Antisemitische Untertöne: Ein Blick in die SRF Kommentarspalten zur Israel-Berichterstattung

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Symbolbild. Foto SRF/Oscar Alessio
Symbolbild. Foto SRF/Oscar Alessio
Lesezeit: 4 Minuten

Am 5. November 2024 veröffentlichte Susanne Brunner auf SRF News (Schweizer Radio und Fernsehen) eine «Analyse» über die Entlassung des israelischen Verteidigungsministers Joav Galant durch Premierminister Benjamin Netanjahu. Darin beschreibt sie die Entscheidung als «politisches Manöver» während der US-Wahlen. Der Kommentarteil unter dem Artikel wurde danach zum Schauplatz von an Antisemitismus grenzenden Unterstellungen und verschwörungstheoretischen Behauptungen.

Brunners Text wirkt wie eine schlecht getarnte Meinungsmache, die gezielt versucht, die israelische Führung als irrational und extremistisch darzustellen, während sie die komplexen Hintergründe und Bedrohungen, denen Israel gegenübersteht, fast vollständig ignoriert. Die Entlassung von Joav Galant wird als «Coup» während der US-Wahlen dargestellt, als wäre es nur ein machtpolitisches Manöver von Benjamin Netanjahu, um die Aufmerksamkeit zu umgehen. Brunner schafft es dabei, die sicherheitspolitischen Gründe komplett auszublenden und sich stattdessen an suggestiven Begriffen wie «ultrareligiös» und «rechtsradikal» abzuarbeiten.

In den Kommentaren zeigt sich dann ein schockierendes Mass an Ignoranz und selektiver Empörung. Einige Kommentatoren werfen mit Begriffen wie «Genozid» um sich, als wäre es eine Tatsache. Der Vergleich Israels mit Nazi-Deutschland, wie in mehreren Beiträgen insinuiert, ist abscheulich und relativiert den Holocaust und ist unter Umständen sogar justiziabel. Solche Vorwürfe sind unverantwortlich, und sie tragen nur dazu bei, die öffentliche Meinung gegen Israel und Juden aufzuwiegeln.

Einige Beispiele aus den SRF-Kommentaren, die an Antisemitismus grenzen oder verschwörungstheoretische Elemente aufweisen:

Kommentar von Charles Grossrieder
«Vielleicht war BN‘s (Benjamin Netanjahu, Anm.d.Red.) Geste ein Zeichen, dass er (und die Seinen) wohl wussten wer gewinnen wird und den zukünftigen POTUS und die Welt daran zu erinnern wer schlussendlich die Fäden des Westens in der Hand hat. Die Mächtigen der Wall Street.»

Diese Aussage klingt nicht nur verschwörungstheoretisch, sondern greift auch klassische antisemitische Stereotype auf, indem sie impliziert, dass «die Juden» bzw. Israel die Macht über westliche Finanzzentren wie die Wall Street ausüben und somit die politische Landschaft der USA kontrollieren. Solche Aussagen sind nicht nur realitätsfern, sondern bedienen tief verwurzelte, gefährliche Vorurteile.

Kommentar von Paul Wagner
«Israel hat eine radikale Regierung und betreibt radikale Politik… Netanjahu ist ein gewiefter und ruchloser Politiker. Er weiss genau, dass vor einer Wahl in den USA niemand die jüdische Lobby verärgern will und niemand so genau hinschaut.»

Wagner impliziert hier, dass die «jüdische Lobby» einen derart dominanten Einfluss auf die US-Politik hat, dass amerikanische Politiker bereit sind, Israel unangetastet zu lassen. Auch hier wird ein antisemitisches Stereotyp bedient, das Juden bzw. Israel als eine manipulative, mächtige Gruppe darstellt, die die internationalen Geschehnisse im Hintergrund steuert.

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Foto Screenshot SRF

Kommentar von Albert Planta
«Netanjahu und seine rechtsextreme Compagnons wollen ein Grossisrael und sie sind diesem Ziel näher als je. Donald Trump wird sie tatkräftig unterstützen.»

Planta skizziert eine verschwörungstheoretische Vorstellung eines «Grossisrael»-Projekts, das angeblich unter voller Unterstützung von Donald Trump umgesetzt wird. Der Mythos von einem «Grossisrael» ist seit Jahrzehnten eine Erzählung in antisemitischen Kreisen, die darauf abzielt, Israel als expansiv und rücksichtslos darzustellen, ohne eine Basis in der Realität zu haben.

Kommentar von Paul Wagner
«Wir brauchen mehr Ehrlichkeit! Der Westen schaut zu und macht immer noch nichts. Es ist der erste Völkermord, der live im TV miterlebt werden kann – und der Westen schaut zu und macht immer noch nichts.»

Wagner wirft «dem Westen» vor, bewusst die Augen vor einem angeblichen «Völkermord» zu verschliessen, der live im Fernsehen übertragen wird. Diese Rhetorik impliziert, dass westliche Regierungen und Medien kollektiv mitschuldig sind, indem sie Israels «Verbrechen» absichtlich ignorieren. Dies ist eine manipulative Darstellung, die auf antisemitische Vorwürfe anspielt, die Juden in aller Welt würden von einer stillen Zustimmung profitieren.

Hitler war lieb zu Tieren

Ein besonders auffälliges Beispiel ist der folgende Kommentar von Paul Wagner:

«Ich glaub kaum dass das zur Ehrenrettung ausreicht. Das ist so wie wenn man bei Hitler oder Stalin sagen würde: ‚Er war aber lieb zu Tieren.‘ A apropos Tiere… Gallant hat die Palästinenser pauschal als Tiere bezeichnet und von deren Ausrottung gesprochen!»

Hier zieht der Kommentator eine direkte Parallele zwischen israelischen Politikern und Adolf Hitler oder Josef Stalin. Solche Vergleiche sind nicht nur historisch deplatziert, sondern bagatellisieren die Verbrechen des Nationalsozialismus und dienen dazu, Israel moralisch gleichzusetzen mit einem der schlimmsten Regime der Menschheitsgeschichte. Yoav Gallant bezeichnete zudem am 9. Oktober 2023 die Hamas-Terroristen als «menschliche Tiere» und die Äusserung richtete sich spezifisch gegen die Mitglieder der Hamas und nicht pauschal gegen alle Palästinenser.

Ein weiterer Kommentar von Wagner zeigt ebenfalls eine problematische Rhetorik:

«Und was ich als besonders schockierend empfinde und bis vor einigen Jahren wohl auch selbst nicht für möglich gehalten hätte, ist dass ausgerechnet die Juden, die als Opfer unsägliches Leid erduldet haben, nun selbst solches Leid verbreiten.»

Ein Satz, der suggeriert, dass Israel – und durch die pauschale Verknüpfung auch «die Juden» – sich wie ihre einstigen Peiniger verhalten. Ein schrecklicher Versuch, Israel moralisch zu delegitimieren und die Opferrolle des Holocaust gegen die jüdische Gemeinschaft zu wenden.

Der von jedem Schweizer finanzierte Kommentarbereich von SRF scheint zu einer Plattform für antiisraelische, teilweise antisemitische Rhetorik mit stereotypen Darstellungen und verschwörungstheoretischen Unterstellungen verkommen zu sein. Eine Schande!

3 Kommentare

  1. Herr Raffa, ich verstehe Ihre Aufregung nicht.
    Für die Kommentare unter ihrem Text ist Frau Brunner ja wohl nicht verantwortllich – sie hat sogar Ihren Angriff auf sie vom 6. November stehen lassen. Daran sehen sie, dass sie für eine Pluralität von Meinungen steht, wie es jeder gute Demokrat sollte. Ihr Artikel mag einseitig sein, aber das ist eigentlich selbstverständlich, denn wie jeder andere Mensch hat sie das Recht auf eine Meinung, ebenso wie die Leute, die ihren Artikel kommentieren. Das ist nun mal das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung. Es mag Ihnen nicht gefallen, dass sich dort auch Meinungen finden, die Ihrer eigenen widersprechen, aber so wie ich müssen sie es als liberaler Mensch aushalten. Eine Kommentarseite ist nun mal ein Spiegel der Gesellschaft. Wenn sie die Gesellschaft ändern wollen, nützt es Nichts, den Spiegel abzudecken. Im Gegenteil.

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