Israels eigentümliche Position – von Eric Hoffer (1968)

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Eric Hoffer, Foto Hannah Arendt Center
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Viele werden sich wahrscheinlich nicht an den Namen Eric Hoffer erinnern. Er war ein Hafenarbeiter, der zum Philosophen wurde und Kolumnen für Zeitungen und Bücher schrieb. Eric Hoffer [*25.07.1902, †21.05.1983] war einer der einflussreichsten amerikanischen nicht-jüdischen Gesellschaftsphilosophen und Freidenker des 20. Jahrhunderts. Auch heute noch sind seine Bücher viel gelesen und zitiert. Er wurde gefeiert für seine Überlegungen zu Massenbewegungen und Fanatismus und wurde 1983 mit der Freiheitsmedaille des Präsidenten ausgezeichnet. Der Verlag Hopewell Publications verleiht jährlich den Eric Hoffer Award für Kurzprosa und Bücher.

Hier eine Kolumne, die er 1968 veröffentlichte – also vor 45 Jahren. Einiges ändert sich nie!

Israels eigentümliche Position von Eric Hoffer

Die Juden sind ein eigentümliches Volk: was anderen erlaubt, ist ihnen verboten.

Andere Nationen vertreiben Tausende, sogar Millionen von Menschen und es gibt kein Flüchtlingsproblem. Russland hat es gemacht, Polen und auch die Tschechoslowakei. Die Türkei vertrieb ein Millionen Griechen und Algerien eine Million Franzosen. Indonesien vertrieb weiss der Himmel wie viele Chinesen und niemand verliert ein Wort über die Flüchtlinge.

Doch was Israel angeht, sind die vertriebenen Araber zu ewigen Flüchtlingen geworden. Ein jeder besteht darauf, dass Israel jeden Einzelnen zurücknehmen muss. Arnold J. Toynbee [britischer Kulturtheoretiker und Geschichtsphilosoph] bezeichnet die Vertreibung der Araber als eine grössere Gräueltat wie die der Nazis.

Wenn andere Nationen auf dem Schlachtfeld erfolgreich sind, diktieren sie die Friedensbedingungen. Ist Israel jedoch erfolgreich, muss es auf Frieden klagen. Jeder erwartet von den Juden, die einzig wahren Christen auf dieser Welt zu sein.

Anderen Nationen, die eine Niederlage einstecken, überleben und erholen sich; sollte Israel besiegt werden, würde es zerstört. Hätte Nasser im letzten Juni [1967] gesiegt, hätte er Israel von der Landkarte ausgelöscht, und niemand hätte den Finger gerührt, um die Juden zu retten.

Keine Verpflichtung den Juden gegenüber, egal welcher Regierung, auch der unsrigen, ist das Papier wert, auf dem sie niedergeschrieben ist. Es gibt weltweit einen Aufschrei der Empörung, wenn in Vietnam Menschen sterben oder zwei Schwarze in Rhodesien [heute Zimbabwe] exekutiert werden.

Als Hitler aber die Juden abschlachtete, demonstrierte niemand gegen ihn. Die Schweden, die wegen Amerikas Handlungen in Vietnam bereit waren, die diplomatischen Beziehungen mit Amerika abzubrechen, liessen keinen Laut von sich, als Hitler die Juden abschlachtete. Sie schickten Hitler erstklassiges Eisenerz und Kugellager und bedienten seine Truppen in Norwegen.

Die Juden sind alleine auf dieser Welt.

Wenn Israel überlebt, dann einzig wegen jüdischer Bemühungen. Und jüdischer Ressourcen. Doch zugleich ist Israel unser einzig zuverlässiger und bedingungsloser Verbündeter. Wir können uns mehr auf Israel verlassen als umgekehrt.

Man muss sich nur vorstellen, was letzten Sommer [1967] hätte passieren können, wenn die Araber und ihr russischen Gönner den Krieg gewonnen hätten, um zu begreifen wie entscheidend das Überleben von Israel ist für Amerika und dem Westen allgemein.

Ich habe eine Vorahnung, die mich nicht los lässt; wie es Israel ergehen wird, so wird es mit uns allen ergehen.

Sollte Israel untergehen, wird der Holocaust über uns allen sein.

 

Dieser Beitrag von Eric Hoffer erschien zuerst am 26. Mai 1968 in der Los Angeles Times. Rabbi Simcha Weinberg hat diesen Artikel auf seinem Blog am 16. Juni 2010 in Erinnerung gerufen.