Weshalb die Palästinenserführer keinen unabhängigen Staat wollen

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Foto Konstantin Hoshana
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In der Sommerausgabe des Middle East Quarterly hat Efraim Karsh einen lesenswerten Beitrag zur Frage veröffentlicht, weshalb Palästinenserführer seit fast einem Jahrhundert keine Gelegenheit auslassen, um die Gründung eines unabhängigen Palästinenserstaates zu verhindern.

Karsh beschreibt im Detail die pan-arabistischen Ambitionen der Palästinenserführer, die sich stets weniger mit den Palästinensern beschäftigten als vielmehr mit der Frage, wie Israel vernichtet werden könne. Zudem geht er auf die islamistisch-imperialistische Ideologie der Hamas ein, für die der Konflikt zwischen Arabern und Israelis viel grundsätzlicher ist als ein blosser Streit zweier Nationalbewegungen um Territorium oder den Kampf einer indigenen Bevölkerung gegen einen fremden Besatzer – vielmehr gilt es gemäss islamistischer Ideologie jeden Eindringling von islamischen Land zu vertreiben. In den Worten der Hamas-Charta: „Das palästinensische Land ist eine islamische Waqf (islamisch religiöse Schenkung), geweiht den zukünftigen moslemischen Generationen bis zum Tag des jüngsten Gerichts […] Am Tag, an dem Feinde einen Teil des moslemischen Landes ursurpieren, wird der Jihad zur individuelle Pflicht eines jeden Moslems.“

Ein weiterer Grund für die Verweigerungshaltung der Palästinenser sieht Karsh in der notorischen Korruption und Kleptokratie innerhalb der palästinensischen Nationalbewegung, deren Führer sich auf Kosten ihrer Untergebenen ein Leben in Saus und Braus ermöglichten.

Audiatur-Online veröffentlicht im Folgenden eine Übersetzung der Conclusio von Karshs Essay (ein Link zum englischen Originalbeitrag in voller Länge findet sich am Ende des Beitrags):

Seit fast einem Jahrhundert haben Palästinenserführer keine Gelegenheit verpasst, um die Entwicklung einer palästinensischen Zivilgesellschaft und Verwirklichung palästinensischer Staatlichkeit zu verhindern. Wenn Hajj Amin Husseine sich dazu entschieden hätte, seine Anhängerschaft zu Frieden und Versöhnung mit ihren jüdischen Nachbaren zu führen, dann hätten die Palästinenser ihren unabhängigen Staat in einem substanziellen Teil des Mandatsgebietes bereits 1948 oder gar ein Jahrzehnt zuvor gehabt und ihnen wäre die traumatische Erfahrung von Zerstreuung und Exil erspart geblieben. Wenn Arafat die PLO von Beginn an auf den Weg zu Frieden und Versöhnung eingestellt hätte, anstatt eine der mörderischsten und korruptesten Terrororganisationen der Neuzeit aus ihr zu machen, dann hätte ein Palästinenserstaat in den späten 1960er- oder den früher 1970er-Jahren; 1979, als logische Folge des ägyptisch-israelischen Friedensabkommens; im Mai 1999, als Teil des Osloer-Prozesses; oder spätestens auf dem Camp David-Gipfel im Juli 2000 gegründet werden können. Wenn Abbas die Verweigerungshaltung seines Vorgängers abgelegt hätte, dann hätte ein Palästinenserstaat nach dem Annapolis-Gipfel im November 2007 gegründet werden können; oder während Präsident Obamas erster Amtszeit, nachdem Benjamin Netanyahu mit dem langjährigen Likud-Prinzip brach, indem er im Juni 2009 die Zweistaatenlösung öffentlich akzeptierte und der Gründung eines Palästinenserstaates zustimmte.

Die Verwirklichung von Staatlichkeit hätte so aber die pan-arabistischen und islamistischen Wahnvorstellungen der Palästinenserführer zunichtegemacht, ganz zu schweigen von dem kleptokratischen Paradies, erbaut dem Rücken ihrer leidgeprüften Untertanen. Dies hätte die Palästinenser auf einen Schlag vom ultimativen Opfer der Weltgeschichte in einen gewöhnlichen (und höchstwahrscheinlich scheiternden) Nationalstaat verwandelt und damit Jahrzehnte beispielloser internationaler Nachgiebigkeit beendet. Ebenso hätte es dem falschen Anspruch der PLO als „der einzige Vertreter des palästinensischen Volkes“ (der bereits durch die Wahlschlappe in 2006 zugunsten der Hamas schweren Schaden genommen hatte) endgültig den Garaus gemacht und jegliche Regierungsautorität dazu gezwungen, zum ersten Mal in der palästinensischen Geschichte die Prinzipien von Rechenschaftspflicht und Transparenz zu befolgen. Kein Wunder also, dass die Palästinenserführer noch nie ein internationales oder israelisches Angebot für Eigenstaatlichkeit mit einem „Ja“ beantwortet haben.

Efraim Karsh, editor of the Middle East Quarterly, is professor of Middle East and Mediterranean studies at King’s College London and professor of political studies at Bar-Ilan University where he is also a senior research associate at the BESA Center for Strategic Studies. This article is part of a wider study prepared under the auspices of the BESA Center.

Auszug aus der Originalversion: Palestinian Leaders Don’t Want an Independent State by Efraim Karsh, Middle East Quarterly, Summer 2014 © Middle East Forum

2 Kommentare

  1. Efraim Karsh, FALSCH! … weshalb Palästinenserführer seit fast einem Jahrhundert keine Gelegenheit auslassen, … Diese erfundenen "Palästinenser" gibt es erst seit gerade mal HALBEN Jahrhundert! Seit der Ägypter Jassir Arafat diese 1968 erfunden hat!
    Und außerdem "wenn meine Oma Räder hätte wäre Sie ein Auto"!

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