Hamas Chefterrorist Yahya Sinwar ist tot – Kriegsende in Sicht?

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IDF-Soldaten tragen die Leiche des Hamas-Führers Yahya Sinwar aus dem Gebäude, in dem er am 17. Oktober 2024 in Rafah, Gaza, getötet wurde. Foto zVg
IDF-Soldaten tragen die Leiche des Hamas-Führers Yahya Sinwar aus dem Gebäude, in dem er am 17. Oktober 2024 in Rafah, Gaza, getötet wurde. Foto zVg
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Yahya Sinwar, der Drahtzieher des Überfalls der Hamas auf Israel ist tot. Sein letzte „Kampfhandlung“, er warf mit einem Stock auf eine israelische Drohne,  ist geradezu symbolisch. Die Hamas ist am Ende. Das kann ein Game-Changer sein, die gesamte Kriegslage positiv verändern, das sinnlose Schiessen beenden. Dafür sind Partner auch in den arabischen Nachbarstaaten notwendig, die bisher schon involviert waren – allen voran Ägypten, die Saudis und Katar. Alle Beteiligten brauchen viel Glück, sehr viel Glück, damit diese Vision Wirklichkeit wird.

Yahya Sinwar ist der letzte Anführer der Hamas, er war der Brutalste, der Überzeugungstäter, der von seinen Verstecken in den Tunnels in Gaza über ein Jahr lang den Terror gegen Israel antrieb. Er hatte auch die Kontakte zur Hisbollah im Libanon, die den Krieg vom Norden her gegen Israel begann und er pflegte auch die Verbindung zum Iran. Jetzt gibt es ihn nicht mehr, Gaza ist führungslos. Das ist eine historische Chance, über einen Deal die Geiseln zu befreien und den Krieg zu beenden. Die Rede ist von geschätzt 50 noch lebenden Geiseln, die gerettet werden könnten.

Netanyahu hat die Chance in einer Fernseh-Ansprache ergriffen. Wenige Stunden nach Bestätigung des Todes des Terrorchefs hat er die Bevölkerung in Gaza direkt angesprochen. Gebt die Geiseln frei, wir beenden den Krieg. Dabei, so die inzwischen bekannten gewordenen Pläne, könnten die Täter freies Geleit bekommen. Geldzahlungen sind im Gespräch, damit die Terroristen ausreisen können. Eine derartige Vereinbarung würde auch den Krieg im Libanon beenden und sogar die immer noch ausstehende militärische Antwort Israels auf den Raketen-Angriff des Iran vom 1. Oktober aussetzen. Jetzt ist die Zeit zum Handeln gekommen. Alles andere kann getrost den Geschichtsschreibern überlassen werden.

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Drohnenaufnahmen des Hamas-Führers Yahya Sinwar am 16. Oktober 2024, kurz bevor er getötet wurde. Foto zVg

Die Medaille hat natürlich zwei Seiten. Alles kann schlimmer kommen. Die führungslosen Terroristen könnten die noch lebenden Geiseln in einem Racheakt für ihren Terrorchef Sinwar töten. Auch das ist möglich. Dagegen spricht aber, dass es keinen Anführer mehr gibt, der diesen Befehl erteilen kann. Ähnlich wie Ende August, als Sinwar sechs israelische Geiseln erschiessen liess, darunter zwei Frauen, weil IDF-Truppen sich näherten. Geheimdienst-Informationen haben diesen Ablauf inzwischen rekonstruiert. Sinwar ist in der Nähe des Tatorts von Ende August gefunden worden.

Geordnete Kommunikationskanäle unter den Terroristen sind inzwischen längst zerstört.  Die Geiseln sind auf mehrere Schlupflöcher in Gaza verteilt. Wenn sich einer oder mehrere ergeben würden, wäre ein Anfang gemacht. Es würde sich wie ein Lauffeuer in Gaza herumsprechen, vergleichbar zur Nachricht vom Tod Sinwars. Die Menschen in Gaza und Israel sind den Krieg leid, wollen ihn beendet wissen. Je früher desto besser. Die einzelnen Terroristen könnten mit ihrer Aufgabe und der Übergabe der Geiseln ihren eigenen Kopf retten. So brutal es klingen mag: der Wert der Verschleppten wird für die Terroristen von Tag zu Tag geringer.

Das alles sind die Gedankenspiele, die nicht unrealistisch sind. Sie kursieren in Gaza, Tel Aviv, Washington und in den arabischen Nachbarstaaten. Die Telefonleitungen zwischen Jerusalem und Washington glühen bereits.  Aber um diese Ideen Wirklichkeit werden zu lassen bedarf es einer starken Unterstützung auch von Aussen, von allen, die Einfluss haben. Es muss schnell gehen. Der Zeitfaktor spielt eine wichtige Rolle.

Die Details zum Tod Sinwars sind spannend, kein Romanautor hätte sie besser erfinden können. Entdeckt wurde er nach über einjährigem Suchen durch einen Zufall. In Israel spricht man von einer göttlichen Fügung zu Beginn des biblischen Laubhüttenfestes. Es war nicht die übermächtige Luftwaffe und auch nicht einer der bekannt-berüchtigten Geheimdienste Israels, Mossad oder Shin Beth. Es waren Soldaten der Bodentruppen, die ein Haus in Rafiah, im Süden des Gazastreifens, ins Visier nahmen.

Sie schöpften Verdacht, dass Terroristen darin Unterschlupf gefunden haben. Eine Erkundungs-Drohne entdeckte bewaffnete Männer. Einer von ihnen, eben der lang gesuchte Terrorchef – wie sich später herausstellte -, warf in seiner hilflosen Verzweiflung mit einem Stock nach der Drohne. Ein Panzer beschoss daraufhin das Gebäude und erst am nächsten Tag wurde bei Aufräumarbeiten überraschend unter mehreren toten Terroristen der Leichnam Sinwars entdeckt.

Um sicher zu gehen wurde ihm ein Finger abgetrennt, die DNA-Untersuchung ergab dann zweifelsfrei, dass es sich um den Terror-Drahtzieher handelt. Sein israelischer Arzt – Sinwar war 20 Jahre in Israel im Gefängnis – hat ihn auf einem der Fotos, die die Soldaten per WhatsApp nach Israel schickten, vorab identifiziert. Er erkannte seinen Patienten, hatte ihn von Angesicht zu Angesicht jahrelang behandelt. Das Kapitel Yahya Sinwar ist damit beendet. Das Kapitel eines vorläufigen Kriegsendes im Nahen Osten könnte aufgeschlagen werden.

PorträtGodelsommer20

Über Godel Rosenberg

Journalist, Autor, High­techunternehmer. Godel Rosenberg war Pressesprecher der CSU und von Franz Josef Strauß, Fernsehjournalist, TV­-Moderator und Repräsen­tant des Daimler­-Konzerns in Israel. Von 2009 bis 2018 war Godel Rosenberg der Repräsentant Bayerns in Israel.

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