betrachten, bedeutet nichts anderes als den Bock zum Gärtner zu machen.

Gekürzte und überarbeitete Version von: Benjamin T. Decker, Iran Is More Deeply Tied to ISIS Than You Think, The Tower Magazine, Issue 33, December 2015.