EU: Judenhasser willkommen

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Georgios Karatzaferis Foto: Wikipedia

In der Europäischen Union werden antisemitische und andere gemeingefährliche Weltanschauungen durch den Eintritt der Laos–Partei („orthodoxer Volksalarm“) in die griechische Regierung weiter legitimiert. Der Laos-Vorsitzende Giorgios Karatzaferis hat  sich schon oft durch stereotypen Antisemitismus hervorgetan. 2001, als er noch Parlamentsabgeordneter der grossen Neue Demokratie war, forderte er den Aussenminister auf zu erklären, warum bei den Anschlägen vom 9. September 2001  keine Juden ums Leben gekommen seien. Auch merkte er an, dass „jüdisches Blut stinkt.“ [1] Die israelischen Verteidigungskräfte IDF verglich er während der israelischen Gaza-Operation Gegossenes Blei 2008/2009 mit Hitler. Laut Frankfurter Allgemeine Zeitung ist Karatzaferis Herausgeber der griechischen Übersetzung von Die Protokolle der Weisen von Zion.

In der Laos-Partei hat der griechische Verkehrsminister Makis Voridis  eine faschistische Vergangenheit, und der Vizeminister für Entwicklung Adonis Georgiadis ist Herausgeber eines der bisher antisemitischten Bücher in diesem Jahrhundert – Juden: Die Ganze Wahrheit von Kostas Plevris.

Starken Rückhalt hat die Laos–Partei in der griechisch-orthodoxen Welt. Als Karatzaferis 2004 ins Europäische Parlament gewählt wurde, schrieb ihm das damalige Oberhaupt der orthodoxen Kirche Erzbischof Christodoulos ein herzliches Glückwunschschreiben, in dem es hiess: „Ich bin mir sicher, dass Sie mit ihren reichen Fähigkeiten, Ihren Einsichten und Wissen ….die anderen intellektuellen Werte, die aus Ihrer christlichen und griechischen Seele entspringen, der breiteren europäischen Familie zubringen werden.”[2]

Es gab auch vorher immer wieder antisemitische und rassistische Parteien innerhalb von Regierungen der EU–Staaten. So war die polnische Familienliga einmal in der polnischen Regierungskoalition vertreten. Ihr Vorsitzender, Roman Giertych, war Vize-Ministerpräsident und Bildungsminister von 2006 bis 2007.[3]

Antisemitismus ist weit verbreitet

2000 war die EU noch bereit, gegen rassistische Minister vorzugehen. Als die rechtsextreme FDP von Jörg Haider in die österreichische Regierung einzog, verhängte die EU einige Sanktionen gegen Österreich. Sie waren wenig wirkungsvoll und wurden sieben Monate später aufgehoben.[4] Heute scheint es geradezu lächerlich, Sanktionen vorzuschlagen.EU-Politiker scheinen fast alles zu akzeptieren, um die dramatische Finanzkrise zu überleben.

Foto: IBT

In vielen EU-Ländern gibt es extreme rassistische und antisemitische Parteien, die (noch?) nicht Teil der Regierung sind.[5] Prozentual zu den Wahlstimmen gesehen ist die ungarische Partei Jobbik die grösste. Sie ist offen antisemitisch und anti-Roma und erhielt bei den Nationalwahlen 2010 17% der Stimmen. Jobbiks Beliebtheit und Verbindung zu paramilitärischen Organisationen sind bis jetzt einzigartig in der EU.

In den letzten Tagen stand Deutschland unter Schock, als bekannt wurde, das eine kleine Gruppe Neo-Nazis Deutsch-Türken und andere Personen in den letzten Jahren ermordet haben, ohne bemerkt zu werden. Nun fordern viele ein Verbot der rechtsextremen NDP.

Der Antisemitismus ist unter der europäischen Bevölkerung weit verbreitet. Laut eines vor einigen Tagen veröffentlichten Berichts einer Expertenkommission vertreten 20% der deutschen Bevölkerung starke antisemitische Ansichten. [6] Diese Expertenkommission ist von der Regierung anerkannt.

Im vergangenen Monat stellte ein Bericht einer italienischen Parlamentskommission fest, dass „etwa 44% der italienischen Bevölkerung einige Vorurteile oder eine feindliche Haltung gegenüber Juden hegen.“ Die Vorsitzende dieser Kommission, Fiamma Nirenstein, sagte, „es war für jeden ein Schock, wie viel Antisemitismus in Italien und Europa existiert.”[7]

Israel zwischen Israel und der Hamas

Das antike antisemitische Vorurteil vom blutdürstigen Juden hat sich auf die europäische Wahrnehmung Israels ausgebreitet. Das bestätigt eine jüngste Studie der Universität Bielefeld, die im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung durchgeführt wurde. Laut Studie denken 63% der Polen, dass Israel einen Vernichtungskrieg gegen die Palästinenser führt. Die niedrigsten Zahlen in der Studie beziehen sich auf Italiener (38%) und respektive Niederländer (39%). In Ungarn, Grossbritannien, Deutschland und Portugal denken zwischen 40% und 50% so.[8]

Das antisemitische Klima ist offenkundig nicht allgegenwärtig, doch es ist verbreitet. Anti-israelische Rhetorik führender EU-Politiker ermöglicht, dass dieses gedeihen kann. Es gibt viele Aussagen von EU-Kommissaren, hochrangigen Mitarbeitern, sowie Ministern und Regierungssprecher von EU-Staaten mit anti-israelischen Doppelstandards – die Teil der offiziellen EU-Arbeitsdefinition von Antisemitismus sind. Die moralische Gleichsetzung Israels mit der Hamas auf eine Ebene ist eine weitere Diffamierungstechnik.

Der Beitritt von Laos in die griechische Regierungskoalition steht nicht nur in direktem Zusammenhang mit der Finanzkrise des Landes. Er ist auch Teil des Fortschritts von antisemitischen und anderen kriminellen Ideologien im europäischen öffentlichen Wirkungskreis. Die wirtschaftlichen Probleme Europas könnten ein Klima erzeugen, dass sich für eine weitere Entwicklung der Hass-Macherei eignet. Daher muss dieses Phänomen in seiner Ganzheit beobachtet werden.

 

Dr. Manfred Gerstenfeld hat 20 Bücher veröffentlicht. Darunter einige zum Thema Antisemitismus und Antiisraelismus.


[1] Simon Wiesenthal Center, “Investigate Member States that Violate Organization’s Provisions on anti-Semtisim, 28 January 2010.

[2] Greek Helsinki Monitor, “Greece’s Archbishop congratulates and praises George Karatzaferis,” Press release, 27 June 2004

[3] Robert Wistrich, A Lethal Obsession, (New York: Random House, 2011), 197, 200.

[4] Michael Leidig, “Haider derides EU over sanctions,” Telegraph, 14 September 2000.

[5] Lázsló Molnár, “Anti-Semitism in Hungary,” Post Holocaust and anti-Semitism 104, 1 November 2010.

[6] “Report shows anti-Semitism is strong in Germany,” JTA,13 November 2011.

[7] Benjamin Weinthal, “44% of Italians have negative view of Jews,” Jerusalem Post, 25 October 2011.

[8] library.fes.de/pdf-files/do/07908-20110311.pdf