Erdbeben-Forscher in Israel: Boden-Sensoren können vor Terror-Angriff warnen

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Eine aus dem Gazastreifen in den Süden Israels abgefeuerte Rakete trifft Aschkelon, 7. Oktober 2023 Foto Edi Israel/Flash90
Eine aus dem Gazastreifen in den Süden Israels abgefeuerte Rakete trifft Aschkelon, 7. Oktober 2023 Foto Edi Israel/Flash90
Lesezeit: 5 Minuten

Der Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 hätte durch israelische Erdbeben-Forscher erkannt werden können. Monate nach dem Anschlag hat die Auswertung der Sensoren im weiteren Umfeld von Gaza ergeben, dass zwischen 6.00 Uhr und 6.30 Uhr an jenem Morgen grössere Erderschütterungen zu verzeichnen waren, ausgelöst durch schwere Geräte wie Bulldozer und LKWs. Für die Zukunft will man die Sensoren so einstellen und nutzen, dass geplante grosse Terrorangriffe von Seismologen frühzeitig erkannt werden.

Eine bahnbrechende Studie auf dem Gebiet der forensischen Seismologie, die von Forschern der Universität Tel Aviv durchgeführt wurde, hat die seismische Signatur der Bewegung der Hamas-Streitkräfte vor dem Angriff vom 7. Oktober erkannt. Forscher der Abteilung für Geophysik der Porter School of the Environment and Earth Sciences der Universität Tel Aviv und der Sackler Faculty of Exact Sciences analysierten kürzlich Daten, die an drei seismischen Stationen im Süden Israels aufgezeichnet wurden.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Stationen am Morgen des 7. Oktober, etwa eine halbe Stunde vor dem tödlichen Terroranschlag, schwaches, aber weit verbreitetes, von Menschen verursachtes seismisches Rauschen registrierten. Die Forscher führen diese anomalen seismischen Ausschläge auf die ungewöhnliche Bewegung schwerer Fahrzeuge innerhalb des Gazastreifens zurück, die bis zu 20 Minuten vor dem Durchbruch der Grenzanlagen auf verschiedene Punkte entlang des israelischen Zaunes zusteuerten.

Die Forscher erklären, dass forensische Seismologie häufig zur Überwachung konventioneller und nuklearer Explosionen eingesetzt wird. Dies ist jedoch das erste Mal in der Geschichte, dass schwache Bodenbewegungen, die aus Vorbereitungen für einen Terroranschlag resultieren, durch Analyse der Eigenschaften des seismischen Rauschens, das durch den Autoverkehr verursacht wird, identifiziert wurden. Die Forscher betonen jedoch, dass die Erkenntnisse dieser Bewegungen in Gaza erst Monate nach dem Angriff erfolgten.

Die Studie unter der Leitung von Dr. Asaf Inbal wurde in The Seismic Record, einer Zeitschrift der Seismological Society of America, veröffentlicht. Dr. Inbal erklärt: „Der israelische Geologische Dienst betreibt ein landesweites Netzwerk aus Dutzenden hochempfindlicher Seismometer, die kontinuierlich Bodenbewegungen überwachen. Dieses Netzwerk ist in erster Linie dazu gedacht, Erdbeben zu erkennen und zu lokalisieren und vor starken Bodenerschütterungen zu warnen. Drei Stationen des Netzwerks – in den Orten Amazia, Ktsiot und Yatir, zwischen 30 und 50 Kilometer von Gaza entfernt – zeichneten jedoch am frühen Morgen des 7. Oktober 2023 ungewöhnliche seismische Geräuschpegel auf.

Dieses Geräusch kann mit Sicherheit der Fahrzeugaktivität in Gaza zugeschrieben werden, als sich Hamas-Terroristen für den Angriff versammelten. Der Zeitraum lag zwischen 6:00 und 6:30 Uhr, bevor der Raketenbeschuss begann. Die Wahrscheinlichkeit, dass die aufgezeichneten Signale aus Gaza stammten, liegt bei über 99,9 Prozent.“ Obwohl die Seismometer darauf ausgelegt sind, extrem schwache Bodenbewegungen zu erfassen, weist Dr. Inbal darauf hin, dass die Möglichkeit, das seismische Rauschen mit den Fahrzeugbewegungen in Gaza in Verbindung zu bringen, durch die geringen seismischen Hintergrundgeräuschpegel erleichtert wurde. Denn in den frühen Morgenstunden dieses Samstags herrschte wegen des jüdischen Simchat Tora-Festes auch im Süden Israels Ruhe.

Die Eigenschaften des von Gaza ausgehenden und von den israelischen Stationen erfassten Lärms hätten sich grundlegend von denen unterschieden, die an denselben Stationen an den vorherigen Samstagen während dieser Stunden aufgezeichnet wurden.

Es wurden drei Jahre Daten des israelischen Stationstrios analysiert, die im selben Zeitraum wie dem vor dem Angriff aufgezeichnet wurden. „Wir fanden keinen Fall eines Samstagmorgens, an dem an allen drei Stationen über 10 Minuten korrelierte Amplituden aufgezeichnet wurden“, erklärte Dr. Inbal. Es sei wichtig zu beachten, dass diese Stationen weit auseinander liegen und jede Station in erster Linie auf seismisches Rauschen reagiert, das durch menschliche Aktivitäten in der Nähe erzeugt wird.

Am Morgen des Angriffs, als die lokale Aktivität in der Nähe der Stationen minimal war, seien einzigartige weit verbreitete seismische Ausschläge zu erkennen, die mit der Zeit vor dem Angriff monoton zunahmen. Keine bekannte natürliche oder menschliche Quelle auf der israelischen Seite hätte seismische Signale mit einer Verteilung und Intensität erzeugen können, die denen ähnelt, die den Bewegungen der Hamas zugeschrieben werden. Obwohl das Open-Air-Musikfestival in der Nähe von Re’im einige seismische Geräusche erzeugte, zeige die Analyse, dass diese Geräusche weder der Stärke noch der Lage der Geräuschquellen entsprechen, die vom israelischen seismischen Netzwerk am 7. Oktober aufgezeichnet wurden.

Die Auswertung der Daten ergibt auch, dass die seismischen Geräusche um 6:00 Uhr morgens begannen und sich mit der Annäherung des Angriffs verstärkten. Gelegentlich enthielten die Geräusche kurze Ausbrüche, die stark genug waren, um ihre Quelle zu lokalisieren und ihren Verlauf zu verfolgen. Die Lage und Intensität dieser Quellen in Gaza deuten darauf hin, dass sich in den 30 Minuten vor dem Angriff Fahrzeuge innerhalb von Gaza nach Süden und Norden bewegten, von Rafah im Süden bis zum Grenzübergang Erez im Norden.

„Wir haben eine gute Auflösung entlang der Salah al-Din Road, einer Hauptverkehrsstrasse, die Gaza von Rafah im Süden nach Beit Lahia im Norden durchquert“, sagt Dr. Inbal. „Wir können mit grosser Sicherheit bestätigen, dass sich ihre Streitkräfte auf dieser Route mit einer Geschwindigkeit von 25 bis 50 km/h bewegten. Beobachtungen von Stationen Dutzende Kilometer von der Grenze zu Gaza entfernt deuten auf Konvois schwerer Fahrzeuge wie Bulldozer und Lastwagen mit Terroristen hin.

Drei Minuten vor Beginn des Angriffs wurden Geräuschquellen registriert, die das nördliche Ende von Gaza in der Nähe von Beit Lahia und das südliche Ende in der Nähe von Khan Yunis erreichten. Gleichzeitig sind Signale aus dem Zentrum von Gaza in der Nähe von Nuseirat empfangen worden.

Heute ist bekannt, dass der Angriff entlang der gesamten Grenze fast gleichzeitig begann. Diese seismischen Beobachtungen liefern also weitere Beweise für den umfangreichen Einsatz von Hamas-Kräften, die wahrscheinlich den gleichzeitigen Durchbruch des Grenzzaunes ermöglichten“, betonte der Wissenschaftler. Er geht davon aus, dass dieses neue Wissen zu einer erweiterten Nutzung solcher Werkzeuge sowohl für Sicherheits- als auch für industrielle Zwecke führen werde.

PorträtGodelsommer20

Über Godel Rosenberg

Journalist, Autor, High­techunternehmer. Godel Rosenberg war Pressesprecher der CSU und von Franz Josef Strauß, Fernsehjournalist, TV­-Moderator und Repräsen­tant des Daimler­-Konzerns in Israel. Von 2009 bis 2018 war Godel Rosenberg der Repräsentant Bayerns in Israel.

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1 Kommentar

  1. Das scheint eine super Sache zu sein mit dieser Art, Seismologie zu nutzen. Allerdings wird sie absolut nutzlos sein, wenn diejenigen, die aufgrund derartiger Signale Alarm schlagen, wieder mit Exkommunikation und Schlimmerem bedroht werden, weil es den Obersten grad nicht in den Kram passt, auf Warnungen zu reagieren. Die Einwohner Israels haben das Vertrauen in ihr System am 7. Oktober weitgehend verloren. Die Einwohner Israels wurden von den Oberen nicht beschützt, weil diese sich gerade und wiederholt irgendwelchen psychedelischen egomanischen Blitzzuckungen in ihrem Weltbild hingegeben hatten. Ich bezweifle, dass Israels Obrigkeit dieses brutalst verlorene Vertrauen wieder wir herstellen können.

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