Was wird aus den israelischen Geiseln?

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Ariel und Kfir Bibas. Foto Gideon Markowicz/TPS
Ariel und Kfir Bibas. Foto Gideon Markowicz/TPS
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Es ist ein Drehbuch für ein zermürbendes Drama – nur ist es kein Film: Das Setting, das Hamas und Israel zur Freilassung von 33 Geiseln vereinbarten, lässt wöchentlich ein ganzes Land die Luft anhalten.

von Andrea Krogmann

Erneut haben sich Israel und die Hamas auf eine Abweichung von ihrem Waffenstillstandsabkommen geeinigt, das am 19. Januar in Kraft trat. Am Samstag werden sechs statt wie vereinbart drei lebende Geiseln aus dem Gazastreifen freigelassen, wie das Büro des israelischen Ministerpräsidenten am Dienstagnachmittag bestätigte. Zudem sollen die Leichen von vier getöteten Geiseln bereits am Donnerstag nach Israel zurückgeführt werden.

Seit 19. Januar hält Israel den Atem an: Über 42 Tage, so das Abkommen zwischen den Kriegsparteien, sollen 33 Geiseln freigelassen werden: 3 an dem Sonntag, an dem der Waffenstillstand in Kraft trat, vier am Samstag darauf und dann jeden Samstag drei weitere; die letzten 14 Geiseln am letzten Tag von Phase eins des Abkommens.

33 Namen stehen auf der vereinbarten Liste: 21 Männer, 2 Kinder und 10 Frauen, darunter 5 Soldatinnen. Acht von ihnen sind nach Hamas-Angaben tot. Wer zu welchem Zeitpunkt freikommt – und in welchem zahlenmässigen Schlüssel Israel im Gegenzug palästinensische Gefangene freilässt: Auch das regelt das Abkommen. Beobachter warnten von Anfang an vor seiner Komplexität und vor möglichen Fallstricken, die zu seinem frühzeitigen Scheitern führen könnten.

Die Hamas verpflichtete sich, jeweils 24 Stunden zuvor die Namen der Freizulassenden zu veröffentlichen – und brach diese Verpflichtung gleich bei der ersten vereinbarten Freilassung. Erst am Morgen des 19. Januar übermittelte sie die Namen an Israel. Der Waffenstillstand trat daher mit knapp drei nervenaufreibenden Stunden Verspätung in Kraft.

Auch am 25. Januar hielt sich die Hamas nicht an die Vereinbarung. Statt zuerst die zivilen Geiseln freizulassen, entliess sie vier der fünf Soldatinnen in die Freiheit. Im Gegenzug blockierte Israel die vereinbarte Rückkehr von Gaza-Bewohnern in den Norden des Gazastreifens. Beide Parteien verhandelten nach – und einigten sich auf eine ausserplanmässige Freilassung, bei der nicht nur drei israelische Geiseln von der Liste, sondern zusätzlich fünf ebenfalls verschleppte thailändische Gastarbeiter nach Israel zurückkehrten.

Drei weitere Freilassungen seit Anfang Februar verliefen wie vereinbart – auch wenn die Hamas noch einmal für Luftanhalten sorgte, als sie am 10. Februar ankündigte, vorerst keine weiteren Israelis mehr freizulassen und dies mit israelischen Verletzungen des Abkommens begründete. Am Ende vermittelten Ägypten und Katar eine Einigung. Auch am 15. Februar übergab die Hamas drei Geiseln an das Internationale Rote Kreuz.

Vier tote Geiseln

Während die meisten Geiseln in einem den Umständen entsprechend guten Gesundheitszustand zurückkehrten, schockierten die Bilder des 8. Februar. Abgemagert und in augenscheinlich schlechtem Zustand kehrten Or Levi, Ohad Ben-Ami und Eli Scharabi zurück, was bei vielen, israelischen Politikern eingeschlossen, Vergleiche mit Holocaust-Überlebenden nach sich zog. Dies und die eindringliche Warnung der befreiten Geiseln, dass für die verbliebenen Geiseln die Zeit ablaufe, dürfte den Druck in Israel erhöht haben, die weiteren Freilassungen zu beschleunigen.

Unter den vier toten Geiseln, deren sterbliche Überreste am Donnerstag zur Rückführung übergeben werden sollen, sind laut unbestätigten Berichten die beiden jüngsten Geiseln, Kfir und Ariel Bibas, und ihre Mutter Shiri, ebenfalls unbestätigten Berichten zufolge deutsch-israelische Doppelbürger.

Die Leichen der letzten vier Geiseln auf der 33er-Liste sollen in der nächsten Woche nach Israel zurückkehren. Dann werden noch immer 59 Geiseln in der Gewalt islamistischer Gruppen im Gazastreifen sein. Auch von ihnen sind nach Einschätzung der israelischen Armee mindestens 28 bereits tot. Ihre Freilassung ist für die zweite Phase des Waffenstillstandsabkommens vorgesehen.

Die Verhandlungen über ihre Bedingungen sollen jetzt beginnen, erklärte Israels Aussenminister Gideon Sa’ar am Dienstag vor ausländischen Medien. Sein Land fordere dazu eine „vollständige Entwaffnung des Gazastreifens“. Eine fortgesetzte Präsenz der Hamas oder anderer terroristischer Organisationen im Gazastreifen werde man nicht akzeptieren.

KNA/akr/brg

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