Von der Rakete zum Schienennetz: Die israelische Rüstungstechnologie erobert den Bahnverkehr – für mehr Sicherheit und Effizienz weltweit.
Was auf den ersten Blick wie ein neues Hightech-Projekt im Verteidigungsbereich klingt, ist in Wahrheit eine bahnbrechende Innovation für den zivilen Alltag: Mit dem Joint Venture NIART SYSTEMS bringt Israel Aerospace Industries (IAI) gemeinsam mit dem indischen Rüstungselektronikunternehmen DCX Systems Limited ein intelligentes Sicherheitssystem auf die Schiene – mit dem Ziel, Zugunglücke drastisch zu reduzieren.
Denn während moderne Flugzeuge längst mit hochentwickelter Sensorik, Radar und KI arbeiten, ist der Schienenverkehr in vielen Ländern noch immer auf Sicht angewiesen – und damit anfällig für tödliche Unfälle, Witterungseinflüsse und menschliches Versagen. Das will NIART jetzt ändern.
Autonomes Sehen bei jedem Wetter
Herzstück der neuen Technologie ist ein obergleisgestütztes Hinderniserkennungssystem, das mit digitalem Radar und multispektralen elektro-optischen Sensoren arbeitet. Im Unterschied zu bisherigen Systemen, die auf optische Kameras angewiesen sind und bei Nebel oder Regen versagen, funktioniert NIARTs System auch bei schlechter Sicht – und erkennt Hindernisse wie Fahrzeuge, Menschen, Tiere oder Felsbrocken bis zu 1.200 Meter im Voraus.
Züge sollen so nicht nur rechtzeitig bremsen können, sondern auch automatisch Signale und Schilder erkennen – ein Meilenstein auf dem Weg zur autonomen Lokomotive.
Indischer Mega-Markt als Testfeld
Das erste grosse Einsatzgebiet: Indiens gigantisches Eisenbahnnetz, das täglich Millionen von Menschen transportiert, aber regelmässig mit Unfällen, Sabotageakten und witterungsbedingten Ausfällen kämpft. Das TRI-NETRA-Projekt („Terrain Imaging for Drivers – Infrared, Enhanced Optical & Radar Assisted“) soll dort mithilfe von NIART-Technologie für mehr Sicherheit sorgen – insbesondere bei Nebel, Staubstürmen und Starkregen.
Ein zentrales Modul, SEEFAR, liefert dabei Echtzeitdaten für die Hinderniserkennung und ermöglicht so einen sichereren und effizienteren Bahnbetrieb – auch unter extremen Bedingungen.
Technologie-Transfer aus dem Verteidigungsbereich
Dass ausgerechnet ein Rüstungskonzern wie IAI hier Vorreiter ist, überrascht nicht: „Als globaler Marktführer für robotische Bodensysteme freuen wir uns, unsere Technologie jetzt auf den Bahnsektor zu übertragen“, sagt Boaz Levy, Präsident und CEO von IAI. Ziel sei es, langfristig auch die komplette Integration in autonome Zugsysteme voranzutreiben – bis hin zu vollautomatisierten, fahrerlosen Zügen.
Auch DCX Systems-Chef Dr. H.S. Raghavendra Rao spricht von einem „technologischen Wendepunkt für die globale Eisenbahnsicherheit“, der nicht nur Unfälle vermeide, sondern auch wirtschaftliche Verluste und Verspätungen minimiere.
Künstliche Intelligenz auf der Schiene
Besonders bemerkenswert ist der Einsatz moderner KI-Algorithmen und Deep Learning-Verfahren zur Erkennung und Bewertung von Gefahren. „Unsere proprietäre Radarplattform kombiniert klassische Signalverarbeitung mit Computer Vision und fortgeschrittener KI – bei minimaler Fehlalarmquote“, erklärt Dror Bar, CEO von ELTA Systems und Vizepräsident von IAI.
Damit positioniert sich NIART nicht nur als Antwort auf wachsende Sicherheitsanforderungen, sondern als ein Schlüsselakteur in der Zukunft der Mobilität – in einer Zeit, in der Urbanisierung, Verkehrsüberlastung und Umweltkrisen nach intelligenten Verkehrslösungen verlangen.