Präzedenz in der arabischen Welt: Offizieller Anlass zum Gedenken an den Holocaust

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Im Dezember 2013 gab es in der arabischen Welt zwei aussergewöhnliche Anlässe zum Thema Holocaust: Erstmalig fand eine offizielle Konferenz zum jüdischen Holocaust in Tunesien statt und ebenso erstmalig war der Besuch einer Holocaust-Gedenkstätte im französischen Drancy durch einen arabischen Diplomaten. Nicht unerwähnt bleiben sollte der Besuch von Ziad al-Bandak, Berater für christliche Angelegenheiten von PA-Präsident Mahmud Abbas, am 27. Juli 2012 in Auschwitz, wo er eine Gedenkkerze für Holocaustopfer anzündete. [1]

Beide Ereignisse lösten in einigen Kreisen in der arabischen Welt scharfe Kritik aus, da der Holocaust eine Erfindung sei und diese Massnahme zudem eine Normalisierung mit Israel darstelle, sowie einen Verrat an der palästinensischen Sache.

Nachfolgend einige Details zur Konferenz in Tunesien und zum Besuch des Botschafters von Bahrain in der Gedenkstätte in Drancy; zudem einige Auszüge aus den Reaktionen auf diese Ereignisse:

Holocaust-Konferenz in Tunesien: Wir müssen uns des Holocaust erinnern und sicherstellen, dass solch verwerfliche Taten nie wieder geschehen

Am 14. Dezember 2013 tagte die erste offizielle Holocaust-Konferenz in der arabischen Welt. An der zweitägigen Konferenz nahmen Historiker, Kleriker, Schriftsteller und Journalisten teil, um sich mit dem Holocaust an den Juden in Tunesien auseinanderzusetzen. Mit der Konferenz sollte jenen 5.000 tunesischen Juden gedacht werden, die während der Nazi-Herrschaft in Arbeitslager oder Todeslager in Europa deportiert wurden. Viele Konferenzredner priesen die tunesischen Muslime, die während des Holocaust Juden halfen, unter ihnen Khaled ‚Abd Al-Wahhab, der 20 Juden in seiner Fabrik versteckt hielt.

Die Veranstaltung stand unter der Schirmherrschaft der tunesischen Vereinigung zur Unterstützung von Minderheiten und der Foundation for Ethnic Understanding, die mit ihrer Arbeit unterschiedliche Religionsgemeinschaften, insbesondere Muslime und Juden, einander näher bringt. Die Präsidentin der Vereinigung zur Unterstützung von Minderheiten, Yamina Thabet, sagte, dass „die Konferenz beabsichtigt, das Thema des Holocaust im öffentlichen Bewusstsein zu bewahren…und sicherzustellen, dass solch verwerfliche Taten wie der Holocaust der Nazis nie wieder in irgendeiner Form geschehen werden…“[2]

Reaktion aus arabischen Organisationen: Der Holocaust ist eine „Legende, die auf Lügen basiert“

In einer Pressemitteilung erklärte die Arabische Nationalliste als Reaktion auf die tunesische Konferenz, dass der Holocaust „eine Legende“ sei, die auf Lügen basiere. Und zur Aussage von Yamina Thabet heisst es: „Ihre Aussage verdeutlicht das zionistische Ziel, die ‚Holocaust‘-Legende zu verbreiten, die von einigen Arabern geglaubt wird. Unglücklicherweise wurden viele umgarnt und haben die Behauptung, dass der Holocaust tatsächlich geschehen ist, angenommen. Aber was ist mit dem Leid der anderen, die keine Juden waren?! Ist es statthaft, eine angebliche von den Europäern verübte Lüge zu missbrauchen, um die Verletzung arabischer Rechte zu rechtfertigen?!“

Ein Gründungsmitglied der Arabische Nationalliste ist Ibrahim ‚Allioush, Herausgeber der antisemitischen Webseite Free Arab Voice und Direktoriumsmitglied der Vereinigung gegen Zionismus und Rassismus. [3]

Ferner heisst es in der Pressemitteilung:

„Die Holocaust-Legende basiert auf drei wichtigen Argumenten, nämlich: 1. Die Behauptung, dass die Nazis eine Maschinerie oder Massenvernichtung der Juden in Deutschland in den eroberten Gebieten in Europa betrieben haben; 2. Die Behauptung, dass es dadurch zur Ausrottung von sechs Millionen Juden in Europa kam; 3. Die Behauptung, dass die Ausrottung durch die Ermordung [der Juden] in speziellen Gaskammern erfolgte.“

„Angesichts der Ernsthaftigkeit des Themas müssen die Holocaust-Legende und die drei Argumente, auf denen sich die historische Verfälschung stützt, zwangsläufig entkräftet werden. Viele Revisionisten unter den Historikern haben diese Legend aus verschiedenen Blickwinkeln untersucht und widerlegt, wobei sie sich auf die Geschichte und Wissenschaft der Chemie und das Ingenieurswesen stützten. Diese wissenschaftlichen Untersuchungen haben ergeben, dass: 1. Die Geschichte über die systematische Massenvernichtung falsch ist. Nazi-Dokumente belegen, dass es der Plan der Nazis war, Juden aus Deutschland auszuweisen und nicht sie zu vernichten… 2. Die Behauptung, dass die Opferzahl des Holocaust sechs Millionen betrug, durch demographische Studien widerlegt wurde, die beweisen, dass während der Nazi-Zeit niemals sechs Millionen Juden in Deutschland gelebt haben, [sondern nur] 550.000, [noch gab es sechs Millionen Juden] in den ganzen Ostgebieten, die von den Nazis erobert wurden…“

„Laut Legende führten Nazis die Juden in Gruppen in grosse Räume, wo sie mit Arsengas ermordet wurden. Das ist der herausragende Teil der Geschichte und darin verbirgt sich das Geheimnis westlicher Empathie gegenüber den angeblich sechs Millionen [Opfern] versus [ihrer] Gleichgültigkeit gegenüber den 22 Millionen Sowjets [Staatsbürger, die ermordet wurden] im [Zweiten] Weltkrieg, oder den Millionen Arabern, die von Zionisten, Amerikanern und westlichen Tötungsmaschinen ermordet wurden. Der Grund [für die Empathie] ist eher die Art, wie sie ermordet wurden und nicht die Anzahl der getöteten Menschen….“

Zudem wird in der Pressemitteilung behauptet, dass das Gedenken an den Holocaust in Tunesien eine Normalisierungsmassnahme mit Israel sei und einen „Verrat am Blut unserer Märtyrer darstellt, die ihr Leben für die Befreiung Palästinas“ gegeben hatten.“[4]

Der Botschafter von Bahrain in Frankreich besucht Holocaust-Gedenkstätte: Es ist unsere Pflicht, Intoleranz und Hass zu bekämpfen

Die bahrainische Tageszeitung Akhbar Al-Khalij bezog sich in ihrer Berichterstattung auf die französische Nachrichtenagentur AFP und schrieb, dass am 10. Dezember 2013 der Botschafter von Bahrain in Frankreich, Nasser Al-Balushi, die Holocaust-Gedenkstätte im Pariser Vorort Drancy besuchte. Es war der erste Besuch eines muslimischen Diplomaten dieser Stätte, die im September 2012 eröffnet worden war. Der Besuch sei eine Idee des jüdisch-französischen Schriftstellers Marek Halter und des Imam von Drancy, Hassan Al-Chalghoumi, gewesen. Der Botschafter legte einen Kranz nieder und sagte: „Es ist unsere Pflicht, gemeinsam zu handeln und jede Form von Intoleranz und Hass zu bekämpfen. Bahrain ist ein muslimisches Land, aber seine Gesetze ermöglichen die Koexistenz mit anderen Religionsgemeinschaften. Neben Moscheen gibt es [in Bahrain] Synagogen, Kirchen und [andere] Gotteshäuser.“[5]

Protest von bahrainischen Parlamentariern: Der Besuch ist eine Schande und repräsentiert nicht das bahrainische Volk; der Holocaust ist eine bekannte Lüge

Der Besuch des Botschafters rief scharfe Kritik in Bahrain hervor. Der Parlamentsabgeordnete Khaled Al-Maloud vom islamischen Al-Asala-Block sagte, dass der Besuch eine „Schande“ sei und nicht das bahrainische Volk vertrete, das Seite an Seite mit der palästinensischen Sache stünde und stolz sie auf seine arabischen und islamischen Grundsätze. Weiter sagte er: „Der Islam verbietet es, Unschuldigen Leid zuzufügen …Aber in der heutigen Welt ist es bekannt, dass der sogenannte jüdische Holocaust eine Lüge ist und eine Täuschung, dessen schadhaftes [Wesen] allen klar ist, und der dem Recht des palästinensischen Volkes schaden und den Diebstahl ihres Landes [ermöglichen] sollte. Der wahre Holocaust findet gegen Palästinenser im Westjordanland, Gazastreifen und in allen palästinensischen Gebieten statt, wo sie Ermordung, Vertreibung und Entwurzelung durch die zionistischen Banden seit fast 100 Jahren erleiden.“[6]

Der Parlamentsabgeordnete Hassan Bokhamas aus Bahrain behauptete in ähnlichem Stil, dass der Besuch den bahrainischen, arabischen sowie islamischen grundlegenden Prinzipien im Zusammenhang mit der Unterstützung der Jerusalem- und Palästina-Sache und dem Boykott der zionistischen Entität widerspreche, „die dem Volk, dem Land und den heiligen Stätten Schaden zufügt und mit der globalen öffentlichen Meinung spielt, um finanziellen und moralischen Rückhalt zu erhalten und alle Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die sie in Palästina verüben, zu übertünchen.“ Bokhamas forderte die Regierung auf, den Fehler des Botschafters, der dem Ansehen Bahrains auf arabischer und islamsicher Ebene schade, zu korrigieren. Laut Bokhmas sei es „undenkbar, die Besatzung mit Normalisierung oder Ermutigung zu belohnen, während sie ihre Verbrechen erhöht.“[7]

Eine Hisbollah-nahe Webseite: Botschafter besuchte Gedenkstätte, um sich Israel anzunähern

Auf der Hisbollah nahe stehenden Webseite Alhednews.com griff der Journalist Nidal Hamade den Besuch des bahrainischen Botschafters an und behauptete, dass es seine Absicht gewesen sei, sich zu Israel anzunähern, um westliche Kritik an der Unterdrückung des bahrainischen Regimes seines Volkes zu vermeiden. „Jedem, die arabische Diplomatie in Frankreich mitverfolgt, kam die Nachricht über den Besuchs der jüdischen Holocaust-Gedenkstätte durch den bahrainischen Botschafter Nasser Al-Balushi  weder merkwürdig noch schändlich vor, denn schliesslich wurde dieser Mann in dieses Amt ernannt, um sich der Israellobby anzunähern! Der bahrainische Botschafter ist nicht der einzige Botschafter in der französischen Hauptstadt, der Kontakte zu Zionisten und rabbinischen Kreisen unterhält, aber er war der erste, der es wagte, eine jüdische Holocaust-Gedenkstätte zu besuchen…Seit seiner Ankunft in Paris arbeitet Nasser Al-Balushi am Aufbau seiner Verbindung mit der Israel-Lobby in Frankreich….“

„Das Regime in Bahrain glaubt, dass eine Annäherung an Israel das beste Mittel ist, eine Niederlage im Kampf gegen das bahrainische Volk, das seine politischen Rechte einfordert und deswegen vom Regime mit Gewalt unterdrückt wird, zu vermeiden. Nasser Al-Balushi spricht unaufhörlich von der grossen iranischen Bedrohung für den Golf und für Israel. Er ist zu einem der aktivsten arabischen Botschafter in Frankreich geworden, seit die gewaltlose Revolution in Bahrain ihren Anfang genommen hat, und transformierte die bahrainische Botschaft in ein Wespennest und Medienzentrum, das dem Ansehen der bahrainischen Revolution schaden und jegliche Kritik aus dem Westen am Regime in Manama verhindern sollte. Mehrere französische Journalisten zitieren ihn, dass ‚arabische Golfstaaten wie Saudi Arabien, Katar und die VAE enge Beziehungen mit einflussreichen israelischen Kreisen pflegen.‘ Jetzt ist [auch] Bahrain dabei, das auf seinem Staatsgebiet die grösste amerikanische Militärbasis im Nahen Osten beherbergt – das Zentrum für die US Fifth Fleet – und die Unterdrückung seiner Bevölkerung durch die Banden des Regierungsapparates vertuschen will, indem es den Iran, die Hisbollah und der Irak beschuldigt…“[8]

Quelle: A Precedent For The Arab World: Official Events Marking The Holocaust © MEMRI, January 21, 2014. Antisemitism Documentation Project, Special Dispatch No. 5609