Ban Ki-moon – Eine billige Profilierung auf Kosten Israels

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Ban Ki-moon mit Mahmoud Abbas in Ramallah. Foto UN Photo/Rick Bajornas
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Vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat sich der UN-Generalsekretär mit einer Philippika gegen Israel zu profilieren versucht und den palästinensischen Terror als «natürliche Reaktion» eines «unterdrückten Volkes» auf die «Besatzung» verharmlost. Dass er ausgerechnet damit Sympathiepunkte zu sammeln versuchte, ist bezeichnend – und symptomatisch für die Verfasstheit der Uno.

Man tut Ban Ki-moon wohl nicht unrecht, wenn man sich auf den Standpunkt stellt, dass der UN-Generalsekretär bislang nicht gerade durch Tatkraft und Ideenreichtum von sich reden gemacht hat. Der Südkoreaner, der seinen Posten seit neun Jahren innehat, kommt ohne nennenswertes Profil daher, und wollte man seine Amtsführung mit einem Motto charakterisieren, läge «Verwalten statt Gestalten» jedenfalls nicht fern. Möglicherweise ist sich der 71-Jährige seiner mangelnden Kontur jetzt plötzlich selbst bewusst geworden und hat daraufhin beschlossen, mit einem möglichst markigen Statement wenigstens einmal für Furore zu sorgen. Nach einem Thema musste er dabei nicht lange suchen, denn bei den Vereinten Nationen ist bekanntlich nichts so populär wie die «Israelkritik». Also ergriff Ban auf der Sitzung des Sicherheitsrates Ende Januar das Wort und donnerte: «Die fortgesetzten Siedlungsaktivitäten sind ein Affront gegenüber den Palästinensern und der Weltgemeinschaft. Sie stellen Israels Bekenntnis zur Zweistaatenlösung grundsätzlich in Frage.» 150 neue Häuser seien eine «Provokation, darauf angelegt, die Zahl der Siedler zu vergrössern». Damit würden «die Spannungen erhöht» und «alle möglichen Fortschritte untergraben».

Zwar versäumte es der Generalsekretär nicht, die palästinensischen Messerattacken und Raketenangriffe kurz pflichtschuldig zu verurteilen. Doch das nahm er sofort wieder zurück, indem er grosses  Verständnis für den Terror äusserte. «Der Frust der Palästinenser wächst unter der Last von einer schon seit einem halben Jahrhundert andauernden Besatzung und einem gelähmten Friedensprozess», sagte Ban. «Wie unterdrückte Völker in der Geschichte immer wieder gezeigt haben, liegt es in der menschlichen Natur, auf Besatzung zu reagieren, die oft als mächtiger Brutkasten für Hass und Extremismus dient.» Tiefe «Entfremdung» und «Verzweiflung» stehe hinter den Anschlägen auf Israelis. Frust, Besatzung, unterdrücktes Volk, menschliche Natur, Entfremdung, Verzweiflung – für Ban Ki-moon sind die Palästinenser ausschliesslich Opfer, die gar nicht anders können, als zum Terror zu greifen, und die für ihre Taten deshalb auch nicht in die Verantwortung zu nehmen sind. Eine bemerkenswert schlichte Weltsicht.

Kritik aus Israel: «Ban ermuntert den Terror»
Die deutliche Kritik des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu und von Israels UN-Botschafter Danny Danon hatte sich Ban dann auch redlich verdient. «Es gibt keine Rechtfertigung für Terror», erklärte Netanjahu. «Die palästinensischen Terroristen wollen keinen eigenen Staat aufbauen, sondern einen anderen zerstören, und das geben sie auch stolz zu.» Ihr Ansinnen sei es, Juden zu töten – überall. «Sie morden nicht für den Frieden, und sie morden auch nicht für die Menschenrechte.» Danon sagte: «Der Generalsekretär ermuntert den Terror, statt ihn zu bekämpfen.» Zudem knöpfte er sich den UN-Sicherheitsrat vor. Zwölf Resolutionen gegen Terrorismus habe dieses Gremium in den vergangenen vier Monaten  verabschiedet, so Danon, doch kein einziges Mal finde sich darin auch nur ein Wort über den Terror gegen Israel: «Keine Verurteilung, keine Solidarität, nicht mal eine Erklärung, dass der Sicherheitsrat sich Sorgen mache.»

Ban Ki-moon legte derweil nach, und zwar in einem Gastbeitrag für die «New York Times» mit dem Titel «Don’t Shoot the Messenger, Israel». Darin wiederholte und bekräftigte er im Wesentlichen das, was er bereits auf der Sitzung des Sicherheitsrates gesagt hatte: Niemand könne bestreiten, dass das tägliche Leben unter israelischer Besatzung «Wut und Verzweiflung» provoziere, was dann zu «Gewalt und Extremismus» führe und die Hoffnung auf eine Zweistaatenlösung unterminiere. Die israelischen Siedlungen würden ausgebaut, während die Palästinenser im Westjordanland damit rechnen müssten, dass ihre Häuser zerstört werden. Die Besatzung sei «erniedrigend», und die Geschichte habe bewiesen, dass die Menschen dagegen immer Widerstand leisten werden. Nötig sei eine vereinigte demokratische palästinensische Regierung unter dem Dach und nach den Prinzipien der PLO, was eine Absage an den Terrorismus einschliessen müsse.

Kein Ausdruck von Verzweiflung, sondern Antisemitismus
Man hat diese Art von Argumentation, diese Verdammung des jüdischen Staates, diese Schuldzuweisung an Israel unzählige Male gehört, sie entspricht dem globalen Mainstream, der sich in den Vereinten Nationen bündelt wie in keiner anderen Organisation. Insofern ist es nur folgerichtig, wenn auch der UN-Generalsekretär sie bedient, um sich zu profilieren. Das kostet nichts und bringt weltweit reichlich Sympathiepunkte.  Richtiger wird diese Sichtweise dadurch gleichwohl nicht. Es mag aussichtslos erscheinen, ihr zum wiederholten Male zu widersprechen, aber es ist erst recht keine Alternative, sie einfach hinzunehmen. Also sei erneut festgehalten: Sowohl die Hamas als auch die Fatah – und mit ihnen ein erheblicher Teil der Palästinenser – betrachten ganz Israel als illegale Siedlung. Ihnen geht es nicht um 150 Häuser in Ariel, Carmel oder Gush Etzion, sondern um die «Befreiung ganz Palästinas» von den Juden. Eine Anerkennung Israels als jüdischer Staat kommt für sie deshalb unter keinen Umständen in Frage.

Die Terrorangriffe sind deshalb auch kein Ausdruck von Wut und Verzweiflung über eine erniedrigende Besatzung, sondern antisemitische Taten, die sich gegen die schiere Existenz und Präsenz von Juden richten. Mahmud Abbas, der längst nicht mehr legitimierte Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, hat immer wieder deutlich gemacht, dass Zugeständnisse für ihn lediglich ein taktisches Mittel sind, die dem perspektivischen Ziel einer Kein-Staat-Israel-Lösung dienen. Um seine Pläne nicht zu gefährden, spricht er sich von Zeit zu Zeit gegen die Anwendung von Gewalt aus, während er es sich gleichzeitig nicht nehmen lässt, regelmässig den «gerechten Kampf» der palästinensischen «Märtyrer» gegen die Juden zu preisen und Israel beispielsweise zu unterstellen, den Tempelberg erobern und die Al-Aksa-Moschee zerstören zu wollen. Abbas will ein Anwachsen und Erstarken der arabischen Minderheit in Israel erreichen – schon um den Druck hinsichtlich der «Rückkehr» der «Flüchtlinge» zu erhöhen –, während gleichzeitig in den palästinensischen Gebieten keine Juden leben können sollen.

Er weiss, dass er die Vereinten Nationen und ihren Generalsekretär dabei grundsätzlich auf seiner Seite hat. Nicht der antisemitische palästinensische Terror hat Ban Ki-moon zu einer Brandrede vor dem UN-Sicherheitsrat veranlasst, sondern der Bau von ein paar Häusern. Der Mord an Juden ist für ihn kein nennenswertes Friedenshindernis, die Erweiterung von Siedlungen dagegen ein «Affront gegenüber der Weltgemeinschaft». Den Terror hält Ban letztlich bloss für die «natürliche Reaktion» eines «unterdrückten Volkes» auf die «Besatzung», was automatisch dazu führt, dass jede israelische Verteidigungsmassnahme als Ausdruck von Unterdrückung gesehen wird. «Si tacuisses, philosophus mansisses», könnte man Ban Ki-moon zuzurufen geneigt sein, aber damit täte man ihm womöglich zu viel der Ehre an. Schweigend wäre er jedoch immerhin der konturlose UN-Generalsekretär geblieben, den man gewohnt ist. Das wäre in diesem Fall nicht die schlechteste Alternative gewesen.

Über Alex Feuerherdt

Alex Feuerherdt ist freier Autor und lebt in Köln. Er hält Vorträge zu den Themen Antisemitismus, Israel und Nahost und schreibt regelmässig für verschiedene Medien unter anderem für die «Jüdische Allgemeine» und «Mena-Watch». Zudem ist er der Betreiber des Blogs «Lizas Welt». Gemeinsam mit Florian Markl ist er Autor von »Vereinte Nationen gegen Israel«, erschienen bei Hentrich & Hentrich 2018.

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