Werner Salzmann: «Ich habe nie daran gezweifelt, dass die Hamas eine Terrororganisation ist.»

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Ständerat Werner Salzmann gilt als führender Sicherheitspolitiker der SVP. Bild: werner-salzmann.ch
Ständerat Werner Salzmann gilt als führender Sicherheitspolitiker der SVP. Bild: werner-salzmann.ch
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Der Berner Werner Salzmann gilt als der führende Sicherheitspolitiker der SVP. In der Schweizer Armee bekleidete der gelernte Agronom den Rang eines Obersten. Seit 2015 politisiert er im nationalen Parlament und vertritt seit 2019 den Kanton Bern im Ständerat.  Er ist Mitglied der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerats und präsidierte diese in beiden Räten über mehrere Jahre. Audiatur-Online sprach mit ihm über den Hamas-Angriff vom 7. Oktober, die Lehren des Nahostkrieges für die Schweiz und die Zukunft des Krieges.

Herr Salzmann, was ist die wichtigste sicherheitspolitische Herausforderung für die Schweiz?

Wir mussten feststellen, dass wir die Armee in den letzten 30 Jahren sehr vernachlässigt haben. Für uns ist es wichtig, dass wir schnell wieder verteidigungsfähig werden. Wir haben Bedarf in allen Bereichen: in der Luft, bei den Bodentruppen, aber auch beim militärischen Nachrichtendienst und in der Digitalisierung. Wir haben in der Ukraine gesehen, wie entscheidend es ist, Aktionen schnell zu erfassen, präzise zu interpretieren und unmittelbar darauf zu reagieren. Diese Erkenntnisse werden auch unsere Reglemente nachhaltig prägen. Zentral ist jetzt, dass wir im Budgetprozess das Geld für die Armee bekommen.

Waren Sie von den Ereignissen am 7. Oktober 2023 überrascht?

Ja, vor allem hat mich überrascht, dass die israelischen Nachrichtendienste, die zu den besten der Welt gehören, den Angriff nicht antizipiert haben. Es war ein Terrorakt und nicht nur ein militärischer Überfall. Darum haben wir immer klar gesagt, dass die Hamas als Terrororganisation zu bezeichnen ist. Ich glaube, der erste SVP-Vorstoss stammt von 2017.

Wieso wurde die Hamas in der Schweiz dennoch so lange nicht verboten?

Das Problem war, dass Hamas die Wahlen gewonnen hat. Seither haben sie keine Wahlen mehr durchgeführt und die Macht an sich gerissen. Aber es gibt heute noch Leute, die das Gefühl haben, man dürfe die Hamas nicht als Terrororganisation bezeichnen, weil man sonst niemanden mehr hat, mit dem man dann in Palästina verhandeln könnte, Stichwort Zweistaatenlösung und so weiter. Ich habe eigentlich nie daran gezweifelt, dass die Hamas eine Terrororganisation ist.

Die Schweiz hat lange eine Dialogpolitik mit dem Iran und der Hisbollah verfolgt. War das falsch?

Ich glaube nicht, dass man das der Schweiz vorwerfen kann, weil wir uns immer für den humanitären Weg eingesetzt haben, um eine Lösung zu suchen. Und wir waren immer offen, mit allen Parteien zu sprechen. Aber es hat sich in den letzten Jahren einfach zugespitzt, dass beide Organisationen den verlängerten Arm des Irans darstellen, um so den Terror zu verbreiten.

Die Schweiz unterhält auch gute Beziehungen zum Iran. Müsste man nicht auch die iranischen Revolutionsgarden als Terrororganisation anerkennen?

Ich würde nicht alle Organisationen als Terrororganisationen anschauen. Das muss mit Sorgfalt geprüft. Wir sind in der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerats aber der Meinung, dass man ein Gesetz machen sollte, das alle Organisationen umfasst. Ein Problem haben wir: Wir sind als Schweiz immer noch Ansprechpartner für die USA im Iran. Wir haben dort eine besondere Aufgabe. Je länger der Konflikt im Nahen Osten dauert, desto schwieriger wird es für die Schweiz und es stellt sich die Frage, ob wir noch der richtige Staat sind, um diese Aufgabe zu erfüllen. Aber wir haben das übernommen, weil wir neutral sind. Als Nächstes ist das Verbot der Hisbollah zu prüfen. Der Ständerat hat bereits eine Motion dazu überwiesen.

Was kann die Schweiz hinsichtlich Verteidigungspolitik aus den aktuellen Kriegen im Nahen Osten und in der Ukraine lernen?

Dass man sich eben auf diese Art von Krieg vorbereiten muss. Wichtig ist zuerst, dass man eine gute Nachrichtendienstorganisation hat, die Gefahren antizipieren kann. In Israel war es ein grosser Terroranschlag und in der Ukraine hat man die russische Aktivität und die Übung Zapad völlig unterschätzt, die nicht anderes als eine Vorbereitung für den Angriff war. Das zweite ist die Art und Weise, in der Krieg geführt wird. Die Aufklärungsergebnisse sind dank Drohnen, Satelliten etc. viel schneller und detaillierter vorhanden. Die Tarnung wird viel wichtiger und man kann nicht mehr grosse Verbände unbemerkt verschieben, wie das noch vor 30 Jahren der Fall war.

Welche Rolle spielen die Drohnen in dieser neuen Form des Krieges?

Die Drohnen sind das effektivste Mittel, mit dem gekämpft wird. Sie agieren autonom oder gesteuert, bewaffnet und können Attacken richten, sogar gegen mechanisierte Verbände. Das ist etwas, worauf man sich einstellen muss. Sogar die Israelis haben Mühe, diese Drohnen abzuwehren. Es gelangten ja ca. ein Viertel der Hisbollah-Drohnen durch das Abwehrsystem. Der Iran hat sich auf den Drohnenkrieg spezialisiert, insbesondere mit Kamikaze-Drohnen.

Ist die Schweiz auf den Drohnenkrieg vorbereitet?

Auch die Schweiz wird in Zukunft gefährdet sein durch Drohnen-Attacken.  Das geplante Patriot-System deckt diese nicht ab. Wir brauchen deshalb eine Erneuerung der Luftabwehr auf kurze und mittlere Distanz, damit wir auch die kritische Infrastruktur vor Drohnenangriffen schützen können. Dies ist Teil der Beschaffungsplanung, wie sie in der Armeebotschaft 2024 vorkommt.

Die andere Frage ist der offensive Einsatz von Drohnen. Hier haben wir ein Problem mit der Drohnen-Beschaffung und der Lieferung durch Elbit [eine israelische Rüstungsfirma], weil Israel momentan im Krieg ist. Wir haben immer nur von Aufklärungsdrohnen gesprochen. Die Aufklärung ist aber nur der eine Teil, das andere ist der Kampf mit den Drohnen zur Verteidigung der Schweiz. Wir planen jetzt im Rahmen der Masterplanung, auch Drohnen zu beschaffen, die am Schluss in der Lage wären, den Kampf zu führen.

Gibt es Widerstand gegen die Pläne zur Rüstungszusammenarbeit mit Israel?

Momentan ist wegen des Konfliktes nichts geplant.  Wir müssen jetzt die Programme über die Bühne bringen, die wir aufgegleist haben. Und jene, die pro Palästina eingestellt sind, werden sicher Widerstand leisten. Aber ich glaube, die Mehrheit im Parlament steht hinter Israel. Das hat man auch bei der Diskussion zum Hamas-Verbot gemerkt. Das ist deutlich durchs Parlament gekommen und ein eindeutiges Zeichen zugunsten von Israel, das muss man so sagen.

Das Interview führte Daniel Rickenbacher.

2 Kommentare

  1. Fühlt man sich im freien und offenen Westen nicht langsam richtig mies, wenn das kleine Israel die ganze Drecksarbeit für einem erledigt?

  2. Ich habe auch nie daran gezweifelt, dass Hamas, Hisbollah, AKP, Dschihadisten, heilige Krieger oder wie die sunnitischen Arme der Muslimbruderschaften heißen, gefährliche Rechtsradikale und Terroristen sind.
    Ich möchte daran erinnern, dass im Kalten Krieg alle! Seiten ständig diese rechtsradikalen Hinterlassenschaften aus Osmanischem Reich, Jungtürken, Nationalsozialismus sowie erstem und zweiten Weltkrieg als Waffe gegen den jeweiligen Gegner eingesetzt hat. Der Werte-Westen hat sich traditionell der sunnitischen Rechtsradikalen bedient und die Sowjetunion stand immer der Schia recht nahe. Die enge Verbindung zu den rechtsradikalen Arabern („Palästina“) ist auch kein Alleinstellungsmerkmal der SU. Ihre Verbindung hat aber einen weiteren tiefen Bruch in den sozialistischen Bewegungen veranlasst.
    Auch die Hindu National Movement sind Rechtsradikale, was aber auch niemand stört.

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