Der Tunnelblick von Pfarrer Dettwiler

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In einer theologischen Zeitschrift hat kürzlich Rolf Schieder, Professor für Theologie an der Berliner Humboldt-Universität, im Blick auf die Debatte über das sogenannte „Kairos-Palästina-Dokument“ geschrieben: „Es ist die geschwisterliche Pflicht der europäischen Christen, ihre palästinensischen Schwestern und Brüder nachdrücklich auf die Gefahren eines theologischen Antijudaismus aufmerksam zu machen.“

Er hebt dabei darauf ab, dass dieses Dokument, verfasst von einigen palästinensischen Christen, eine problematische Linie der Enterbungstheologie und der gezielten Herabsetzung der Juden fortführt, obwohl derartiger theologisch-christlicher Antijudaismus in vielen Kirchen mit Recht in Misskredit gekommen ist. Ebenso ist darauf hinzuweisen, dass dieser Text nur von Privatleuten verfasst und ausdrücklich nicht von einer kirchlichen Körperschaft veröffentlicht worden ist. Gleichwohl haben ihn Funktionäre des Weltkirchenrats und einzelne Regionalkirchen so lanciert, als handle es sich hier um eine offizielle Stellungnahme im Namen aller palästinensischen Christen.

Diese propagandistische Strategie kirchlicher Funktionäre für das „Kairos-Palästina“-Papier hat auf der Internetseite der Refomierten Kirche im Kanton Zürich auch Pfarrer Peter Dettwiler betrieben. Als Beauftragter für Ökumene, Mission und Entwicklung empfindet er offenbar eine solche Obsession für dieses Pamphlet, dass die Webseite seiner Fachstelle nun mit Dokumenten und Erklärungen zum „Kairos-Palästina“- Papier bestückt ist. Vergeblich sucht man da kritische Analysen, die es reichlich gibt. Allein die wohl schlecht übergehbare kritische Stellungnahme des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbunds findet sich. Aber natürlich durfte die Stimme eines Rabbiners nicht fehlen, der so seine Kritik an Israel international platzieren kann. Rabbiner Jeremy Milgrom gehört der linksextremen, antizionistischen und ausdrücklich pro-palästinensischen Organisation „Rabbiner für Frieden“ an.  Mit anderen Worten: Der ideologische Tunnelblick von Pfarrer Dettwiler sorgt dafür, dass auf der offiziellen Internetseite der Reformierten Landeskirche im Kanton Zürich ein kritischer Diskurs nicht stattfindet.

Der vorläufig letzte Text auf dieser Seite erscheint so, als spräche er für die Reformierte Landeskirche im Kanton Zürich  (Titel: „Kairos-Palästina und die Landeskirche“). Da setzt nun der kirchliche Funktionär der Propaganda für Mitri Raheb (Hauptverfasser des Pamphlets „Kairos-Palästina“) und andere Fundraiser des europäisch-christlichen Schuldkomplexes die Krone auf.  Er spricht von „den besetzten Gebieten Israels/Palästinas“ (ähnlich wie die Hamas, die freilich das Wort „Israel“ nicht in den Mund nimmt, sondern nur vom besetzten Palästina spricht und dabei das ganze Staatsgebiet Israels meint). Welche Gebiete Israels sind für Pfarrer Dettwiler besetzt?

Der Text unterschlägt, dass im Unterschied zu den arabisch-muslimischen Ländern und auch im Unterschied zu den Gebieten der Palästinensischen Autonomiebehörde gerade in Israel Christen nicht bedrängt werden, sondern Religionsfreiheit geniessen und an absoluten Zahlen gemessen sogar stark zugenommen haben. Dass der Exodus von Christen aus Bethlehem hingegen rasant ist und ihr Bevölkerungsanteil drastisch abgenommen hat, ist wahr. Doch zu unterstellen, dass Israel dafür die Schuld trägt, ist einfach einfältige Propaganda. Von ähnlicher unkritischer Apologetik für das Kairos-Pamphlet strotzt der Text auch sonst. Man kann der Reformierten Kirche im Kanton Zürich nur raten, sich nicht durch Pfarrer Dettwiler zum Sprachrohr einer Handvoll politisch revisionistisch und theologisch antijüdisch eingestellter palästinensischer Christen machen zu lassen. Das lenkt nämlich von der Wahrnehmung der wirklich verfolgten und bedrängten Christen in Staaten mit muslimischer Mehrheit ab.

Ekkehard W. Stegemann

4 Kommentare

  1. Sehr geehrter Herr Guyer
    P. Dettwilers übernimmt die "Irrtümer und Auslassungen" des Kairos-Papier, wie u.a. : Das Ausblenden der rechtlichen Grundlagen Israels und der auf Israels Vernichtung ausgerichteten Politik von Hamas/Fatah sowie die Unterdrückung der wirklichen Christen im sog.Westjordanland durch die muslimische Mehrheit inkl.Behörden.
    Zum Thema "Besetzung" : Die Balfour-Erklärung von 1917 wurde an der Konferenz von San Remo 1920 auf eine internationale Rechtsbasis gestellt. Es folgte das Völkerbundmandat für Palästina (England), das die Verwaltung der den Juden versprochenen "Heimstätte" bis zu einer eigentlichen Staatsgründung übernehmen sollte. 1922 trennte jedoch England widerrechtlich 77% des Gebiets ab und schuf Transjordanien, einen Palästinenserstaat. Da die Araber 1947 den Teilungsvorschlag der UN ablehnten, sind die Grundlagen von 1920 nach wie vor rechtsgültig! Israel belegt heute noch 12% des ursprünglich zugesagten Territoriums. 1949 annektierte Jordanien widerrechtlich Judäa und Samaria sowie Ostjerusalem, machte diese Gebiete "judenrein" und zerstörte Synagogen und xtausend Grabstätten auf dem Oelberg. Jerusalem wurde für Juden gesperrt. Erst 1967 konnte Israel diese ihm gehörenden Gebiete ZURÜCKerobern. Das zum Thema "Besetzer". Die völlig antiisraelische UNO hat übrigens gerade durch Stellungnahmen zu Israel jede Glaubwürdigkeit verloren.
    Kairos macht Täter zu Opfern und das Opfer (Israel) zum Täter. Lesen Sie die Charta von Hamas/Fatah – deren Inhalte (neben Koran etc.) Israels Existenz verneinen (apropos Menschenrechte….) – was leider enorme Sicherheitsmassnahmen bedingt (Schutzmauer, Checkpoints etc.) Kairos verdreht Ursache und Wirkung. Alle Flughäfen auf der Welt sind Terrorrisiken ausgesetzt und deshalb gibt es die Sicherheitskontrollen. So geht es Israel. Frieden gibt es für den Islam erst, wenn Israel ausgelöscht ist. Wie der Mufti von Jerusalem im Jan.2012 proklamierte, ist es für Moslems Pflicht, Juden zu töten. Das ist für Israel die blutige Realität und das völlig einseitig gegen Israel ausgerichtete Papier schafft es, dieses Grundproblem zu verschweigen!! Man darf sich nicht von der frommen und Tränendrüsen aktivierenden "Verpackung" von Kairos täuschen lassen. Der Inhalt ist eine gezielte Hetze gegen Israel.
    Wenn sich der Geist der Wahrheit aus Kirchen zurückzieht, dann kann sich Kairos einnisten…

  2. Sehr geehrter Herr Stegemann,
    ja, Sie haben Recht: Gleich am Anfang seines Papiers spricht Peter Dettwiler von den Christen "in den besetzten Gebieten Israels/Palästinas", doch es bleibt Ihre polemische Unterstellung, dass er dies im Sinne der Hamas tue. Gibt es denn für Sie keine Besetzung der palästinensischen Gebiete? Reisen Sie doch einmal dahin und überzeugen Sie sich selbst wie die Palästienser da immer mehr von den Siedlern und der Armee bedrängt und verdrängt werden. Davon spricht doch das Kairos Paier. Es wäre fair, wenn Sie wirklich auf dessen Inhalt eingehen würden und nicht nur polemisch ein paar Stellen aufgreifen würden.
    Danke für Ihren Hinweis, dass die Stellungnahme von Jeremy Milgram auf der Website von OeME Zürich aufgeschaltet ist, nicht wie ich meinte, im Papier von P.Dettwiler erwähnt. Ich habe das Papier von Milgram gelesen, kann darin allerdings nichts von "international platzierter Kritik an Israel" finden sondern im Gegenteil die Kritik am Papier, dass "eine Mehrheit der Juden" ein Problem habe mit einigen Aussagen des Papiers. Auch die übrigen aufgeschalteten Dokumente würdigen das Kairos Papier durchaus auch kritisch.
    Das Papier von Peter Dettwiler kann ich leider nicht mehr auf der Website finden. Es wurde offensichtlich auf Druck hin (von wem?) von der Seite genommen. Druck und Polemik – damit wird einer sachlichen Diskussion und letztlich auch Israel kein Dienst erwiesen.
    Hansruedi Guyer

  3. Sehr geehrter Herr Guyer

    Könnten Sie einmal erklären, welche Dokumente Sie meinen? Das Kairos-Palästina-Papier gibt jedenfalls als AutorInnen an: "eine Gruppe christlicher Palästinenser und Palästinenserinnen". Man kann daraus nicht, wie Sie es tun, "alle Kirchen Jerusalems" herauslesen. Die wenigen Verfasser tun zwar so, als ob sie für alle sprechen. Die meisten Kirchen würden sich das schwer verbitten. Zudem findet sich in dem Dokument von Dettwiler "Kairos-Palästina und die Landeskirche" die Wendung, die ich zitiert habe: "Bedrängte Christen in den
    besetzten Gebieten Israels/Palästinas". Sie haben auch nicht sorgfältig meinen Text gelesen. Denn es ging in dem Zusammenhang, in dem ich Milgrom erwähnt habe, nicht um das Papier von Dettwiler, sondern um die Webseite, die er auf der offiziellen Homepage der Reformierten Kirche Zürichs unterhält und wo er (abgesehen vom SEK-Text) nur Stellungnahmen sammelt, die unkritische Lobhudeleien sind.
    Vielleicht überprüfen Sie Ihre Aussagen nochmals an den Fakten. Das würde zu einer konstruktiven Diskussion beitragen. Ich empfehle Ihnen: Einfach mal etwas Abstand nehmen, Texte sorgfältig lesen, Fakten beachten und erst dann eine Meinung verbreiten.
    Ekkehard W. Stegemann

  4. Bitte, Herr Stegemann, diese unsachliche Polemik ist nun wirklich nicht "audiatur et altera pars". Sie gehen gar nicht auf das Dokument von Peter Dettwiler ein und schon gar nicht auf das "Kairos Papier". Hinter dem Kairos Papier stehen nicht ein paar Privatpersonen sondern alle Kirchen Jerusalems – das kommt sehr sehr selten vor!
    Peter Dettwiler spricht nirgends von den "besetzten Gebieten Israel/Palästinas". Es ist billige Polemik, ihn dann gleich mit der Hamas in einen Topf zu werfen. Die von Israel besetzten Gebiete (das sind sie doch, Herr Stegemann) werden allerdings auch von der UNO als "Occupied Palestinaian Territory" bezeichnet. Und sogar Ariel Sharon hat von den besetzten Gebieten gesprochen. Peter Dettwiler jedoch erwähnt das Menschenrechtsprogramm der Kirchen "in der Westbank"
    Ich kann auch nirgends sehen, dass Jeremy Milgram zitiert wird, wohl aber Albert Einstein. Jeremy Milgram gehört übrigens zur israelischen Friedensbewegung der "Rabbis for Human Rights", nicht "Rabbis for Peace".
    Sie haben offensichtlich Peter Dettwilers Dokument kaum gelesen und auch nicht wahrgenommen, wie sehr er den Ruf nach gewaltlosem Widerstand und nach Versöhnung im Kairos Papier hervorhebt. Ihre einseitige Polemik ist eines Theologen unwürdig. Doch ich gebe Ihnen Recht, wie Sie es hier auf Ihrer Website schreiben: "Beleidigungen und Verleumdungen tragewn nicht zu einer konstruktiven Diskussion bei"
    Hansruedi Guyer

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