Der Vorsitzende des Palästinensischen Olympischen Komitees und die Olympischen Werte

0
Lesezeit: 8 Minuten

Wenn am 5. August in Rio de Janeiro die Olympischen Spiele beginnen, werden Zehntausende Polizisten, Soldaten und Sicherheitsbeamte im Einsatz sein, um zu verhindern, dass Terroristen in die Nähe des Stadions kommen. Ein Terrorist aber wird vielleicht sogar auf der Ehrentribüne sitzen: Dschibril Radschub.

General Dschibril ar-Radschub ist Präsident des Palästinensischen Nationalen Olympischen Komitees (PNOC), Vorsitzender der Palästinensischen Sportbehörde, des palästinensischen Fussballverbands und stellvertretender Sekretär des Zentralkomitees der Fatah.

Seine Lebenserfahrung habe ihn gelehrt, dass „Widerstand nicht nur militärischer Widerstand ist“, sagte er vor einigen Jahren im Gespräch mit Tuvia Tenenbom – der sich für sein Buch Allein unter Juden in der Tarnung des deutschen Journalisten „Tobi“ bei ihm vorgestellt hatte. Eines Tages habe er begriffen, dass „unsere Ziele auch mit anderen Mitteln erreicht werden konnten“, so Radschub – eines davon sei der Sport.

Vom Bombenwerfer zum Propagandachef

In seiner Jugend warf Radschub selbst Granaten; nach einem Anschlag auf einen Armeebus im September 1970 wurde er von einem israelischen Gericht zu lebenslanger Haft verurteilt, kam 1985 im Rahmen eines Gefangenenaustauschs mit der Terrororganisation PFLP frei, wurde noch einmal verhaftet und 1987 in den Libanon abgeschoben. Heute nutzt Radschub den Sport zum Kampf gegen die Juden, und zwar auf zwei Arten: durch Werbung für den Terrorismus – den er „Widerstand“ nennt –  und durch Boykottaufrufe.

Nie lässt Radschub bei öffentlichen Auftritten irgendwelche Zweifel daran, dass er Morde an Juden begrüsst und die Mörder für ihn „Helden“ sind, die es zu ehren gelte.

Letzteres tut er z.B., indem er Sportturniere nach Personen benennt, die Juden getötet haben. Die Mörder sollen so auch zu Vorbildern für Kinder und Jugendliche werden.

Einige Beispiele: Am 3. Oktober 2015 wurden in der Jerusalemer Altstadt bei einem Anschlag zwei Menschen ermordet und mehrere verletzt. Der Rabbiner Aharon Banita-Bennet (22) und seine Frau Adele waren mit ihren beiden kleinen Kindern auf dem Weg zum Gebet an der Klagemauer. In der Nähe des Löwentors wurden sie von einem Araber mit einem Messer angegriffen. Aharon starb auf dem Weg zum Krankenhaus an seinen Stichverletzungen. Adele erlitt schwere, ihr zweijähriger Sohn leichte Verletzungen. Der Rabbiner und Reservist Nehemia Lavi (41), der der Familie zur Hilfe eilen wollte, wurde ebenfalls getötet. Wie reagierte Dschibril Radschub? Er ehrte den Mörder – Muhannad Halabi – im Dezember mit einem Tischtennisturnier in seinem Namen. Auf einem Banner stand: „Unter der Schirmherrschaft von Führer Dschibril Radschub, Vorsitzender des Palästinensischen Olympischen Komitees – Märtyrer Muhannad Halabi Tischtennisturnier 2015“. Ein Jahr zuvor, im Dezember 2014, hatte Radschub ein Radrennen zu Ehren von Abu Ali Mustafa ‎veranstaltet, dem langjährigen Chef der Terrororganisation PFLP, der 2001 getötet wurde. Im April 2015 liess Radschub ein Fechtturnier zu Ehren von Abu Jihad (Khalil Al-Wazir) austragen.

Abu Jihad, der Fatahmitgründer und langjährige Stellvertreter Arafats, war für viele der blutigsten Anschläge in der israelischen Geschichte verantwortlich, darunter das Küstenstrassenmassaker von 1978, bei dem 37 Zivilisten, darunter zwölf Kinder, getötet wurden. Die Anführerin dieser Terroroperation, Dalal Mughrabi, hatte Radschub 2013 ebenfalls mit einem Tischtennisturnier geehrt.

Auch in seinen zahlreichen Fernsehinterviews spricht sich Radschub immer wieder für Morde an jüdischen Zivilisten aus und lobt diejenigen, die solche Anschläge verüben, als „Helden“ und „Krone auf unseren Häuptern“.

„Bruder, halte ich dich davon ab, Siedler abzuschlachten?“

Niemand soll glauben, dass er und die Fatah für Frieden seien. „Die Fatah hat entschieden, dass unsere Beziehungen mit den Israelis  Beziehungen zwischen Feinden sind“, sagte er 2014 im palästinensischen Fernsehsender Awdah. „Es gibt keine Form der Koordination zwischen den Israelis und uns. Jeder kann sicher sein, dass jegliche Form der gemeinsamen Koordination beendet ist. … Bruder, halte ich dich davon ab, Siedler abzuschlachten? … Niemand hält irgendjemanden auf. Unsere politische Entscheidung ist Widerstand in den besetzten Gebieten, um ein Ende der Besatzung herbeizuführen, unter Verwendung aller Formen des Widerstands.“

Radschub belässt es nicht dabei, den „Widerstand“ im Allgemeinen zu loben; wie im Fall der nach Terroristen benannten Sportturniere preist er auch in Fernsehinterviews die einzelnen Mörder persönlich. Ein Beispiel aus dem Oktober 2015: In einem religiösen Viertel von Jerusalem lenkte ein arabischer Terrorist sein Auto in eine Gruppe von Menschen, die an einer Bushaltestelle warteten. Nachdem er mit hoher Geschwindigkeit in das Haltestellenhäuschen gefahren war, sprang er aus dem Auto und schlug mit einem Hackmesser auf einen am Boden liegenden Verletzten ein, den er tötete. Danach wandte er sich einem älteren Mann zu, den er ebenfalls zerhacken wollte, was ihm aber misslang, da er vorher von einem herbeieilenden Wachmann erschossen wurde. Radschub nannte den Mordanschlag auf die unbewaffneten Zivilisten im Fernsehen der Palästinensischen Autonomiebehörde eine „Heldentat“.

„Alles ist besetzt“

Geht es nach Radschub, dann müssen die Mordanschläge auf Juden solange weitergehen, wie es in Israel noch Juden gibt – denn ganz Israel sei ein „besetztes Gebiet“: „Ganz Palästina – vom Jordan bis zum Meer – alles ist besetzt.“

Einige weitere Beispiele für Radschubs Wirken:

– Während eines Forums für arabische Sportjournalistinnen lehnte Radschub jegliche Beziehung zu Israel auf dem Gebiet des Sports ab und nannte die Juden „Satane“ und „zionistische Hurensöhne“.

– Auf einer Konferenz in London, zu der die israelische Tageszeitung Ha`aretz Radschub als Redner eingeladen hatte, sagte dieser, die Israelis seien „Rassisten, Faschisten, Expansionisten, Imperialisten“. Zudem kündigte er eine Ausweitung der Welle von Morden an Israelis an: „Bitte seien Sie nicht überrascht, wenn die Tötungen von Tag zu Tag eskalieren.“

– 2012 begrüsste Radschub die Entscheidung des Olympischen Komitees, keine Gedenkminute für die Opfer des Massakers von München 1972 abzuhalten; dies wäre „rassistisch“ gewesen, so Radschub.

– Ende April 2013 bedauerte er in einem Fernsehinterview, dass die Palästinenser keine Atomwaffen besitzen, andernfalls würden diese sofort gegen Israel eingesetzt.

Kein Sport mit jüdischen Kindern

Radschub lehnt es ab, dass arabische und jüdische Kinder zusammen Fussball spielen. Im September 2014 trafen sich arabisch-palästinensische und israelische Jungen in Südisrael zu einem Fussballspiel, das von dem israelischen Peres Center for Peace organisiert worden war. Radschub sagte daraufhin: „Jegliche Aktivität, die auf eine Normalisierung der Beziehung zum zionistischen Feind auf dem Gebiet des Sports zielt, ist ein Verbrechen gegen die Menschheit.“ Das Palästinensische Olympische Komitee und der Palästinensische Fussballverband seien gegen solche Aktivitäten. Jeder müsse sich davon distanzieren. Im Wiederholungsfall – wenn also jüdische und arabische Kinder noch einmal zusammen Fussball spielen sollten – würde dies zu „Ekel und Abscheu gegenüber allen Mitgliedern der palästinensischen Sportlergemeinschaft führen“. Auch international kämpft Radschub seit Jahren für einen Sportboykott gegen jüdische Israelis und versucht, Sanktionen gegen israelische Sportverbände zu erwirken.

Fatahkader im Wandel der Zeit

Wie wohl niemand sonst verkörpert Dschibril Radschub die Terroraristokratie der Fatah im Wandel der Zeit: Erst Sprengstoffattentate und Gefängnis; dann, in den 1990er Jahren, ein kurzes Intermezzo als jemand, der scheinbar geläutert ist und sich von den dschihadistischen Terroristen der Hamas abhebt (bei denen sein Bruder dient). In einem Beitrag für die „New York Times“ schrieb der amerikanische Journalist Jeffrey Goldberg 1997:

„Oberst Radschub ist Israels augenscheinlicher Partner im Krieg gegen den islamischen Terror; jemand, der fliessend Hebräisch spricht und mit vielen israelischen Geheimdienstoffiziellen eng ist, mit denen er manchmal im Geheimen in Tel Aviv oder in einem ruhigen französischen Restaurant im jüdischen Westjerusalem essen geht. Seine israelischen Gegenüber nennen ihn manchmal scherzhaft ‚Gavriel Regev’, eine Hebräisierung seines Namens. (Jibril und Gavriel bedeuten beide Gabriel).“

Heute macht Radschub ebenso wie sein Vorgesetzter Mahmoud Abbas keinerlei Anstalten mehr, seinen Antisemitismus und seine bedingungslose Unterstützung für Morde an jüdischen Zivilisten zu verbergen. Vielleicht hat die Fatah das nicht mehr nötig; vielleicht ist es aber auch so, dass ihre Verbündeten in Europa und den USA – Regierungen und Kirchen – es nicht mehr nötig haben, so zu tun, als wäre die von ihnen unterstützte Organisation etwas anderes als die antisemitische Mordorganisation, die sie von Anfang an war. Mit Leuten, die wie Dschibril Radschub Blut an ihren Händen haben, gesehen zu werden, ist heutzutage offenbar nichts mehr, dessen man sich schämen müsste – schliesslich hat Jassir Arafat ja sogar den Friedensnobelpreis bekommen. Anders als noch vor zehn Jahren verlangt heutzutage auch niemand mehr von der Fatah irgendwelche Lippenbekenntnisse zur Demokratie. Abbas ist Diktator auf Lebenszeit und niemand macht ihm deshalb Vorwürfe – ausser vielleicht denen, die unter der Diktator leben müssen, deren Stimmen aber in Europa nicht gehört werden. „Wenn europäische Machthaber sich wirklich für uns interessierten, dann würden sie – statt Geld zu schicken, damit wir ihnen helfen, die Juden loszuwerden – uns dabei unterstützen, eine bessere Regierung zu finden – eine, die sich um den Alltag und das Wohl ihrer Bürger kümmert, statt nur zu versuchen, an immer mehr und mehr Geldgeschenke aus Europa zu kommen“, sagt der arabisch-palästinensische Journalist Bassam Tawil. Als Geheimdienstchef war Radschub seit den 1990er Jahren der Lenker von Arafats Unterdrückungsapparat (westlichen Zeitungen galt er sogar als dessen möglicher Nachfolger), was immer noch zu spüren ist.

Radschub, der, wie er selbst sagt, niemanden daran hindern würde, Juden zu ermorden, reagiert sehr dünnhäutig, wenn ihn jemand mit Worten angreift – dann verschwindet der Kritiker für einige Tage oder Wochen im Folterkeller. So geschehen Anfang 2015: Nachdem die „palästinensische Nationalmannschaft“ im Asiencup 5:1 gegen Jordanien verloren hatte, machte sich der 22-jährige Student Bara Al-Qadi auf Facebook über Dschibril Radschub lustig und forderte seine Ablösung. Zehn Tage später wurde er von der Polizei abgeholt, wegen „Beleidigung eines Offiziellen“.

Olympische Werte?

Palestinian Media Watch (PMW) ruft das Internationale Olympische Komitee auf, Dschibril Radschub von allen olympischen Aktivitäten und der olympischen Organisation auszuschliessen. PMW hat viele von Radschubs Aufrufe zum Mord dokumentiert und gezeigt, wie er seinen Titel als Vorsitzender des Nationalen Olympischen Komitees dazu nutzt, Terrorismus zu verherrlichen. „Als offener Unterstützer des palästinensischen Terrorismus repräsentiert Radschub das Gegenteil der olympischen Werte“, heisst es in einer Pressemitteilung von PMW. „Zu einer Zeit, wo überall auf der Welt gegen den Terrorismus angekämpft wird, wäre es eine Schande, wenn es Radschub erlaubt würde, an Aktivitäten und Veranstaltungen des Internationalen Olympischen Komitees teilzunehmen – eine Schande für das Internationale Olympische Komitee und die gesamte olympische Gemeinschaft.“

Über Stefan Frank

Stefan Frank ist freischaffender Publizist und lebt an der deutschen Nordseeküste. Er schreibt regelmässig über Antisemitismus und andere gesellschaftspolitische Themen, u.a. für die „Achse des Guten“, „Factum“, das Gatestone Institute, die „Jüdische Rundschau“ und „Lizas Welt“. Zwischen 2007 und 2012 veröffentlichte er drei Bücher über die Finanz- und Schuldenkrise, zuletzt "Kreditinferno. Ewige Schuldenkrise und monetäres Chaos."

Alle Artikel