Der Islam wurde gehijacked

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Junge Muslime lassen sich von einer jihadistischen Ideologie ködern, schliessen sich einem heiligen Krieg an und die grausamen Videos von ISIS Enthauptungen oder Kreuzigungen scheinen nicht abschreckend genug zu sein. Was aber das Fesselnde am radikalen Islamismus sein könnte, lässt sich möglicherweise in seinen Gründungstexten finden. Es ist an der Zeit, dass wir den mächtigen Einfluss anerkennen, den diese Texte auf ganz normale Muslime haben. Denn die politische Ideologie, die auf ihnen begründen, hat den Nahen Osten in die Steinzeit zurück geworfen.

Ich wuchs im Ägypten der 1980er Jahre auf; eines Tages stolperte ich über ein Buch, das alles ins Wanken brachte, an das ich bisher geglaubt hatte. Es war das opus magnum von Sayyed Qutb „Im Schatten des Koran“. Qutb verstarb 1966 und ist nach wie vor der einflussreichste Denker in zeitgenössischen muslimischen Gesellschaften. Qutb war der Haupttheoretiker der Muslimbruderschaft und intellektueller Antrieb hinter den islamistischen Parteien, die aus ihr entstanden sind.

Es wäre nicht übertreiben zu sagen, dass Qutb für den Islamismus ist, was Karl Marx für den Kommunismus. Qutbs Brillanz als Theoretiker bestand darin, den Stil der westlichen Literaturkritik auf den Koran zur Interpretation von Gottes Intentionen anzuwenden. Er folgerte, dass externe kulturelle und politische Einflüsse Grund für den Niedergang der muslimischen Welt seien, die den Islam verwässert hätten. Nur eine Reinigung der muslimischen Gesellschaften von diesen Fremdkörpern könne zu einer islamischen Renaissance und Reinheit des Islams des 7. Jahrhunderts wiederherstellen.

Heute sind Qutbs Ansichten – der Islamismus – die vorherrschende politische Ideologie in den meisten Ländern mit muslimischer Mehrheit, die dort oftmals Wurzeln in einem Vakuum schlagen, wo eine säkulare Politik nie Raum zur Entwicklung finden konnte. Umfragen des Pew Research Center deuten an, dass in vielen muslimischen Ländern die Verschleierung von Frauen, die Todesstrafe für Islam-Apostaten und die Steinigung als Bestrafung für Ehebruch befürwortet wird; fanatischer Antisemitismus greift um sich.

Eine einzige Ausnahme zu den Statistiken scheinen Länder zu bilden, die eine lange Geschichte militanten Säkularismus (wie die Türkei) haben oder ehemalige kommunistische Staaten (Bosnien, Albanien etc.), wo Religionen gewissermasssen aus der Öffentlichkeit verbannt wurde. Doch auch in solchen Regionen nimmt der Islamismus zu.

Eine Umkehr der Geschichtsentwicklung. In Ägypten beispielsweise war vor 50 Jahren die Verschleierung war unbekannt und nahezu ausgerottet bis die Islamisten diese Praktik in den 1970er Jahren wieder zum Leben erweckten. Heute sind schätzungsweise wieder auferweckten in den 1970er. Heute sind schätzungsweise 90% der ägyptischen Frauen verschleiert.  In vielen Ländern ist der Schleier – der ursprünglich eine Stammessitte war und keine religiöse Norm  – nun allgegenwärtig. Viele meiner Mit-Muslime versuchen den Islam von innen zu reformieren. Doch unsere Stimmen werden im Westen durch islamistische Apologeten und den ihnen wohlgesinnten und unwissentlichen Alliierten auf der Linken erstickt. Versucht man zum Beispiel die Aufmerksamkeit auf die starke Wechselbeziehung zwischen dem Anstieg islamischer Religiosität und einer regressiven Einstellung Frauen gegenüber zu lenken, wird man als Islamophob abgestempelt.

Diese Erfahrung habe ich als Muslim in New York selber gemacht. Sozial progressive, selbsternannte Liberale, die die kleinste Ungerechtigkeit gegen Frauen oder Minderheiten in Amerika verurteilen würden, sind entsetzt, wenn ich ähnliche Kritik an meiner eigenen Gemeinschaft übe.

Ein Vergleich mit der kollektiven Reaktion auf jede Schiesserei an einer High School in Amerika zeigt: Intellektuelle und Personen des öffentlichen Lebens suchen nach den Wurzeln dieser Gewalt und nach dem warum. Wenn ich jedoch nach einem Terrorangriff nach dem warum frage, ernte ich Missbilligung und tiefste Ablehnung meiner nicht-muslimischen peers: Sie bestehen darauf, dass die Mehrheit der Muslime nicht gewalttätig sei und die Jihadisten seien eine Minderheit, die den Islam nicht repräsentieren, und ich würde durch meine laute Fragerei nur Angst schüren.

Das ist eine Wahnidee. Auch wenn die Welt Zeugin barbarischer Enthauptungen, regulären Steinigungen und schwerster Unterdrückung von Frauen und Minderheiten in der islamischen Welt ist, dozieren Politiker und Akademiker, dass der Islam „die Religion des Friedens“ sei. In der Zwischenzeit enthauptet Saudi-Arabien routinemässig Frauen wegen Hexerei und Zauberei.

In den USA werden wir Muslime behandelt wir eine exotische Blume, die zerfällt wenn unser Glaube kritisiert wird – und sogar wenn wir das selbst machen. Bevorzugen Demokraten wie Republikaner Bomben auf Syrien, Irak und Afghanistan abzuwerfen, weil es weiniger anstössig ist, Muslime töten als ihre Religion zu kritisieren? Leider lässt sich eine Idee nicht mit einer Bombe töten und so wird sich der Islamismus weiter verbreiten. Muslime müssen eine zivilisierte, öffentliche Debatte über ihre Texte und Schriften, die den Islam lehren, ertragen. Wer weniger von uns verlangt, beteiligt sich an der leisen Heuchelei niedriger Erwartungen.

Aly Salem ist ägyptischer Schriftsteller und lebt in New York.

Gekürzte Fassung der Originalversion: Let’s Talk About How Islam Has Been Hijacked by Aly Salem © The Wall Street Journal, October 26, 2014.

 

2 Kommentare

  1. Aly Salem versucht nichts im Islam zu beschönigen. Er stellt lediglich fest, dass Islamkritik wenig oder kaum möglich ist, weil man quasi prompt als islamophob gebrandmarkt wird – und das nicht nur von Muslimen selber. Er fordert einen selbstkritischen Umgang mit der eigenen Religion.

  2. Die üblen Tatsachen der islamischen Denkweise kann man NICHT mit sophistischer Intellektualiät beschönigen.
    Schon vor 1'400 Jahren war der Islam die gleiche Verbrecherbande wie sie sich Heute manifestiert. Nur Heute hat er im 2. Weltkrieg von den Nazis noch die schlimmsten Verbrechermethoden gelernt. Das Buch von Hitler steht millionenfach in Buchregalen, der moslemischen Welt!

    So lange die Verbrechen durch die Aktionen des Dijhad in ihrem Glaubensbuch (Koran) stehen, wird das möderische Verbrechen als "heilig" angeschaut und jeder Mohammedaner ist verpflichtet, mit zu machen!! Auch wenn er Heute noch als "moderat" erscheint!!

    Das ist eine unumstössliche Religionspflicht.

    Die vielen Verteidigungskriege gegen den Islam kann man mit einem Bibelspruch quittieren:

    "Irret euch nicht, G'tt lässt sich NICHT spotten, was der Mensch sät das wird er ernten!" Galater 6:7

    Sät er Krieg, wie die Mohammedaner es tun, werden sie auch Krieg ernten. Dabei muss man bei keiner Religion mit machen. Diese biblische Tatsache steht auch ohne religiösen Pomp als Grundsatz da.

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