Deutsches Gericht gestattet Aktivitäten eines antizionistischen Aktivisten als antisemitisch zu bezeichnen

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Foto Gedalya AKA David Gott - Purim2012_3948Uploaded by FunkMonk, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=22149807
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Ein Gericht in München hat vor zwei Wochen zugunsten der Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde in der bayrischen Hauptstadt, Charlotte Knobloch, entschieden und gestattet ihr, die Aktivitäten eines antizionistischen Juden als antisemitisch zu bezeichnen, da er zu Gewalt gegen das jüdische Volk aufgerufen hatte.

 

von Benjamin Weinthal 

Die gerichtliche Niederlage eines führenden deutsch-jüdischen Antizionisten und Aktivisten der Boykottbewegung gegen Israel, Abraham Melzer, hebt die Entscheidung eines unteren Gerichts in München auf, das Knobloch – einer Überlebenden des Holocaust – untersagt hatte, ihre Aussage, Melzer sei „berüchtigt für seine antisemitischen Bemerkungen“, zu wiederholen.

Knoblochs Anwalt, Nathan Gelbart, sagte gegenüber der Jerusalem Post: „Es gehört zu unserem freien, demokratischen System, dass man Erscheinungen wie Melzer als das benennen darf, was sie sind: Antisemiten.“

Das Münchner Gericht schrieb in einer Erklärung, Melzers Vortrag bei der Hamas-nahen „Palestinians in Europe Conference“ im Juli 2015 in Berlin „rechtfertigte den Aufruf, Juden im Namen einer radikalen Ideologie oder extremistischen religiösen Einstellung zu töten oder zu verletzen und brachte eine extrem feindselige Gesinnung gegenüber Juden und dem jüdischen Volk zum Ausdruck.“

Das Gericht entschied, Melzers „Verhalten kann und darf ohne jeden Zweifel als antisemitisch beurteilt werden.“

Melzer, der als junger Mann einige Zeit in Israel verbracht hat, verteidigte bei der pro-palästinensischen Konferenz die antijüdischen Parolen, die bei Demonstrationen in Deutschland gegen die Aktion „Protective Edge“ der israelischen Streitkräfte IDF im Jahr 2014, mit welcher der Raketenbeschuss Israels durch die Hamas beendet werden sollte, gerufen worden waren.

Der antiisraelische Aktivist behauptete auf der Konferenz, die folgende, bei der Kundgebung in Berlin skandierte Parole gegen Israel sei nicht antijüdisch gewesen: „Jude, Jude, feiges Schwein, komm heraus und kämpf allein!“

Der Aktivist der Boykottbewegung BDS verteidigte auch die Parolen „Sch…‑Juden! Wir kriegen Euch!“ und „Hamas, Hamas, Juden ins Gas!“. Er behauptete, die Parolen seien nicht „judenfeindlich“.

Das Gericht merkte an, Melzer habe bei der Konferenz gesagt, die antisemitischen Parolen seien „schlimmstenfalls antiisraelisch, antizionistisch und ein Ausdruck von Wut, Zorn und Verzweiflung angesichts des Massenmordes an Freunden und Verwandten in Gaza.“

Darüber hinaus hatte er bei der Hamas-nahen Konferenz gesagt, die Aufrufe zur Gewalt gegen Juden bei antiisraelischen Protesten seien eine „durchaus verständliche Reaktion, für die sich keiner entschuldigen muss angesichts der über 2.100 Toten und vielen Tausend Verletzten sowie Zehntausenden Obdachlosen und Tausenden zerstörter Häuser“ im von der Hamas kontrollierten Gazastreifen. Sowohl die EU als auch die USA stufen die Hamas als Terrororganisation ein.

Knobloch schrieb im September 2016 an katholische Organisationen in Bayern, dass Melzer antisemitische Aussagen verbreite. Eine Reihe von BDS-Veranstaltungen in München mit geplanter Teilnahme von Melzer wurde dann im Zeitraum der Protestmails von Knobloch abgesagt. Daraufhin verklagte Melzer Knobloch wegen des Antisemitismus-Vorwurfs.

Nachdem die Post 2016 berichtet hatte, dass die Commerzbank – das zweitgrößte Finanzinstitut Deutschlands – ein Konto Melzers führte, kündigte die Bank sein Konto. Die Schließung könnte mit den antisemitischen Aktivitäten und der Verbindung zu Hamas-Unterstützern in Zusammenhang stehen.

Melzer schrieb der Post in einer Email: „Die gerichtliche Entscheidung ist ungültig.“

Melzer vergleicht den jüdischen Staat häufig mit der Hitler-Bewegung. Er verwendete den Nazi-Begriff „Blockwarte“ für das israelische Außenministerium. Blockwarte waren rangniedrige Nazi-Funktionäre, die als Kontaktpersonen für Deutsche fungierten, die Juden und politische Abweichler denunzieren wollten.

Knobloch, ehemalige Präsidentin des über 100.000 Mitglieder zählenden Zentralrats der Juden in Deutschland, erzielte am Freitag einen weiteren gerichtlichen Erfolg. Das Gericht verfügte, dass Melzer seine Behauptung, Knobloch sei „berüchtigt für ihre rassistischen Ausfälle“ nicht wiederholen darf.

Melzer hatte sie des Rassismus bezichtigt. Knobloch verklagte Melzer und gewann. Sollte Melzer seine Anschuldigungen gegen Knobloch wiederholen, droht ihm eine Strafe von 250.000 Euro.

Ein Gericht in Frankfurt verfügte 2007, dass Melzer und der mittlerweile verstorbene antizionistische Jude Hajo Meyer als „Kapazitäten für angewandte Judäophobie“ bezeichnet werden dürfen. Die Entscheidung des Frankfurter Gerichts ist vermutlich das erste rechtskräftige Urteil in der Geschichte der deutschen Justiz, in dem ein Gericht das Phänomen von Juden, die sich auf antisemitische und antizionistische Erklärungen und Materialien stützen, um gegen Juden und Israel zu wüten, anerkennt.

Melzer hatte gegen Henryk Broder geklagt – einen führenden europäischen Experten zum Thema moderner Antisemitismus –, der einen Blog-Artikel mit dem Titel „Holo mit Hajo: Wie zwei Juden für die Leipziger den Adolf machten“ verfasst hatte, in welchem er Verleger Abraham Melzer und Autor Hajo Mayer verspottete.

Broder hatte damals gesagt: „Es gibt Krankenschwestern, die Patienten töten, und Rechtsanwälte, die einen Versicherungsbetrug begehen. Warum sollten Juden also keine Antisemiten sein können?“

Benjamin Weinthal ist Europakorrespondent bei The Jerusalem Post. Auf Englisch zuerst erschienen bei The Jerusalem Post.