Es gibt keinen Unterschied zwischen Hamas-«Politikern» und Terroristen

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Die ehemaligen "Politiker" der Hamas Yahya Sinwar und Ismail Haniyeh am 27. März 2017 in Gaza. Foto IMAGO / APAimages
Die ehemaligen "Politiker" der Hamas Yahya Sinwar und Ismail Haniyeh am 27. März 2017 in Gaza. Foto IMAGO / APAimages
Lesezeit: 7 Minuten

Der Gesandte von US-Präsident Donald Trump für den Nahen Osten, Steve Witkoff, sagte letzte Woche, er schliesse nicht aus, dass die vom Iran unterstützte palästinensische Terrororganisation Hamas nach ihrer Entwaffnung im Gaza-Streifen politisch aktiv werden könnte. „Sie [die Hamas] müssen sich entmilitarisieren, und dann könnten sie im Gazastreifen politisch aktiv werden“, sagte Witkoff in einem Interview mit Tucker Carlson, das am 21. März ausgestrahlt wurde.

von Khaled Abu Toameh

Witkoff – der dank seines erschreckenden Mangels an Vertrautheit mit arabischen Annahmen, abgesehen von Immobiliengeschäften, immer mehr zu einer grossen Peinlichkeit für Trump wird – scheint einen Unterschied zwischen der politischen und der militärischen Führung der Hamas zu machen. Er scheint auch so naiv zu sein, zu glauben, dass die Hamas jemals zustimmen würde, ihre Waffen niederzulegen oder ihre Terroranschläge gegen Israel einzustellen.

„Ich dachte, wir hätten ein akzeptables Abkommen. Ich dachte sogar, wir hätten eine Zustimmung der Hamas. Vielleicht habe ich mich auch nur getäuscht“, gab Witkoff am 23. März auf Fox News zu, als es um die Verlängerung des Waffenstillstands ging, von der er dachte, er hätte sie gerade ausgehandelt.

Getäuscht ist noch milde ausgedrückt. Witkoff, der zweifellos die besten Absichten hat, erweist sich leider als der ideale Kandidat.

Offensichtlich glaubt Witkoff, dass die politischen Aktivitäten der Hamas nicht so gefährlich sind wie ihr Terrorismus. Wie könnte er sonst überhaupt die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass die Hamas in eine politische Partei umgewandelt werden könnte? Diese Annahme ist natürlich falsch und irreführend.

Es gibt keinen Unterschied zwischen einem politischen Führer der Hamas und einem militärischen Befehlshaber. Sie alle teilen dieselbe extremistische Ideologie, die das Existenzrecht Israels nicht anerkennt und dazu aufruft, es durch den Dschihad (heiliger Krieg) zu zerstören. Sie alle gehören zur gleichen Schule der Organisation der Muslimbruderschaft. Die Hamas ist ein Ableger der Muslimbruderschaft, einer Organisation, die von den USA als terroristische Vereinigung eingestuft werden muss. Die Hamas ist die Muslimbruderschaft, und die Muslimbruderschaft ist die Hamas.

Die politische und militärische Führung der Hamas hat sich stets an die Charta der Bewegung von 1988 gehalten, die mit einem Zitat des Gründers der Muslimbruderschaft, Hassan al-Banna , beginnt: „Israel wird existieren und wird weiter existieren, bis der Islam es auslöscht, so wie er andere vor ihm ausgelöscht hat.“

Der Slogan der Hamas ist in der Charta klar umrissen: „Der Dschihad ist ihr Weg, und der Tod für Allah ist ihr höchster Wunsch“. Ausserdem heisst es in Artikel 11:

„Die Islamische Widerstandsbewegung (Hamas) glaubt, dass das Land Palästina ein islamischer Waqf ist, der künftigen muslimischen Generationen bis zum Jüngsten Tag geweiht ist. Es, oder irgendein Teil davon, sollte nicht vergeudet werden. Es sollte nicht aufgegeben werden, auch nicht ein Teil davon. Weder ein einziges arabisches Land noch alle arabischen Länder … haben das Recht, dies zu tun“.

Witkoff weiss vielleicht nicht, dass die Hamas-Charta von den politischen, nicht den militärischen Führern der Gruppe verfasst wurde. Als die Charta 1988 veröffentlicht wurde, hatte die Hamas noch nicht ihren militärischen Flügel, die Izz a-Din al-Qassam-Brigaden, gegründet. Der militärische Flügel wurde erst 1991 gegründet. Seitdem arbeiten die politische und die militärische Führung der Hamas in enger Abstimmung miteinander. Die Politiker der Organisation entwickeln die Strategie und legen die Ziele fest, während der bewaffnete Flügel mit der Umsetzung dieser Ziele betraut ist. Die politische Führung der Hamas hat entschieden, dass Israel eliminiert werden muss, und der militärische Flügel der Gruppe hat unzählige Terroranschläge verübt, um dieses Ziel zu erreichen.

Die Angriffe der Hamas erreichten ihren Höhepunkt am 7. Oktober 2023, als Tausende ihrer Terroristen in Israel einfielen, 1.200 Israelis ermordeten und Tausende verletzten. Weitere 251 Israelis wurden in den Gazastreifen entführt, wo 59 – lebendig oder tot – weiterhin in Geiselhaft sind.

Die politischen Führer der Hamas, die in Katar ansässig sind, waren die ersten, die das Massaker vom 7. Oktober mit einem besonderen Gebet feierten. „Dies ist eine Niederwerfung aus Dankbarkeit für diesen Sieg“, sagte der inzwischen tote Ismail Haniyeh, einer der prominenten politischen Führer der Gruppierung, als er und seine Freunde die Berichterstattung über den Angriff vom 7. Oktober auf dem katarischen Sender Al-Jazeera verfolgten. „Allah, bitte schenke unserem Volk und unserer Nation deine Unterstützung und deinen Ruhm“.

Das Massaker vom 7. Oktober wurde von einem anderen politischen Führer der Hamas geplant und geleitet: dem inzwischen ebenfalls getöteten Yahya Sinwar. Der in Gaza lebende Sinwar war seit August 2024 Vorsitzender des Politbüros der Hamas und seit Februar 2017 der politische Führer der Hamas im Gazastreifen. Die Tatsache, dass er ein „Politiker“ war, hielt Sinwar nicht davon ab, das schlimmste Massaker an Juden seit dem Holocaust zu begehen.

Witkoff und die Trump-Regierung hätten aus dem schweren Fehler lernen können, den die USA 2006 begingen, als sie der Hamas die Teilnahme an den palästinensischen Parlamentswahlen erlaubten. Damals glaubte die Bush-Regierung, dass dieser Schritt die Hamas ermutigen würde, ihre Waffen niederzulegen und sich in eine politische Partei zu verwandeln. Die Hamas gewann die Wahl, hat aber natürlich nie ihre Waffen niedergelegt. Ein Jahr später inszenierte die Hamas einen brutalen Putsch gegen die Palästinensische Autonomiebehörde und übernahm die Kontrolle über den Gaza-Streifen. Es versteht sich von selbst, dass der Wahlsieg der Hamas sie nicht davon abhielt, ihren Dschihad gegen Israel fortzusetzen.

Im Jahr 2017 räumte die ehemalige US-Aussenministerin Condoleezza Rice ein, dass es ein „Fehler“ gewesen sei, der Hamas die Teilnahme an den Wahlen zu erlauben:

„Ich denke, ein Fehler, den wir mit der Hamas gemacht haben, war, dass wir wirklich hätten sagen sollen, dass sie sich entwaffnen müssen, wenn sie an den Wahlen teilnehmen wollen, nach dem Vorbild dessen, was zum Beispiel in Nordirland gemacht wurde.“

Aber selbst, wenn die USA die Hamas aufgefordert hätten, sich zu entwaffnen, hätte die Gruppe ganz einfach nein gesagt.

In jüngster Zeit haben die politischen Führer der Hamas in einer Reihe von Erklärungen die Weigerung ihrer Gruppe, sich zu entwaffnen, wiederholt. Osama Hamdan, ein hochrangiger Hamas- Funktionär, sagte unumwunden, dass seine Organisation keine Entwaffnung vornehmen werde und nach dem Krieg mit Israel sogar noch wachsen könne. „Wir haben die Möglichkeit zu expandieren“, sagte Hamdan und fügte hinzu, dass eine Entwaffnung der Hamas nicht einmal zur Diskussion stehe.

Die politische Führung der Hamas ist sich bewusst, dass sie ohne die Präsenz ihres bewaffneten Flügels keine Rolle im Gazastreifen spielen kann. Der militärische Flügel der Hamas ist entscheidend für das Überleben der politischen Führung der Gruppe. Die politische Führung braucht den militärischen Flügel, um die Palästinenser im Gazastreifen zu kontrollieren, wie sie es seit ihrem gewaltsamen Putsch im Jahr 2007 tut.

Die Hamas sollte generell keine politische oder militärische Rolle im Gaza-Streifen spielen, insbesondere nicht nach dem 7. Oktober. Die Hamas, die Tod und Zerstörung über Israelis und Palästinenser gebracht hat, hat kein Recht zu existieren, weder als politische noch als militärische Einheit. Ist es jemals jemandem in den Sinn gekommen, den politischen Führern des IS oder der Al-Qaida zu erlauben, in Syrien und Irak eine Rolle zu spielen?

Wenn der Hamas gestattet wird, ihre politischen Aktivitäten im Gazastreifen fortzusetzen, wird sie ihren Dschihad gegen Israel ohne weiteres wieder aufnehmen. Die politischen Führer der Gruppe werden zweifellos weiterhin – auf Arabisch – zur Vernichtung Israels aufrufen und die Palästinenser ermutigen, Terroranschläge gegen Israel zu verüben. Das ist genau das, was die politischen Führer der Hamas seit 1988 tun. Sie taten dies auch nach ihrem Sieg bei den Parlamentswahlen 2006 und tun dies auch seit dem 7. Oktober. Kein einziger Hamas-Politiker hat sich bisher gegen das Massaker vom 7. Oktober ausgesprochen.

Witkoffs Gerede über eine mögliche politische Rolle der Hamas ist gefährlich, vor allem weil es impliziert, dass die USA die Terrororganisation weiterhin als einen legitimen Akteur in der palästinensischen Arena betrachten. Wenn der US-Gesandte Stabilität und Sicherheit im Nahen Osten anstrebt, muss er auf der vollständigen und dauerhaften Beseitigung der Hamas – all ihrer „Flügel“ – bestehen. Die Zerstörung eines „Grossteils“ der militärischen Fähigkeiten der Hamas oder ihre Entwaffnung sind völlig wertlos.

Wie wir jetzt in Syrien sehen, unterscheidet sich ein Terrorist in Anzug und Krawatte nicht von einem Terroristen.

Khaled Abu Toameh ist ein preisgekrönter israelisch-arabischer Journalist, Dozent und Dokumentarfilmer, der sich auf palästinensische Angelegenheiten spezialisiert hat. Auf Englisch zuerst erschienen beim Gatestone Institute. Übersetzung Audiatur-Online.

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