USA, Europa finanzieren Folter der Palästinensischen Autonomiebehörde

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Professor Abdul Sattar-Qassem (links) erklärte in einem Fernsehinterview, dass diejenigen, die mit Israel kollaborieren, die Todesstrafe erhalten sollten. Die PA-Führung betrachtete dies als "Aufstachelung" gegen Präsident Mahmud Abbas (Rechts) und verhaftete Qassem. Foto Gatestone
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Palästinenser, die zu Gewalt gegen Israel aufstacheln, nennt man Palästinenserführer. Palästinenser, die es sich erlauben anderer Meinung als die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) von Mahmud Abbas oder eines seiner Freunde zu sein, nennt man Kriminelle und können erwarten, dass sie verhört und/oder inhaftiert werden.

Von Khaled Abu Toameh

Die PA-Führung ist immer resolut gegen ihre Kritiker vorgegangen, darunter Journalisten, Redakteure, Akademiker, Menschenrechtsaktivisten und Parlamentsmitglieder. Diesbezüglich zeigen die PA und ihr Präsident eine ausgeprägte Ähnlichkeit zu anderen Diktatoren, die die arabische Welt führen.

Wie die legendären japanischen Affen, die nichts Böses sehen, hören oder sagen, schauen die internationalen Medien bei PA-Missständen regelmässig weg. Aber hier ist eine Kurzmeldung für sie: Sage, du magst Abbas nicht und du siehst dich Verhaftung und Verhör wegen Vorwürfen der “Beleidigung seiner Exzellenz” ausgesetzt.

Nehmen wir als Beispiel den Fall von Professor Abdul Sattar Qassem, der an der An-Najah-Universität in Nablus Politikwissenschaften lehrt.

Qassem ist ein langjähriger Kritiker von Präsident Abbas und den Oslo-Vereinbarungen; er wurde Anfang der Woche von palästinensischen Sicherheitskräfte wegen “Aufstachelung” festgenommen. Qassem wurde kurz nach einem Fernsehinterview verhaftet, in dem er erklärte, diejenigen, die mit Israel kollaborieren, sollten die Todesstrafe erhalten, was dem “Revolutionsrecht” der PLO entspricht. Die Palästinenserführung betrachtete diese Äusserung als “Aufstachelung” gegen Präsident Abbas und das palästinensische Sicherheitspersonal.

Qassem wurde nach drei Tagen in Haft auf Kaution freigelassen, obwohl ein palästinensisches Gericht für ihn 15 Tage Untersuchungshaft angeordnet hatte. Es ist nicht klar, ob er offiziell angeklagt und vor Gericht gestellt wird.

Palästinensische Gefängnisse sind für Qassem nichts Unbekanntes; er wurde in den letzen Jahren mindestens dreimal verhaftet, weil er öffentlich Präsident Abbas und andere palästinensische Offizielle kritisiert hatte. Seine Offenheit hat ihn auch Gewalt ausgesetzt: Sein Auto wurde abgebrannt, als es vor seinem Haus in Nablus geparkt war und er entkam einem Mordversuch, als nicht identifizierte Bewaffnete vor seinem Haus mehrere Schüsse auf ihn abgaben.

Die Täter wurden nie gefasst. Palästinensische Quellen sagen, es sei unwahrscheinlich, dass die Angreifer je gefasst werden. Hätten die Täter kritische Kommentare zu Präsident Abbas auf Facebook eingestellt, sagen diese Quellen, dann wären sie schon vor langem weggesperrt worden.

Ein gerade veröffentlichter Bericht von Euro-Mediterranean Human Rights Monitor dokumentierte 1’391 Fälle, in denen Palästinenser 2015 von den beiden Palästinenserparteien Fatah und Hamas willkürlich verhaftet wurden.

Der Bericht vermerkte, dass der Grossteil der Verhaftungen (1’274) in Gegenden stattgefunden hatten, die von der PA in der Westbank kontrolliert wird. Zu den Verhafteten gehörten 35 palästinensische Journalisten und Bürgerrechtsaktivisten, dazu 476 Studenten und Akademiker.

Kameras und Computer der festgenommenen Journalisten wurden beschlagnahmt, bevor sie zu ihrer Arbeit und Aktivitäten in sozialen Medien verhört wurden, hiess es in dem Bericht.

Wenden wir uns nun dem Gazastreifen zu. Wie sieht es diesbezüglich mit der Hamas aus? Deren Hamas-Behörden verhafteten letztes Jahr “nur” 23 Journalisten und Bürgerrechtsaktivisten, 24 Studenten und 5 Lehrer und Akademiker.

Damit zeigen die Zahlen einige interessante Fakten: Die Hamas hat eine bessere Bilanz als die vom Westen finanzierte PA, zu Angriffen auf öffentliche Freiheiten und zu Menschenrechtsverletzungen. Der Bericht offenbarte zudem, dass die PA regelmässig gerichtliche Anordnungen missachtet, indem sie es ablehnt Gefangene freizulassen. Mit anderen Worten: Die PA, die wiederholt damit prahlt, dass sie es geschafft hat mit Hilfe westlicher Spender ein “unabhängiges und glaubwürdiges Justizsystem” aufzubauen, zeigt Geringschätzung für ihre Gerichte und Richter.

Viele Fälle systematischer Folter in palästinensischen Gefängnissen in der Westbank und im Gazastreifen wurden in dem Bericht ebenfalls dokumentiert. 2015 gab es mindestens 179 Fälle von Folter in PA-Gefängnissen gegenüber von 39 Fällen in Hamas-Gefängnissen während desselben Jahres.

Die PA-Sicherheitskräfte werden von mehreren westlichen Ländern ausgebildet und finanziert, auch von den Vereinigten Staaten. Damit ist eine direkte Linie zwischen diesen westlichen Geldgebern und den willkürlichen Verhaftungen, Folter und Menschenrechtsverletzungen nachgewiesen, die in den von der PA kontrollierten Gefängnissen und Strafanstalten zur Norm geworden sind.

Doch es herrscht Schweigen – bis das Wort “Israel” auftaucht. Dann schalten mit der Berichterstattung zu Palästinenserthemen beauftragt westliche Nachrichtenorgane, einschliesslich der in Israel ansässigen, auf Höchstgeschwindigkeit.

Diese kriminelle Gleichgültigkeit – man ist versucht Fahrlässigkeit zu sagen – seitens Teilen der internationalen Gemeinschaft, erlaubt und fördert sogar die Menschenrechtsverletzungen der PA und der Hamas.

Wir sind Zeugen davon, wie die beiden Palästinenserparteien die Aufgabe des Aufbaus staatlicher Institutionen angehen. Vor unseren Augen werden zwei Polizeistaaten errichtet – einer in der Westbank und ein zweiter im Gazastreifen. Das findet angesichts von Gesprächen derselben Geldgeber und anderer internationaler Beteiligter (zumindest bezüglich der PA) zur Gründung eines unabhängigen Palästinenserstaates statt. Aber das Letzte, was die Palästinenser brauchen, ist ein weiterer Polizeistaat.

Präsident Abbas, der gerade das elfte Jahr seiner vierjährigen Amtszeit begann, hat keinen Grund sich wegen der von seinen Sicherheitskräften verübten Menschenrechtsverletzungen Sorgen zu machen. Fakt ist, dass er allen Grund hat weiter rigoros gegen seine Kritiker durchzugreifen. Warum sollte er sich Sorgen machen? Die internationale Gemeinschaft spricht ihn von jeglichem Missbrauch frei, der unter seiner Herrschaft begangen wird.

Das ist der Grund, dass Abbas diese Woche seine Sicherheitskräfte anwies eine Ermittlung zum Verhalten des Abgeordneten Dr. Najat Abu Baker einzuleiten. Dr. Abu Baker, so scheint es, hatte die Dreistigkeit eine Untersuchung des Finanzgebarens eines Ministers des PA-Kabinetts zu fordern.

Schon bald nach Erhebung der Vorwürfe finanzieller Verfehlungen wurde Dr. Abu Baker, ein gewähltes Mitglied des Palästinensischen Legislativrats, vom palästinensischen Generalstaatsanwalt zur Vernehmung wegen Vorwürfen der “Verunglimpfung” und “Aufstachelung” einbestellt. Das ist eine recht eigene Art die parlamentarische Immunität von Dr. Abu Baker zu achten.

Der Fall von Dr. Abu Baker ist nur ein weiteres Beispiel der Missachtung, die die PA nicht nur für das Justizsystem zeigt, sondern auch für die gesetzgebende Körperschaft, die als Wächter über die Exekutive dienen soll. Doch selbst Wächter wissen, wem sie gehören. Durch die Einbestellung Dr. Abu Bakers zum Verhör und die Drohung ihn festzunehmen schickt Abbas eine abschreckende Botschaft an seine Kritiker, nämlich dass ein Parlamentsmitglied dem langen Arm der palästinensischen Sicherheitskräfte nicht entkommen kann.

Einstweilen hat die internationale Gemeinschaft Auswahlmöglichkeiten. Sie kann weiterhin die Augen vor den mit ihrem Geld aufgebauten Polizeistaaten verschliessen. Alternativ könnte sie einen neuen Weg beschreiten: die PA für ihr Tun zur Verantwortung zu ziehen, einschliesslich der Folter, die in ihrer Mitte stattfindet. Aber der Westen sollte sich beeilen. Die Unterdrückung durch die PA ist weit davon entfernt an den Palästinensern vorbeizugehen, die davon in die wartenden Arme der Hamas und ähnlicher solcher Gruppen getrieben werden.

Korrekte staatliche Institutionen für die Palästinenser sind ein lobenswertes Ziel; was die Palästinenser heute haben, sind zwei Bananenrepubliken.

Zuerst erschienen bei Gatestone Institute. Übersetzung H. Eiteneier. Khaled Abu Toameh ist ein preisgekrönter arabisch-israelischer Journalist und TV-Produzent, der sich in den letzten drei Jahrzehnten palästinensischen und arabischen Angelegenheiten gewidmet hat. Er erhielt 2014 den Daniel Pearl Award vom renommierten Los Angeles Press Club verliehen.