Palästinensische Autonomiebehörde: UNRWA ist eine politische Organisation

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Symbolbild. Sitz von UNRWA in Gaza. Foto IMAGO / ZUMA Press Wire
Symbolbild. Sitz von UNRWA in Gaza. Foto IMAGO / ZUMA Press Wire
Lesezeit: 5 Minuten

Die Maske ist endgültig gefallen. Die UNO und ihre Gönner können damit aufhören, die Welt zu täuschen, dass es sich beim Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) um eine humanitäre Organisation handelt. Die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) selbst, der eifrigste und interessierteste Befürworter von UNRWA, hat versehentlich zugegeben, dass die wesentliche Rolle von UNRWA im Nahen Osten eine politische und keine humanitäre ist.

von Itamar Marcus

Die Mission von UNRWA geriet in den Fokus, nachdem die Knesset ein Gesetz verabschiedet hatte, das am 30. Januar 2025 in Kraft trat und UNRWA verbietet, innerhalb des souveränen Staates Israel tätig zu sein. Die UNO, NGOs und zahlreiche Geberländer haben daraufhin gemeinsam mit der Palästinensischen Autonomiebehörde das israelische Gesetz verurteilt.

Sie alle beklagten, dass UNRWA seine Aufgabe nicht mehr erfüllen könne. Unter den Geldgebern von UNRWA herrscht jedoch ein völliges Missverständnis darüber, was die Rolle von UNRWA wirklich ist.

Die UN versicherte, dass UNRWA «wesentliche humanitäre Dienste für palästinensische Flüchtlinge bereitgestellt hat». Human Rights Watch sowie 52 weitere NGO erklärten übereinstimmend, dass Israels Schritt «die internationale humanitäre Operation in Gaza bedroht». Die Aussenminister der Geberländer, darunter Kanada, Australien, Frankreich, Deutschland und das Vereinigte Königreich, zeigten sich «äusserst besorgt», da «UNRWA wesentliche und lebensrettende humanitäre Hilfe leistet».

In jeder Antwort kommt das Mantra zum Ausdruck, dass die Rolle von UNRWA reain humanitär sei. Der Vergleich der Reaktionen mit denen der Palästinensischen Autonomiebehörde verdeutlicht die grosse Kluft zwischen dem, was ein Grossteil der Welt über UNRWA denkt, und dem was die Palästinensische Autonomiebehörde – ihr Fürsprecher – über UNRWA weiss.

Nabil Abu Rudeina, Sprecher von PA-Chef Mahmoud Abbas, erläuterte die Position der Autonomiebehörde: «Das neu verabschiedete [israelische] Gesetz zielt darauf ab, die Frage der Flüchtlinge und ihr Recht auf Rückkehr und Entschädigung zu liquidieren.» Abbas‘ Büro fügte hinzu: «Die Präsidentschaft hat beschlossen, dringend zu handeln … da das Thema UNRWA ein politisches Thema ist, das mit dem Recht auf Rückkehr zusammenhängt».

Ahmad Abu Houli, Vorsitzender der PLO-Abteilung für Flüchtlingsangelegenheiten, stimmte zu, dass «dieses [israelische Gesetz] Teil seiner Bemühungen ist, die Sache der palästinensischen Flüchtlinge und ihr gut begründetes Recht auf Rückkehr zu beseitigen, ihren Status als Flüchtlinge zu negieren und die Kriterien für eine zukünftige politische Lösung einseitig zu ändern».

Die PLO-Abteilung für Auslandsangelegenheiten ergänzte, dass Israels Plan darin bestehe, «die Sache der Flüchtlinge zu beseitigen und das Recht auf Rückkehr auszulöschen» Die Antworten der Palästinensischen Autonomiebehörde werden alle von WAFA, der offiziellen Nachrichtenagentur der PA, veröffentlicht.

Ein riesiger Abgrund

Zwischen der «humanitären» UNRWA der Welt und der politischen UNRWA der Palästinensischen Autonomiebehörde mit ihrem «Rückkehrrecht» klafft ein riesiger Abgrund. Das erste Gebot der palästinensischen nationalen Identität besagt, dass die wenigen Tausend Araber, die während des israelischen Unabhängigkeitskrieges von 1948 aus Israel geflohen sind und noch leben, zusammen mit den 5,9 Millionen Bewohnern der UNRWA-Lager ein «Rückkehrrecht» nach «Innenpalästina» haben – die Bezeichnung der Autonomiebehörde für den Staat Israel.

Obwohl 99 % von ihnen in den Ländern leben, in denen sie geboren und aufgewachsen sind, werden sie von UNRWA weiterhin als «Flüchtlinge» registriert – für immer stigmatisiert als Fremde in dem einzigen Land, das sie je gekannt haben.

Israel pflichtet den Erklärungen der Palästinensischen Autonomiebehörde bei, dass das UNRWA nie eine humanitäre Rolle gespielt hat. In der Tat könnte die humanitäre Rolle des UNRWA leicht von anderen übernommen werden, wie im Gaza-Krieg, in dem nur 13 % der Hilfe durch UNRWA verteilt wurden, während 87 % durch andere Organisationen geleistet wurden.

Das UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR), das in 136 Ländern «lebensrettende Hilfe, einschliesslich Unterkunft, Nahrung, Wasser und medizinischer Versorgung» leistet, wäre die Organisation, die sich um die Flüchtlinge aus Israels Unabhängigkeitskrieg kümmern würde, wenn ihre Bedürfnisse nur humanitär wären.

Wie die Palästinensische Autonomiebehörde jedoch deutlich gemacht hat, hat UNRWA vor allem eine politische Funktion: Es soll das „Recht auf Rückkehr“ aufrechterhalten, indem es alle Neugeborenen als „Flüchtlinge“ abstempelt und ihnen damit das Recht auf Staatsbürgerschaft und Gleichberechtigung in ihrem Geburtsland verweigert. Gerade weil sich Israel und die Palästinensische Autonomiebehörde über den politischen Zweck des UNRWA einig sind, will Israel die Einrichtung auflösen, während die Palästinensische Autonomiebehörde UNRWA erhalten will.

Viele bestehen darauf, dass UNRWA wegen seiner Beteiligung am Hamas-Terror aufgelöst werden sollte, aber das geht am Kern der Sache vorbei. Selbst wenn sich UNRWA vollständig von Terroristen und Terror distanzieren würde, und selbst wenn UNRWA Schulen die Förderung von Hass einstellen würden, ist die Organisation, die 1949 aus 750.000 Flüchtlingen 5,9 Millionen „Flüchtlinge“ gemacht hat, ein Menschenrechtsverletzer, der kein Existenzrecht hat.

Die internationale Gemeinschaft und die Vereinten Nationen müssen die Definition des politischen UNRWA durch die Palästinensische Autonomiebehörde beim Wort nehmen und die Schliessung von UNRWA durch Israel als Signal für den Beginn eines Prozesses der schrittweisen Auflösung des Hilfswerks betrachten. Auch wenn dies Jahre dauern wird, muss die Welt anerkennen, dass sie mit diesem Prozess beginnen muss.

Die Aufrechterhaltung und Finanzierung der politischen UNRWA, bis sie in den kommenden Jahren unweigerlich 10 Millionen Abhängige erreicht, ist für die Geberländer nicht tragbar und stellt eine unethische Behandlung der Bewohner dar, die Freiheit verdienen.

Auch die israelische Staatsbürgerschaft ist keine Option. Die Beobachtung der Einwanderungskrisen in Europa mit einem relativ geringen Prozentsatz arabischer und muslimischer Einwanderer muss jede Illusion zerstören, dass Israel mit einer Bevölkerung von 10 Millionen 5,9 Millionen Araber oder auch nur eine halbe Million aufnehmen wird.

Der Premierminister der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mohammad Mustafa, hat vor kurzem zugegeben, dass es der Palästinensischen Autonomiebehörde nicht darum geht, das Leiden der Flüchtlinge zu beenden, sondern vielmehr darum, die Situation der Flüchtlinge zu verlängern.

«Die Flüchtlingslager sind ein Symbol für unseren Ruhm», sagte er laut der offiziellen PA-Tageszeitung Al-Hayat Al-Jadida [15. Dezember 2024]. «Sie sind ein nationales Symbol, das wir bewahren müssen». Menschen aufgrund einer politischen Agenda zu zwingen, als Flüchtlinge «bewahrt» zu werden, ist ein grundlegender Missbrauch der Menschenrechte.

Die demokratischen Länder müssen gemeinsam mit den humanitären Organisationen die UNRWA mit den eigenen Worten der Palästinensischen Autonomiebehörde konfrontieren und die Scharade einer «humanitären» UNRWA und die Verletzung der Menschenrechte beenden.

Die Geberländer müssen dann den komplizierten, aber unvermeidlichen Prozess der Übertragung der Verantwortung für die 5,9 Millionen Menschen vom politischen UNRWA auf das UNHCR, dass die Flüchtlinge neu ansiedelt, einleiten. Das politische und unerfüllbare so genannte «Rückkehrrecht» der Palästinensischen Autonomiebehörde würde dann durch das humanitäre und realisierbare Recht auf Freiheit und Gleichheit ersetzt werden.

Itamar Marcus ist Gründer und Direktor von Palestinian Media Watch. Übersetzung Audiatur-Online.

2 Kommentare

  1. Ausgezeichnet, hätte bereits vor Jahrzehnten eingeleitet werden können. Der Prozess zur auflösen UNRWA und zur Aufhebung des flüchtlingsstatus.

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