UNO-Diplomaten und der Antisemitismus

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Symbolbild. Foto Jaurocks, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=69917851
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Der globale Antisemitismus lässt sich am besten an der Generalversammlung der Vereinten Nationen beobachten. Hochrangige Diplomaten vieler Demokratien beteiligen sich aktiv an diesen wichtigen jährlichen antisemitischen Aktivitäten. 

 

von Dr. Manfred Gerstenfeld

Die von der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) vereinbarte und allgemein akzeptierte Definition von Antisemitismus besagt: „Erscheinungsformen von Antisemitismus können sich auch gegen den Staat Israel, der dabei als jüdisches Kollektiv verstanden wird, richten. Allerdings kann Kritik an Israel, die mit der an anderen Ländern vergleichbar ist, nicht als antisemitisch betrachtet werden.

Trotz seiner völkermörderischen Vergangenheit gegen Juden in ihrer „Grossvatergeneration“ beteiligt sich das heutige Deutschland uneingeschränkt an diesen antisemitischen Manifestationen in der UNO. Diese Problematik wurde im März deutlich. Die grösste deutsche Tageszeitung Bild veröffentlichte, dass die UN-Vollversammlung in den letzten Jahren mehr als 500 Resolutionen gegen Israel und keine einzige gegen die palästinensische Terrororganisation Hamas verabschiedet hat.

Bild lieferte einige Beispiele für den Zeitraum 2014-2017. Im Jahr 2014 waren von allen Resolutionen, die sich gegen ein bestimmtes Land richteten, 87% gegen Israel. Im Jahr 2016 lag die Zahl bei 77% und im Jahr 2017 waren es 78%. Im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen (UNHRC) waren mehr als die Hälfte der Resolutionen gegen Israel. Bild wies darauf hin, dass Deutschland regelmässig auf der Seite der Feinde Israels steht. Im November 2018 wurden von 21 Resolutionen der Generalversammlung gegen Israel 16 von Deutschland unterstützt und bei 4 enthielten sie sich der Stimme.

Politik der Ablehnung Israels

Es gibt in der UN-Vollversammlung keine ähnlichen Beschlüsse in annähernder Anzahl gegen irgendein anderes Land. Dies macht die anti-israelischen Stimmabgaben Deutschlands und anderer Länder, die sich für eine Verurteilung Israels einsetzen, zu Ausdrucksformen des Antisemitismus.

Die FDP hat kürzlich einen Antrag im Bundestag gestellt, um die bisherige Politik der Ablehnung Israels zu ändern. Der Antrag besagt, dass die anhaltende unverhältnismässige Verurteilung Israels in seiner Gesamtheit weit über die berechtigte Kritik hinausgeht.

Im Parlament stimmten 408 Abgeordnete gegen die Resolution, 150 stimmten zu und 63 Mitglieder enthielten sich. Nur die populistische AfD stand auf der Seite der FDP und unterstützte den Antrag. Mit einer Ausnahme stimmten die Christdemokraten von Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihre bayerischen Verbündeten der Christlichen Sozialunion, sowie die Sozialdemokraten und die Linke für die Beibehaltung des antisemitischen Abstimmungsverhaltens des Landes in der UNO.

In der deutschen Politik gibt es um die AfD einen sogenannten „Cordon Sanitaire“ (politischer Sicherheitsgürtel, Anm. d. Red). Das impliziert von Seiten der Boykottierenden: „Wir sind gut und rein, die AfD ist böse und schmutzig.“ Die Abstimmung im Bundestag zeigte jedoch, dass bei Parteien, die gegen den FDP-Beschluss waren, der Unterschied zur AfD nur ein anderer Grauton sein dürfte. Nach der Abstimmung twitterte der US-Nahost-Experte Daniel Pipes: „Merkel redet nur, AfD liefert.“

Der deutsche Aussenminister Heiko Maas ein Sozialdemokrat sagte, dass Auschwitz ihn inspiriert habe, in die Politik zu gehen. Er verteidigte die Haltung der Regierung und behauptete, dass es besser sei, sich an der Ausarbeitung des Textes dieser anti-israelischen Resolutionen zu beteiligen und sie gemässigter zu gestalten, als sich nicht an der Diskussion zu beteiligen und gegen sie zu stimmen. Insider behaupten, dass diese Einstellung Teil eines Spiels ist. Die Palästinenser bereiten eine radikale Resolution vor, weil sie genau wissen, dass der endgültige Text weniger extrem sein wird. Die Europäer verhandeln einen gemässigteren Text und behaupten dann, dass es ihnen gelungen ist, die ursprüngliche Resolution zu schwächen.

„Befehl ist Befehl“

Nach dem Holocaust und vielen anderen grausamen Verbrechen einigten sich die Vereinten Nationen 1948 auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. In ihrem ersten Artikel heisst es: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt…“. Nach dem Zweiten Weltkrieg behaupteten viele Deutsche und andere, die an kriminellen Aktivitäten teilgenommen hatten, dass sie nur den Anweisungen der Vorgesetzten gefolgt seien. Dieses Argument wurde von den Angeklagten in den Nürnberger Nachkriegsprozessen häufig verwendet. Der deutsche Ausdruck „Befehl ist Befehl“ wurde zu einem internationalen Ausdruck. Die Gerichte betrachteten Befehle von Vorgesetzten nicht als Rechtfertigung für einen Freispruch von Verbrechern.

Das jüdische Religionsrecht hat die Thematik bereits vor mehr als einem Jahrtausend aufgegriffen. Wird jemand beauftragt, eine Sünde zu verüben, so ist der Mensch, der diesen Anweisungen folgt, für die Sünde verantwortlich, die er begangen hat.

Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen (UNHRC) ist in seiner anti-israelischen Hetze noch schlimmer. Ein Ausserirdischer vom Mars, der zur Erde kommt, um sich ein schnelles Bild davon zu machen, was Menschenrechte bedeuten, würde sich wahrscheinlich auf einen Besuch beim Menschenrechtsrat in Genf beschränken. Er könnte dann denjenigen, die ihn geschickt haben berichten, dass die Bewohner der Erde ein perfektes unmoralisches System entwickelt haben, um Staaten zu verurteilen. Jedes Land verstösst gegen das, was man „Menschenrechte“ nennt. So kann eine Mehrheit derjenigen im UNHRC, die sich in Bezug auf die Menschenrechte schlecht verhalten – einschliesslich einiger, die dies schwerwiegend tun -, jedes beliebige Land angreifen.

Die Aussenministerien entscheiden, ob sie die umfassenden Verurteilungen Israels an der Generalversammlung unterstützen wollen. Wenn sie es tun, begehen sie antisemitische Handlungen. Ihre Diplomaten bei den Vereinten Nationen, die diese Befehle ausführen, tragen eine persönliche Verantwortung. Diese Menschen sind „mit Vernunft und Gewissen ausgestattet“. Sie können ihre Verantwortung nicht leugnen, indem sie sagen: „Ich bin nur ein Bote, der die Befehle meiner Vorgesetzten ausführt.“ Kein Mensch kann behaupten, dass er ein Roboter ohne Moral ist.

Für jeden demokratischen Diplomaten, der an den massiven Verurteilungen Israels durch die Vereinten Nationen und auf dem UNHRC teilgenommen hat, sollte eine Akte darüber erstellt werden, wie oft er oder sie an solchen Formen des Antisemitismus teilgenommen hat. Antisemitische Handlungen zu begehen sind oft kein Verbrechen, aber immer Ausdruck des fehlerhaften Charakters einer Person.

Dr. Manfred Gerstenfeld ist Publizist und ehemaliger Vorsitzender des Präsidiums des Jerusalem Center for Public Affairs. Übersetzung Audiatur-Online.