Europa, Terrorismus und die Dämonisierung Israels: Zeit für einen Neustart

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Gaza Protest. Foto Byron Wu. Lizenziert unter CC BY 4.0 via Wikimedia Commons.
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Wenn auch für nichts anderes, dann können europäischen Amtsträger zumindest für Stimmigkeit gelobt werden. Seit Jahrzehnten, in Krieg und Frieden, Terror und Ruhezeiten wurden sie nie der Überzeugung müde, dass sie ihre Vision von Frieden für Israel in die Wege leiten können.

Von Gerald M. Steinberg

Nach so vielen früheren gescheiterten Versuchen geht Europa jetzt im Bemühen, seine bevorzugte Politik durchzusetzen, noch einen Schritt weiter und zwar über die Kennzeichnung von Produkten, aus nach 1967 “besetzten Gebieten”, um so einen wirtschaftlichen Druck auf Israel zu erzeugen. Der nächste Schritt wäre, diese Produkte zu verbieten, und danach alle israelischen Artikel auszusondern. (Als die ewigen Opfer werden die Palästinenser von einem realen oder eingebildeten Beitrag zum Frieden befreit.)

In diesem Zusammenhang war die Behauptung des Botschafters der Europäischen Union in Tel Aviv, dass die Kennzeichnung der israelischen Waren von jenseits der Grünen Linie keine grosse Sache sei, unaufrichtig. “Sie scheinen auf Ihr eigenes Siedlungsvorhaben sehr stolz zu sein”, sagte Lars Faaborg-Anderson in einem Interview mit dem Journalisten Raphael Ahrens, “warum ist das also so ein grosses Problem?” Seine Herablassung war, um es milde auszudrücken, unangemessen.

Die Kennzeichnung von Produkten aus Gebieten hinter den Waffenstillstandslinien von 1949 geht weit über einen weiteren unangenehmen Versuch der EU hinaus, ihre Ideen der israelischen Demokratie aufzuzwingen. Die Produktkennzeichnung ist die Verkörperung einer Strategie der Delegitimierung Israels und des Rechts des jüdischen Volkes auf souveräne Gleichheit. Von zentraler Bedeutung ist, dass das erklärte Ziel im politischen, von BDS (Boykott, Desinvestition und Sanktionen) verkörperten Krieg nicht Frieden ist, sondern eher “die vollständige internationale Isolation Israels.”

Und zur Antwort der sarkastischen Frage von Faaborg-Andersen, genau dies ist der Grund, weshalb die EU-Produktkennzeichnung “ein so grosses Problem ist.” Hinter der Fassade der Friedensförderung wird eine Dämonisierung eingesetzt, um Terror zu rechtfertigen, einschliesslich falschen Vorwürfen über Kriegsverbrechen und BDS-Kampagnen.

Obwohl die Förderer dieser Agenda andere Methoden verwenden als die Terroristen, die Israelis in Jerusalem, Petah Tikva und Tel Aviv erstechen, haben sie die gleichen Ziele.

Diese Kampagne wird unter einer falschen Flagge der Menschenrechte und humanitären Gruppen durchgeführt, von denen viele auch noch grosszügig von der EU und ihren Mitgliedsstaaten finanziert werden. Zusätzlich zum Echo der anti-israelischen Slogans, drängen diese Organisationen die EU, ihre antiisraelische Agenda anzunehmen und erhalten hierfür dann zum Fortsetzen des Zyklus weiteres Geld der Steuerzahler.

In einem Bericht aus dem Jahre 2012 mit dem Titel “Trading Away Peace” starteten 22 NGOs die Produktkennzeichnung als ersten Schritt in Richtung BDS. Sie riefen die EU-“Regierungen auf, das Verbot der Einfuhr [solcher Produkte vollständig] zu verbieten”. Die hinter dem Bericht stehenden „Hilfsorganisationen” sind Cordaid (Holland), Trocaire (Irland), DanChurchAid (Dänemark), medico international (Deutschland), Christian Aid (UK) und FIDH (Frankreich) und sie alle erhalten von der EU jährlich Millionen Euro.

Andere EU-finanzierte Partnerorganisationen verstärkten diese Bemühungen. Coalition of Women for Peace (CWP), eine führende BDS-Organisation veröffentlicht ständig Aussagen, welche den Aufruf zum “kulturellen und wirtschaftlichen Boykott, Desinvestition und internationalen Sanktionen um Druck auf Israel vor der internationalen Gemeinschaft zu erhöhen,” unterstützen. CWP nutzt EU-Gelder zur Beeinflussung der EU, dass diese ihre Handelsabkommen mit Israel abbricht. Dafür erhielt diese Organisation von der EU allein im Jahr 2013 durch das EIDHR-Programm (Demokratie und Menschenrechte) 247.668 €.

All dies fehlt in den Interviews und Reden von Botschafter Faaborg-Andersen. In der Tat, angesichts der Beweise, behauptet er weiter, dass die EU jegliche Verbindung zwischen der Kennzeichnung von Produkten und Antisemitismus verurteilt und nennt BDS “ein abstossendes, absolut verwerfliches Phänomen.”

Doch die Fakten sprechen eine andere Sprache. Während alle europäischen Amtsträger Antisemitismus verurteilen, verfügt die EU über keine geltende Arbeitsdefinition auch nicht in Bezug auf die NGO-Finanzierung. Es gibt kein umfassendes Verständnis von Judenhass oder der Verwendung der Rhetorik des Kampfs gegen die “Besatzung” und israelische “Kriegsverbrechen”.

Mit anderen Worten, unter Berufung auf die Rhetorik des Friedens unterstützen die EU und ihr Vertreter in Israel, Botschafter Faaborg-Andersen, weiterhin die Strategien und Organisationen, die den Konflikt verstärken. Produktkennzeichnung, welche Boykotte und andere Aktionen zum Aussondern und Dämonisieren Israels fördert, stellt die Fassade für diesen Prozess dar.

Inmitten einer weiteren Welle von brutalem Terror ist dies sicherlich nicht die Zeit für europäisches politisches Gehabe. Wenn man ihre Ansprüche auf eine Unterstützung des Rechts des jüdischen Volkes auf souveränen Gleichheit und des Widerstands gegen Antisemitismus ernst nimmt, dann ist die Europäische Union gut beraten, die Produktkennzeichnung fallen zu lassen. Zur gleichen Zeit ist eine umfassende und unabhängige Untersuchung ihrer Beziehungen mit Konflikt schürenden Randgruppen längst überfällig.

Zuerst erschienen in The Times of Israel. Gerald M. Steinberg ist Professor für Politikwissenschaft an der Bar-Ilan Universität und Leiter von NGO Monitor, einem Forschungszentrum mit Sitz in Jerusalem.