
Es gibt keinen Wechsel, der erschütternder, emotionaler oder einzigartiger für Juden ist als der, den wir jedes Jahr zwischen Jom HaZikaron und Jom HaAtzmaut erleben.
von Juda Honickman
An einem Tag trauern wir. Sirenen heulen, und eine ganze Nation steht wie erstarrt da. Wir gedenken unserer Toten: der Soldaten, die ihr Leben liessen, damit wir leben können, der Opfer des Terrors, die uns daran erinnern, dass Hass gegen Juden niemals einen Grund brauchte.
Und jede Familie spürt das. Denn in Israel ist das keine Theorie. Das sind keine Namen, die in Stein gemeisselt sind. Das sind Klassenkameraden. Cousins. Nachbarn. Das sind die Freunde unserer Kinder. Die Kinder unserer Freunde. Niemand bleibt davon unberührt. Die Stille am Yom HaZikaron ist nicht symbolisch – sie ist persönlich. Sie ist unverfälscht. Sie tut weh.
Und dann, wenn die Sonne hinter dem Horizont versinkt, geschieht etwas Wunderbares. Wir tanzen.
Yom HaZikaron endet und Yom HaAtzmaut beginnt – nicht Tage später, nicht einmal Stunden später, sondern sofort. Von Gräbern zu Gitarren. Von Herzschmerz zu Lobgesängen. Von Zerbrochenheit zu Grillfesten. Es scheint unmöglich. Und doch – genau das sind wir.
Jude zu sein bedeutet, zu wissen, wie man wieder aufsteht.
Das ist nicht nur eine nationale Tradition. Es ist die Grundlage unserer Identität. Wir waren Sklaven in Ägypten – geschlagen, gebrochen, entmenschlicht. Und dann kommt Pessach. Freiheit. Exodus. Eine Nation, die aus den Tiefen der Unterdrückung wiedergeboren wird.
An Tisha B’Av fasten wir und trauern um die Zerstörung Jerusalems und jedes Exils, das wir erdulden mussten – und nur sechs Tage später, an Tu B’Av, feiern wir die Liebe, die Einheit und den Wiederaufbau unseres Volkes.
An Purim erinnern wir uns daran, wie wir zur Vernichtung bestimmt waren – und wie Gott dieses Urteil aufhob, indem er Angst in Freude und Trauer in Feier verwandelte.
Selbst die Woche selbst lehrt uns: sechs Tage Arbeit und Mühen, gekrönt vom Frieden und Licht des Schabbats.
Die jüdische Zeitauffassung basiert auf dieser Wahrheit: Zuerst kommt die Dunkelheit – aber das Licht folgt immer. Unsere Geschichte war nie linear. Sie ist zyklisch.
Wir fallen. Wir stehen wieder auf.
Wir trauern. Wir bauen auf.
Wir verlieren. Wir kehren zurück.
Das ist nicht nur Widerstandsfähigkeit. Das ist, wer wir sind.
Der Staat Israel wurde nicht in Frieden, sondern unter Schmerzen gegründet. Nicht in Leichtigkeit, sondern unter Opfern. Er wurde von Überlebenden und Soldaten, Flüchtlingen und Träumern aufgebaut. Jeder Zentimeter dieses Landes wurde mit Blut und Hoffnung bezahlt. Jede gebaute Wohnung, jedes aufgezogene Kind, jeder gepflanzte Olivenbaum, jede gelernte Zeile der Tora ist ein lebender Beweis dafür, dass der Tod nicht gesiegt hat.
Wir feiern nicht trotz unserer Trauer. Wir feiern wegen ihr. Weil wir noch hier sind. Weil wir uns erinnern – und weil wir wieder aufbauen. Weil die Freude an diesem Land unsere Antwort auf diejenigen ist, die versucht haben, uns auszulöschen.
Jude zu sein bedeutet, beide Tage in seiner Seele zu tragen. Von einer Beerdigung zu einem Fest zu gehen – und zu wissen, dass beides heilig ist. Zu singen, auch wenn die Stimme bricht. Wieder aufzubauen, wenn die Hände noch bluten. Wir sind nicht verwirrt. Wir sind uns im Klaren. Trauer und Freude sind keine Gegensätze. Sie sind Partner. Sie halten sich gegenseitig fest. Sie stärken sich gegenseitig.
Das bedeutet es, Jude zu sein. Israeli zu sein.
Mehr als dreitausend Jahre Leid zu tragen – und sich dennoch für das Leben zu entscheiden. Die Gefallenen zu begraben – und die Flagge zu hissen. Mit der Nation zu weinen – und dann mit ihr zu tanzen.
Das sind wir. Das waren wir schon immer. Das werden wir immer sein.
Ein Volk, das sich erinnert.
Ein Volk, das sich erhebt.
Ein Volk, das lebt.
Auf Englisch zuerst erschienen bei Arutz Sheva. Übersetzung Audiatur-Online.