Der jüdische Exodus aus den arabischen Ländern

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Jüdisches Kaufhaus in Kairo, das am "Schwarzen Samstag" 25. Januar 1952 verbrannt wurde. Foto PD
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Jüdische Gemeinden existieren im Nahen Osten und in Nordafrika seit der Zeit nach der Zerstörung des Salomonischen Tempels im Jahr 586 v. Chr, also seit mehr als 2.500 Jahren. Mit der muslimischen Eroberung der Region im 7. Jahrhundert n. Chr. wurden die Juden als Untertanen zweiter Klasse angesehen, dennoch wurden ihnen begrenzte Möglichkeiten in der Religionsausübung, der Ausbildung, im Berufs- und Geschäftsleben zugestanden. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts lebten rund eine Million Juden in dieser Region. Heute sind davon weniger als 3 Prozent übrig, die hauptsächlich im Iran und Marokko leben.

Nach der Gründung des Staates Israel im Jahr 1948, als praktisch alle arabischen Länder Israel den Krieg erklärten oder den Krieg gegen Israel unterstützten, veränderte sich die Lage der Juden in den arabischen Ländern dramatisch. Die Ablehnung des jüdischen Staates von Seiten der arabischen Welt löste eine vorsätzliche Zunahme der staatlich legitimierten Diskriminierung und des Missbrauchs durch die arabischen Regierungen und ihre Bürger aus, was den Aufenthalt der Juden in den arabischen Ländern schlicht unhaltbar machte.

In vielen Fällen vertrieben die arabischen Regierungen ihre einheimische jüdische Bevölkerung als Teil einer Kampagne, die diskriminierende Gesetzgebung, Aberkennung der Staatsbürgerschaft, Einschränkungen der Bewegungsfreiheit, willkürliche Festnahmen und erzwungene Inhaftierung sowie den Ausschluss von Tätigkeiten im öffentlichen Dienst miteinschlossen. Das jüdische Eigentum, das während dieser Vertreibungen von den arabischen Regierungen konfisziert wurde, wird aus heutiger Sicht auf zig Milliarden geschätzt.

Es gab fast doppelt so viele jüdische Flüchtlinge wie palästinensische Flüchtlinge, und der Wert des jüdischen Eigentums, der während dieser Vertreibungen von den arabischen Regierungen beschlagnahmt wurde, wird auf mindestens 50 Prozent höher geschätzt, als die von den palästinensischen Flüchtlingen verlorenen Vermögenswerte. Doch das Schicksal der jüdischen Flüchtlinge wurde nicht weitreichend bekannt gemacht. Das liegt hauptsächlich daran, dass sie nicht lange Flüchtlinge blieben. Von den Hunderten von Tausend jüdischen Flüchtlingen zwischen 1948 und 1972 wurden etwa zwei Drittel mit grossem Aufwand nach Israel umgesiedelt. Keiner von ihnen erhielt eine Entschädigung in irgendeiner Form von den arabischen Regierungen, die ihren Besitz beschlagnahmt hatten.

Im Jahr 1967 nahm der UN-Sicherheitsrat einstimmig die Resolution 242 an, die fordert, dass eine umfassende Friedensregelung „eine gerechte Lösung des Flüchtlingsproblems“ beinhalten muss. Dabei wird kein Unterschied zwischen arabischen und jüdischen Flüchtlingen gemacht. In den bilateralen Abkommen mit den arabischen Nachbarstaaten hat Israel das Thema der Flüchtlinge auch mit aufgenommen. In den Camp-David-Abkommen von 1978 verpflichteten sich Israel und Ägypten, „miteinander und mit anderen interessierten Parteien zu arbeiten, um vereinbarte Verfahren für eine rasche, gerechte und dauerhafte Lösung der Umsetzung des Flüchtlingsproblems zu etablieren“, und der israelisch-ägyptische Friedensvertrag von 1979 entschied, finanzielle Forderungen ebenfalls zu begleichen. Die „massiven menschlichen Probleme, für beide Parteien durch den Konflikt im Nahen Osten verursacht“, werden im Absatz über Flüchtlinge im israelisch-jordanischen Friedensvertrag von 1994 zitiert.

Nach internationalem Recht führt jede Menschenrechtsverletzung zum Recht auf Wiedergutmachung. Das Recht steht sowohl dem Opfer als auch den Anspruchsberechtigten des Opfers zu. Die Pflicht zur Wiedergutmachung fällt auf den Staat, der für die Menschenrechtsverletzungen verantwortlich ist.

Während den zwei jüngsten palästinensisch-israelischen Verhandlungen wurde die Frage eines „internationalen Friedensfonds“ als ein wesentlicher Bestandteil eines jeden umfassenden Nahost-Friedensplans aufgeworfen. Solch ein Fond würde vier Ziele verfolgen: Erstens würde er ausreichende finanzielle Mittel für die Entwicklung einer Infrastruktur für einen neuen palästinensischen Staat, einschliesslich Krankenhäuser, Schulen und Strassen, zur Verfügung stellen. Zweitens würde er Finanzmittel für Israel bereitstellen, um sichere Verteidigungslinien entlang der neuen Grenzen, so, wie sie von beiden Staaten vereinbart werden, einzurichten. Drittens würde er eine Entschädigung für alle Flüchtlinge, sowohl jüdische als auch arabische, die Opfer des arabisch-israelischen Konflikts waren, gewähren. Viertens würde er rückwirkend Länder wie Israel (für jüdische Flüchtlinge) und Jordanien (für Palästinenser) entschädigen, die Anstrengungen und Ressourcen eingesetzt haben, um Flüchtlinge aufzunehmen.

Heute sind israelischen Bürger zum Grossteil Nachkommen von Juden, die aus arabischen Ländern vertriebenen worden waren. Die Rechte dieser jüdischen Flüchtlinge (und ihrer Nachkommen) sollten anerkannt und durch angemessene Massnahmen wie einen internationalen Fond adressiert werden, als Teil jeglicher umfassender Verhandlungen, um die allgemeine Flüchtlingsfrage zu lösen.

Eine solche Lösung würde eine Verbindung zwischen dem jüdischen und dem palästinensischen Flüchtlingsproblem schaffen und für beide Seiten eine ganzheitliche, umfassende und gerechte Lösung der Flüchtlingsfrage bieten.

Zusammenfassung der Originalversion: The Jewish Exodus from Arab Lands: Toward Redressing Injustices on All Sides by Aharon Mor and Orly Rahimiyan © Jerusalem Center for Public Affairs, September 11, 2012