Berlin: Islamist sammelt in vier Wochen 642.000 Euro für «Muslimbruderzentrum»

0
Symbolbild. 10. Oktober 2023, Berlin. Foto IMAGO / Sabine Gudath
Symbolbild. 10. Oktober 2023, Berlin. Foto IMAGO / Sabine Gudath
Lesezeit: 6 Minuten

Das „Teiba Kulturzentrum“ wurde jahrelang im Berliner Verfassungsschutzbericht erwähnt. Der Vorsitzende und Imam dieses Vereins, Ferid Heider, ist überregional bekannt und sitzt in Muslimbruder-dominierten Gremien. Heider will nun ein weiteres neues Zentrum dieser Ausrichtung in Berlin aufbauen und dafür 2025 2,9 Millionen Euro einsammeln. Innerhalb von vier Wochen will Heider bereits 642.000 Euro eingesammelt haben.

„Mit Allahs Erlaubnis haben wir auf allen Wegen ca. 642.000€ nach 4 Wochen gesammelt! Möge Allah von euch reichlich annehmen! Wir sind zuversichtlich, dass wir unser Ziel der 1 Mio. € bis Ramadan in den nächsten 30 Tagen erreichen! Auch hier auf CommonsPlace haben wir die 25.000€ Marke erreicht! Barakalahu fikum!“, wird auf der Sammelplattform CommonsPlace unter dem Spendenaufruf für das neue Zentrum jubiliert. (Schreibweise wurde übernommen)

Eine der grössten Koranschulen Berlins

Ferid Heider ist seit 2009 als Vorsitzender des Vereins „Teiba Kulturzentrum“ eingetragen. Die zu diesem Verein gehörende Teiba-Moschee gehört zu einem lokalen Netzwerk, das vom Verfassungsschutz Berlin der Muslimbruderschaft zugeordnet wird. So wurden bis 2016 vier Vereine benannt, die dem Verbund angehören. Über diese Vereine hiess es damals auf Seite 75 des Berichts: „Die IGD hat Verbindungen zu einer Reihe von Vereinen. In Berlin zählen hierzu das ,Interkulturelle Zentrum für Dialog und Bildung e.V.‘ (IZDB), das ,Islamische Kultur- und Erziehungszentrum e.V.‘ (IKEZ), die ,Neuköllner Begegnungsstätte e.V.‘ (NBS), auch bekannt als ,Dar as-Salam Moschee‘, und das ,Teiba Kulturzentrum zur Förderung der Bildung und Verständigung e.V.‘ (TKZ). Das TKZ verfügt über keine eigenen Räumlichkeiten mehr und nutzt für ihre Freitagspredigten stattdessen eine Turnhalle in Spandau.“

Im Dezember 2024 verkündete Heider neue Pläne zum Ankauf eines Grundstücks. Bereits 2018 waren vom TKZ neue Räumlichkeiten angemietet worden, wofür es seinerzeit ebenfalls einen Spendenaufruf gab. Nach den Eigenangaben auf der Spendenplattform lernen derzeit rund 300 Schüler „in unserer Koranschule die Worte Allahs“. Damit ist diese Einrichtung bereits jetzt eine der grössten Berliner Koranschulen – und damit lernen alleine dort 300 Berliner Kinder die antiintegrative, identitäre und letztlich extremistische Islam-Auslegung der Muslimbruderschaft. Es gibt einige weitere Berliner Moscheen mit solchen Schulen, die auch schon junge Kinder aufnehmen. Und natürlich eine ganze Reihe weiterer Gebetsstätten, die zwar nicht in den Verfassungsschutzberichten erwähnt wurden, aber trotzdem wegen ihrer Imame dieser Strömung zuzuordnen sind.

Netzwerk demokratiefeindlicher Imame und Organisationen

Ferid Heider entfaltet jedoch seit Jahren zunehmend eine Vielzahl an Aktivitäten. Die von ihm geleitete Teiba-Moschee ist nur eine davon und wird flankiert von dem eigenen YouTube-Kanal „Islam Media“ mit über 10.000 Abonnenten. Auch an den anderen Zentren des Berliner Verbundes tritt er immer wieder auf. Ungeachtet dessen sitzt er im vom Berliner Senat protegierten „Rat der Berliner Imame“, der trotz Kritik und trotz Kai Wegner (CDU) als Oberbürgermeister weiter unterstützt wird. In einem kritischen Artikel der „Welt“ von 2023 bezeichnete die Berliner Integrationsbeauftragte Güner Balci den Rat als ein „Empowerment“ von „reaktionären und demokratiefeindlichen Imamen und Organisationen“. Parallel zu diesen Aktivitäten bietet Heider religiöse Reisen an, die über seine Firma „Makarim“ organisiert werden. Mit dieser Firma bestand auch eine Kooperation mit einem Nachwuchs-Imam des Islamischen Zentrum Aachen, Adnan Nakdali Hawari.

Heider ist aber nicht nur in Berlin ein gefragter Referent an Moscheen und Kulturvereinen, die der Strömung der Muslimbruderschaft nahestehen. Auch im „Fatwa-Ausschuss Deutschland“, dem deutschen Ableger des muslimbruderdominierten European Council for Fatwa and Research, wurde er laut einer Veröffentlichung vom 13. September 2020 als neues Mitglied benannt. Eng sind auch die Verflechtungen mit der palästinensischen Szene. So warb Heider 2015 für Veranstaltungen palästinensischer Organisationen, darunter die Palästinensische Gemeinschaft in Deutschland e.V. oder die vermeintliche Hilfsorganisation „Die barmherzigen Hände e.V.“, die beide in Verfassungsschutzberichten erwähnt wurden. Beide Vereine waren einem Verbot vermutlich knapp durch Auflösung zuvorgekommen. Ob vor diesem Schritt noch Finanzmittel aus den Vereinsvermögen transferiert werden konnten, ist nicht bekannt.

Bezüge zur palästinensischen Szene

Doch im Trägerverein des TKZ ist Heider nicht der einzige wichtige Akteur. Seit 2013 ist auch der palästinensisch-libanesischstämmige Mohamed Hajjaj dort in Verantwortung und der Stellvertreter von Heider. Hajjaj ist nicht nur der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime Landesverband Berlin (ZMD, LV Berlin), sondern auch ehemaliger Geschäftsführer des Vereins Inssan e.V. („sieben Jahre federführend“ im Verein, Eigenangabe in einem Podcast). Seit nunmehr fast drei Jahren ist er auch Geschäftsführer der Bildungs- und Begegnungsstätte „Arnsberg gemeinnützige GmbH“. Die Bildungsstätte gehört seit mindestens 2016 zum Besitzstand des Verbands interkultureller Zentren e.V. Der Verband ist in Berlin an der Neuköllner Begegnungsstätte ansässig, Vorstandsmitglieder des Vereins sind Samir Falah und Houaida Taraji.

Falah ist der ehemalige Vorsitzende der Islamischen Gemeinschaft in Deutschland (IGD, heute Muslimische Gemeinschaft Deutschlands, DMG), die in Verfassungsschutzberichten als muslimbruderdominiert gilt; jetzt ist er bei der europäischen Organisation dieser Strömung in Verantwortung. Taraji war bei der IGD stellvertretende Vorsitzende und im ZMD-Bund Frauenbeauftragte. Auch Almoutaz Tayara, der ehemalige Vorsitzende der deutschen Sektion der Hilfsorganisation Islamic Relief (IRD), deren Organisationsgeschichte eng mit Funktionären muslimbrudernaher Vereine verbunden ist, führte bei der Arnsberger Bildungsstätte von 2016 bis 2020 die Geschäfte. Verwaltet wurde deren Liegenschaft 2024 nach einem Bericht der Westfalenpost von Zuhir Halabi, dem ehemaligen Vorsitzenden des Vereins „Die barmherzigen Hände“. Die Bildungsstätte soll allerdings geplante Bauvorhaben seit einiger Zeit nicht umsetzen und wirke „verlassen“, wie die Westfalenpost vor einigen Tagen berichtete.

Und die Stadtpolitik?

Mohamed Hajjaj ist auch gut in die Berliner SPD vernetzt, deren Mitglied er zumindest nach den Eigenangaben in obigem Podcast noch vor etwa zwei Jahren war. Seine Stellvertreterin im ZMD und Vorstandsvorsitzende von Inssan e.V., Lydia Nofal, ist ebenfalls in der SPD. Beide sollten 2021 als Entsandte des Berliner „Islamforums“ bei der „Expertenkommission zu antimuslimischem Rassismus“ mitwirken, wobei es jedoch nur bei Nofal zu einer aktiven Mitwirkung kam. Bei Hajjaj gab es Verzögerungen, wohl wegen einer kritischen Berichterstattung in der „Welt“. Er schildert in seinem Podcast, dass er seinerzeit auch „privat“ angerufen wurde, um die Vorwürfe zu klären.

Rund um die aktuellen Planungen mit dem Teiba-Kulturzentrum ergibt sich also das Bild eines seit Jahres aktiven Netzwerks, das erheblich Kapazitäten ausbaut. Das ist möglich, weil darüber zu wenig berichtet wird und die Verwaltung sowie das Land Berlin dem anscheinend immer weniger entgegensetzen. Zentral an dieser Stelle war, dass die Berliner Innenbehörde beschloss, das Netzwerk rund um das TKZ nicht mehr explizit im Verfassungsschutzbericht zu benennen, obwohl dessen Ausrichtung und Radikalität unverändert sind. Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs von 2017 können nämlich Vereinen die steuerlichen Vorteile der Gemeinnützigkeit entzogen werden, sofern sie in einem der Länderberichte oder vom Bundesamt für Verfassungsschutz erwähnt werden. Und auf CommonsPlace gibt das TKZ an, „der Projektinitiator kann Spendenquittungen ausstellen“.

Das bedeutet, dass Spenden steuermindernd geltend gemacht werden können. Im Schnitt soll die Steuerminderung für einen Spender etwa ein Drittel des Spendenbetrags ausmachen, was die Spendenbereitschaft entsprechend erhöhen dürfte. Die Entscheidung, das Netzwerk nicht mehr im Bericht zu benennen, hat also auch ganz konkrete und relevante finanzielle Auswirkungen. Berlin fördert diese Strukturen also faktisch. Das begann unter Innensenator Andreas Geisel (SPD). Seitens der Finanzen begann das unter Matthias Kollatz (SPD) und wurde fortgeführt unter Daniel Wiesner (Grüne) sowie Stefan Evers (CDU). Das Innenressort wird mittlerweile von Iris Spranger (SPD) verantwortet. Parteiübergreifend scheint man also nicht Willens, zur Einhegung von Muslimbruderaktivitäten konzertiert und damit zielführend aktiv zu werden.

Dass der Strukturaufbau Berliner muslimbrudernaher Organisationen voranschreitet, ist also nicht nur den erheblichen Mitteln aus deren Gemeinschaft und möglichen Auslandsspenden zu verdanken. Zurückzuführen ist dies auch auf eine Politik, die entsprechendem Strukturaufbau nicht nur seit längerem nichts mehr entgegensetzt, sondern diese legalistischen Strukturen faktisch aktiv fördert.

Zuerst erschienen bei Islamismus und Gesellschaft.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..