Der Einzug der Moderne in Wokers Welt

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Wie Caesars Gallien in drei Teile zerfiel, so gibt es im Wesentlichen drei Arten von Nahost-Journalisten. Es gibt solche, die die komplexe Geschichte und Gegenwart der Region kennen und sich nicht zu einseitigen Schuldzuschreibungen verleiten lassen. In der Schweiz, aber auch andernorts findet man wenige von dieser Art. Dann gibt es solche, die einseitige Schuldzuschreibungen vornehmen, aber jedenfalls im eigenen Namen auftreten. Dazu gehört etwa die antiisraelische Grosskritikerin Claudia Kühner. Die dritte Art ist die, zu der der NZZ-Ressortleiter und ehemaligen IKRK-Delegierte Martin Woker zählt. Er weiss, wie Claudia Kühner, wer an allem Schuld ist. Aber dieses Vor-Urteil möchte er auf keinen Fall im eigenen Namen und mit eigener Begründung dem geneigten Publikum vortragen.  Bescheiden wie er ist, lässt er immer Experten sprechen. Natürlich vermeidet er es, die ausgewiesenen Schweizer Nahost-Politiker wie Geri Müller und Daniel Vischer zu bemühen. Die sind zwar in jedem Fall seiner Meinung – oder er ihrer. Aber das macht sich nicht so gut; denn die gehören nicht zu denen, die als unbestrittene Zeugen gelten können. Der Geri hat Israel dummer Weise in einem beobachteten Augenblick einen „terroristischen Staat“ und der Daniel im selben Zusammenhang einen „Schurkenstaat“ genannt. Aber solchen Extremismus mag man nicht in der NZZ,  die  ja immer noch unsere alte bürgerliche Tante liest. Was sich darum anbietet, auch wenn es ganz und gar nicht originell ist, ist, dass man Juden und Israelis zumal zitiert, um sich Luft zu machen.

Wokers Artikel „Einzug der Moderne in Palästina“ in der NZZ vom 30. Juli ist ein Paradebeispiel für diese gedankenarme und uncouragierte Methode seiner Israelkritik. Der Leser begegnet hier Yossi Sarid, Tony Judt und Moshe Zuckermann. Die Berufung auf sie langweilt eigentlich schon länger. Aber Woker wollte es unbedingt seinem Publikum auch noch einmal sagen, weil er das, was er zu sagen hat, nicht ohne sie zu sagen wagt. Dafür dürfen eigene originelle Gedanken oder rhetorisch begabte Wendungen, also das, was wir in einer NZZ früher erwarteten, fehlen. Bis auf eine Ausnahme. Woker erklärt Max Nordaus berühmte Wortschöpfung „Muskeljude“ zu der des israelischen Historikers Zuckermann. Natürlich muss ein für Nahost zuständiger Ressortleiter nicht das ABC der Geschichte des Zionismus und Israels kennen. Nur hätte er es gekannt, wie noch ein Raini Meier, dann hätte er vielleicht nicht eine ironische Pointe im innerzionistisch-innerisraelischen Diskurs antiisraelisch instrumentalisiert. Doch nach Woker „hält die Moderne Einzug in Arabien – auch in Palästina“. Wenn zu Palästina auch Gaza zählt und zu Arabien auch der Libanon, fragt man sich nur, was die dort herrschenden Kräfte wie Hamas und Hisbollah so Modernes vertreten. Wer triumphal am Ende eines Artikels ausruft: „Die Moderne hält in Arabien Einzug – auch in Palästina“, hat allerdings noch mehr nicht verstanden: weder von der Moderne noch von Arabien noch von den gegenwärtigen Entwicklungen in arabischen Staaten.


2 Kommentare

  1. Dieser Kommentar zu Martin Woker ist eine schändliche Attacke, die nicht unwidersprochen bleiben darf. Wer sich im Medienbetrieb auskennt, der weiss nämlich, dass gerade im Fall von Israel bekannte Experten und Kenner zitiert werden müssen, weil man sonst schlicht als Antisemit betitelt und verunglimpft wird. Tony Judt zu zitieren, macht insofern absolut Sinn, denn Judt war selber Jude, lebte selber in Israel und war ein absolut brillanter Kopf – traurig, dass er so früh gehen musste.
    Es ist wohl kein Zufall, dass diese Hetzerei gegen Martin Woker nicht namentlich gezeichnet ist. Martin Woker seinerseits zeichnet immer mit seinem Namen.

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