Palästinensische Autonomiebehörde verhaftet kritische Frauen – Wo bleibt die Empörung?

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Symbolbild. Sicherheitsdienst der Palästinensischen Autonomiebehörde. Foto Safa
Symbolbild. Sicherheitsdienst der Palästinensischen Autonomiebehörde. Foto Safa
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Letzten August protestierte die Palästinensische Autonomiebehörde (PA), weil Israel eine palästinensische Frau aus Hebron wegen Volksverhetzung und Verbindungen zur Hamas verhaftete. Die 42-jährige Frau, Lama Khater, ist ausserdem bekannt als scharfe Kritikerin von Präsident Mahmoud Abbas und seiner Palästinensischen Autonomiebehörde.

 

von Bassam Tawil

Khaters scharfe Kritik an Abbas und dessen Regierung hielten die Palästinensische Autonomiebehörde jedoch nicht davon ab, Israel zu verurteilen und ihre sofortige Freilassung zu verlangen. Dies war nicht das erste Mal, dass die Palästinensische Autonomiebehörde Israel dafür verurteilte, eine palästinensische Frau verhaftet zu haben, die es gewagt hatte, Abbas und seine Politik zu kritisieren.

Im letzten Jahr verurteilte die Palästinensische Autonomiebehörde Israel dafür, Khalida Jarrar verhaftet zu haben, eine hochrangige Vertreterin der Terrororganisation “Volksfront zur Befreiung Palästinas” (PFLP). Jarrar wurde von Israel aufgrund der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Volksverhetzung festgenommen.

Diese Woche erinnerte man sich erneut an die Vorfälle in Bezug auf Khater und Jarrar, als palästinensische Quellen offenlegten, dass die Sicherheitskräfte von Mahmoud Abbas im Westjordanland zwei palästinensische Frauen verhaftet haben.

Die erste der Frauen, Majdoleen Marab’eh, wurde in der Stadt Qalqilya im Westjordanland verhaftet, nachdem sie das kontroverse Sozialversicherungsgesetz der Palästinensischen Autonomiebehörde kritisiert hatte.

Das Gesetz, das eine Welle von Protesten bei den Palästinensern ausgelöst hat, sieht vor, dass 7 % des Monatsgehalts von Angestellten im Privatsektor in einen Sozialversicherungsfond gehen sollen und setzt das Renteneintrittsalter für Männer und Frauen auf 60 Jahre fest.

Die zweite Frau, die kürzlich von den palästinensischen Sicherheitskräften verhaftet wurde, Suha Jbara, ist eine dreifache Mutter aus einem Dorf in der Nähe von Ramallah, der De-facto-Hauptstadt der Palästinenser im Westjordanland.

Laut palästinensischen Quellen wurde die 31-jährige Jbara am 2. November vor den Augen ihrer drei Kinder verhaftet, während mehr als 25 palästinensische Sicherheitsbeamte ihr Haus durchsuchten. Nach Auskunft der Quellen stand sie im Verdacht, von den Palästinensern im Westjordanland gesammelte Spendengelder an die Familien von Palästinensern, die von der israelischen Armee im Gazastreifen getötet oder verwundet wurden, zu überweisen.

Ihr Vater Badran sagte, dass sie zunächst in eine Haftanstalt der Palästinensischen Autonomiebehörde in Ramallah gebracht wurde. Nach einem kurzen Verhör wurde sie in das berüchtigte Jericho Gefängnis der PA überstellt. Er sagte, dass seiner Tochter eine medizinische Behandlung verweigert wird und sie unter harten Bedingungen festgehalten wird, obwohl sie an einer Herzerkrankung leidet. Einem von ihrer Familie beauftragten Rechtsanwalt wird es nicht erlaubt, sie zu sehen.

Autonomiebehörde ist ein schwere Last für die Palästinenser

Die Familie von Jbara macht sich grosse Sorgen um ihre Gesundheit. „Wir sind wirklich sehr besorgt aufgrund ihrer Erkrankung, da sie unter harten Bedingungen festgehalten wird“, beschwerte sich ihre Familie. „Ihre drei Kinder, im Alter von 12, 9 und 8 Jahren, weinen seit diesem Tag und weigern sich, etwas zu essen oder zur Schule zu gehen.“

„In den letzten paar Tagen hat die Verhaftung von Suha Jbara breite Empörung in den sozialen Netzwerken ausgelöst“, erklärte Obada Subeih in einem Blog des katarischen Al-Jazeera-Netzwerks. Die Palästinensische Autonomiebehörde ist eine schwere Last für die Palästinenser geworden. Die Anklagen gegen sie sind ein moralischer Skandal für die palästinensischen Sicherheitskräfte und die politische Führung der Palästinenser in Ramallah.“

Viele Palästinenser drückten in den sozialen Netzwerken ihre grosse Betroffenheit angesichts der Verhaftung von Jbara aus und beschrieben ihre Verhaftung als „schandhaft“. Sie starteten ebenfalls mehrere Hashtags, um ihre Freilassung zu fordern und die internationale Gemeinschaft dazu aufzufordern, Druck auf die Palästinensische Autonomiebehörde auszuüben, damit diese nicht länger gezielt gegen Frauen vorgeht.

Diese Aufrufe stiessen bisher jedoch auf taube Ohren. Die palästinensischen Medien im Westjordanland, die direkt und indirekt von der Palästinensischen Autonomiebehörde von Abbas kontrolliert werden, haben die Verhaftung der beiden Frauen ignoriert. Aus Sicht von Abbas‘ Medienkanälen gibt es keinen Grund, über das Leid der von der PA verhafteten palästinensischen Frauen zu berichten. Die einzigen Frauen, deren Geschichten in den Medien der Palästinensischen Autonomiebehörde veröffentlicht werden, sind diejenigen, die von Israel aufgrund von sicherheitsrelevanten Vergehen verhaftet wurden. Abbas will nicht, dass sein Volk und der Rest der Welt erfahren, dass seine Sicherheitskräfte Frauen dafür verhaften, dass sie das Sozialversicherungsgesetz kritisieren oder palästinensische Familien im Gazastreifen finanziell unterstützen.

Von Israel besessen

Man kann noch verstehen, warum sich die palästinensischen Medien entschieden haben, das Vorgehen der Palästinensischen Autonomiebehörde gegen palästinensische Frauen zu ignorieren. Es ist jedoch schwer nachzuvollziehen, warum die internationalen Medien und Menschenrechtsorganisationen weiterhin die Augen vor solchen Praktiken verschliessen. Die westlichen Medien und Menschenrechtsorganisationen hätten den beiden Frauen ihre Aufmerksamkeit geschenkt, wenn sie von Israel verhaftet worden wären. Dann hätten die in Jerusalem und Tel Aviv lebenden westlichen Journalisten die Familien der beiden Frauen schon vor langer Zeit besucht und zahlreiche Artikel über ihr Leid veröffentlicht.

Denken Sie beispielsweise nur an den Fall des palästinensischen Teenagers Ahed Tamimi, die letztes Jahr verhaftet und zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde, weil sie einen israelischen Soldaten geschlagen hatte. Seit damals ist sie zum Liebling der westlichen Medien geworden, deren Vertreter sie zu einer Ikone und einem „Symbol des Wiederstandes gegen die israelische Besatzung“ erkoren haben.

Anders als Jbara und Marab‘eh hatte Tamimi das Glück, von Israel verhaftet zu werden. Wäre sie von der Palästinensischen Autonomiebehörde verhaftet worden, hätte niemand je von ihrem Fall erfahren.

Diese Einstellung ist ein weiteres Beispiel für die Anti-Israel-Voreingenommenheit der internationalen Medien und der Gemeinschaft. Es ist ein weiteres Beispiel dafür, wie der Westen den Palästinensern einen Freifahrtschein für den Verstoss gegen Menschenrechte und das harte Vorgehen gegen nicht-regierungskonforme Personen ausstellt, und dabei weiterhin von Israel besessen ist. Ausserdem ist es ein weiteres Beispiel für die Heuchelei von Abbas, der Israel dafür verurteilt, gegen Terrorismus und Volksverhetzung vorzugehen, während er palästinensische Frauen ins Gefängnis werfen lässt.

Bassam Tawil ist Muslim und lebt als Wissenschaftler und Journalist im Nahen Osten. Auf Englisch zuerst erschienen bei Gatestone Institute. Übersetzung Audiatur-Online.