Neuwahlen bei Israels grösster Partei

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Tzipi Livni

Heute wählt Israels grösste Partei, Kadima, einen neuen Vorsitzenden. Zur Wahl stehen die derzeitige Vorsitzende Tzipi Livni, 53 und der ehemalige Generalstabschef Schaul Mofas, 63.99.000 eingetragene Parteimitglieder können in 199 Wahlbüros bis um 22:00 Uhr Ortszeit ihre Stimme abgeben. Die Kadima-Partei wurde 2005 vom damaligen Ministerpräsidenten Ariel Scharon als politisches Sammelsurium gegründet, um innenpolitisch den Rückzug aus dem Gazastreifen mitsamt einer Umsiedlung von 8.000 Siedlern durchzuziehen.

Sozialistische Politiker wie Schimon Peres von der Arbeitspartei schlossen sich dem Projekt ebenso an wie konservative Abgeordnete der rechten Likudpartei, darunter Ehud Olmert und Tzipi Livni. Bei den vorgezogenen Wahlen von 2006 erhielt Kadima mehr Stimmen als der rechte Likudblock, während die linksgerichtete Arbeitspartei fast in die Bedeutungslosigkeit versank.

Doch der Niedergang der Kadima-Partei war damals schon vorgezeichnet. Im Januar 2006 fiel der charismatische und mächtige Parteigründer Ariel Scharon infolge eines schweren Hirnschlags ins Koma, aus dem er bis heute nicht aufgewacht ist. Sein Nachfolger Ehud Olmert wurde wegen Korruptionsvorwürfen gestürzt. Seine Nachfolgerin Tzipi Livni an der Spitze der Partei scheiterte zwei Mal beim Versuch, unter möglichen Koalitionspartnern im Parlament eine Regierungsmehrheit zu erhalten. Ein Angebot des erfolgreicheren Benjamin Netanjahu, sich seiner Regierung anzuschliessen, schlug Livni aus.

So wurde Livni die Oppositionschefin, ohne jedoch spürbar ihre Stimme als Kritikerin des derzeitigen Ministerpräsidenten Netanjahu zu erheben.

Obgleich sie die grösste Partei in der Knesset anführte, verlor Kadima an Profil und sank laut Umfragen in der Wählergunst. Anstelle der 32 Mandate bei den letzten Wahlen könnte sie heute nur noch mit knapp 15 Mandaten rechnen.

Bei den letzten internen Wahlen für den Parteivorsitz im September 2008 wurde Livni vor allem von den ausländischen Medien ein Erdrutschsieg gegen Mofas vorhergesagt. Doch am Ende siegte sie nur mit einer einzigen Stimme Vorsprung, nachdem die 400 Wahlzettel in einer auf die Strasse geworfenen Wahlurne in einer Beduinenstadt für ungültig erklärt werden mussten. Während Livni sehr intensiv dafür wirbt, die „Alternative zu Netanjahu“ sein zu wollen, hält sich ihr parteiinterner Kontrahent eher bedeckt. Kein Umfrageinstitut wagt diesmal eine Prognose. Mit echten Ergebnissen wird erst in der Nacht gerechnet.

© Ulrich W. Sahm