Trump in den Fängen des Weltjudentums

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Foto Mike Maguire - Trump International Hotel, CC BY 2.0, Wikimedia Commons.
Foto Mike Maguire - Trump International Hotel, CC BY 2.0, Wikimedia Commons.
Lesezeit: 4 Minuten

Die dpa (Deutsche Presse-Agentur) ist die größte Nachrichtenagentur der Bundesrepublik Deutschland. Ihr Umsatz lag im Jahr 2015 bei etwa 90,7 Millionen Euro. Sie ist in etwa 100 Ländern der Welt vertreten und beliefert mit ihren Berichten alle deutschen Medien, darunter auch FOCUS ONLINE , wo die dpa-Texte unverändert erscheinen, darunter auch dieser.

Mit der geballten deutschen Pressemacht im Rücken haben die dpa-Mitarbeiter Stefanie Järkel und Michael Donhauser soeben eine jüdische Gefahr aufgedeckt, die alle Elemente einschlägiger antijüdischer Verschwörungstheorien enthält.

Das Finanzjudentum und der „Thron“ in Amerika

Anlass war die Reise nach Washington des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu, laut dpa ein „politischer Unruheherd im Nahen Osten“ und „für die Amerikaner geliebter Feind und gehasster Freund zu gleichen Teilen“.

Unter der Obama-Administration hätten die Beziehungen mit Israel den „Gefrierpunkt“ erreicht. Trump dagegen, „von einflussreichen jüdischen Parteispendern mit auf den Thron gehoben“, habe „eine Totalumkehr in der Nahost-Politik versprochen“. Dieser Satz und die nachfolgende Aufzählung einflussreicher jüdischer Millionäre dienen dem Eindruck einer Weltverschwörung des Finanzjudentums, das mit seinem Reichtum die amerikanische Politik lenkt. Dass der nicht-jüdische Trump selber ein Multimilliardär ist, wird nicht erwähnt. Ist ja auch nicht sooo wichtig.

dpa zählt einige Juden in der Umgebung von Donald Trump auf, darunter Jared Kushner, Trumps Berater und Schwiegersohn, „Spross einer strenggläubigen jüdischen Familie“. Ob und wie „strenggläubig“ die katholischen, protestantischen oder sonstigen Mitarbeiter von Trump sind, interessiert dpa nicht. Unklar bleibt auch, welche Rolle derartige „Strenggläubigkeit“ in der Politik spielt. Schließlich gibt es strenggläubige Juden der Sekte Neturei Karta, die den Zionismus bekämpfen und Israel abschaffen wollen. Um Israel effektiver bekämpfen zu können, hatte PLO-Führer Jassir Arafat seinerzeit den Neturei-Karta-Chef, Rabbiner Moshe Hirsch, in sein „Kabinett“ aufgenommen, als „Minister“ für jüdische Angelegenheiten.

Palästina – eine Erfindung

Erwähnt wird auch Sheldon Adelson, „schwerreicher Kasinounternehmer“, der den Republikaner-Wahlkampf mit insgesamt 65 Millionen Dollar (rund 61 Millionen Euro) unerstützt haben soll . Diese Summe dürfte nur einen Bruchteil der Kosten des Wahlkampfes ausgemacht haben. Aber wenn ein Jude ein paar Millionen spendet, hat das für dpa ein besonderes Gewicht. „Adelson hält Palästina für eine Erfindung, die ausschließlich zur Zerstörung Israels gedacht sei“, erklärt dpa weiter.

Tatsache ist, dass es „Palästinenser“ erst seit 1968 gibt, als Jassir Arafat in der zweiten PLO-Charta erstmals die Araber des britischen Mandatsgebiets „Palästina“ so bezeichnete. In der UNO und in bundesdeutschen Dokumenten tauchen „Palästinenser“ erstmals 1974 auf. Die Bezeichnung „Palästina“ für die römische Provinz „Judäa“ hatte der römische Kaiser Hadrian im Jahr 132 „erfunden“, um die Erinnerung an die jüdische Herrschaft im Lande zu tilgen.

„Mit David Friedman installierte er (Trump) einen Israel-Botschafter, der bisher Konkursanwalt war und politisch unbeschlagen ist. Der Sohn eines Rabbis ist aber als Hardliner in der Nahostfrage bekannt – und als persönlicher Freund von Donald Trump.“ – Wie jemand „politisch unbeschlagen“ und gleichzeitig als „Hardliner“ in Nahost bekannt sein kann, bleibt das Geheimnis der Autoren. Schwerer noch wiegt der Vorwurf, der Jude Friedman sei ein „persönlicher Freund“ des Präsidenten. „Das alles klingt nicht gut für die Palästinenser.“ Wirft die dpa Netanjahu etwa vor, im Interesse Israels und nicht für die Sache der Palästinenser nach Washington zu reisen?

Die Spirale der Aufrüstung

Die USA würden das Atomabkommen mit Iran nicht aufkündigen, „aber es kann gut sein, dass die USA den Iran dazu bringen, es aufzukündigen», behauptet irgendjemand laut dpa. „Dann droht sich eine Spirale von Aufrüstung und gegenseitigen Drohungen zu entfalten, die gefährlich werden kann.“ Die Agentur mit Monopolstellung in den deutschen Medien erwähnt nicht, dass der Iran auch dieser Tage mit Videoclips und mit Hilfe der iranischen Agentur „Presstv“ ganz offen die Zerstörung Israel propagiert. Angesichts des vom Iran unterstützten Bürgerkriegs in Syrien mit über einer halben Million Toten und Millionen Flüchtlingen, fragt man sich, was da noch gefährlicher sein könnte.

dpa behauptet: „Netanjahu reist ohnehin zu einer Zeit nach Washington, in der er innenpolitisch massiv unter Druck steht. Gegen ihn laufen Ermittlungen wegen des Verdachts der Vorteilsnahme. Er soll unter anderem teure Geschenke von Geschäftsleuten angenommen haben.“ Hierzu sei angemerkt, dass die israelische Opposition seit der ersten Wahl Netanjahus immer wieder behauptet, dass der „rechts-religiöse“ Premier „unter Druck“ stehe.

Abschließend heisst es: „Die Karte des Gebietes – das nach Meinung fast der gesamten Welt eigentlich ein Palästinenserstaat werden soll – sieht aus wie ein Flickenteppich, gespickt mit unzähligen israelischen Siedlungen. Ein zusammenhängendes Staatsgebiet ist praktisch nicht vorhanden.“

Hierzu sei erwähnt, dass auch der 2005 unter dem „Hardliner“ Ariel Scharon vollständig geräumte Gazastreifen ebenso „gespickt“ war mit Siedlungen. Die Amerikaner, die UNO und andere wissen zudem, dass es im Falle eines ausgehandelten „Friedens“ auf jeden Fall Grenzkorrekturen und Landtausch geben würde.

Aber dpa hat wohl eine eigene Umfrage gemacht, um die „Meinung fast der gesamten Welt“ einzuholen.

UPDATE: Inzwischen hat dpa ihr „Bedauern“ über den Artikel geäußert und eine geänderte Fassung angekündigt. So weit von hier aus erkennbar, haben deutsche Medien nicht über den unsäglichen Inhalt des Agentur-Beitrags und die Kritik daran berichtet. Vielmehr wurde der Artikel von etlichen Redaktionen kritiklos übernommen (Stand: 14. Februar, 22:00h).

Über Ulrich W. Sahm

Ulrich W. Sahm, Sohn eines deutschen Diplomaten, belegte nach erfolgtem Hochschulabschluss in ev. Theologie, Judaistik und Linguistik in Deutschland noch ein Studium der Hebräischen Literatur an der Hebräischen Universität in Jerusalem. Seit 1975 ist Ulrich Sahm Nahost-Korrespondent für verschiedene deutschsprachige Medien und berichtet direkt aus Jerusalem.

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1 Kommentar

  1. Wer das Geschreibsel der (gekauften und durch und durch korrumpierten) Massenmedien noch ernst nimmt, kann einem sowieso nur leid tun.
    Der hervorragende Journalist Ulrich Sahm hatte mit diesem antisemitischen dpa-Gefasel
    in puncto Seriosität keinen ernsthaften Gegner
    – aber den hat er auch gründlich auseinander gerupft.

    Bis auf
    “Israel lässt palästinensische Kinder verdursten”
    und
    “Das Blut arabischer Kinder für jüdische Festtage”
    war in dem Bericht der dpa eigentlich jeder Blödsinn enthalten.

    Nun wird, laut dpa, der amerikanische Präsident Trump also vom
    Weltjudentum gekauft
    – die Ankündigungen Trumps, die heimische FED nicht mehr uneingeschränkt
    unterstützen zu wollen,
    scheinen die Möchtegern-Rechercheure Järkel/Donhauser nicht mitbekommen
    zu haben.
    Bliebe die Frage an das Antisemiten-Gespann Järkel/Donhauser,
    welche reichen Araber eigentlich Obama und Clinton unterstützt hatten
    und warum das Antisemiten-Gespann bei Juden anstößig finden würde,
    was bei Arabern als selbstverständlich hingenommen worden war.

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