Faezeh Hashemi und Frauensport im Iran

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Im Vorfeld der Parlamentswahlen im März 2012 ist das iranische Regime in den vergangenen Wochen hart gegen Journalisten und Aktivisten vorgegangen. Faezeh Hashemi, die bekannte Tochter des ehemaligen Präsidenten Ayatollah Akbar Rafsanjani, ist ein weiteres Beispiel dafür wie das Regime seine eigenen Leute auffrisst; sie gehörte ebenfalls zu den angegriffenen Aktivisten. Am 3. Januar wurde sie zu sechs Monaten Gefängnishaft verurteilt, weil sie Propaganda über die Islamische Republik verbreitet hatte. Die Anklage beruhte auf ihren Kommentaren, die sie im April 2011 gegenüber einer oppositionellen Nachrichtenquelle gemacht hatte, und das Regime bezichtigte, von „Gangstern und Hooligans“ geführt zu werden. Zu verschiedenen Gelegenheiten wurde Hashemi selbst von Sicherheitskräften belästigt. Teil ihrer Strafe ist ein fünf Jahre gültiges Verbot, an politischen und organisationalen Aktivitäten teilzunehmen. Sie kann Berufung einlegen, doch das Regime möchte sie – und im weiteren Sinn ihren Vater – im Vorfeld der März-Wahlen ruhig halten. De facto ist sie eine Geisel.

Der interessante iranische Film Salam Rugby (2010) dokumentiert Hashemis Belästigungen und zeigt in der letzten Szene einen Angriff auf sie. (Dieser Vorfall ist in einem Clip auf Persisch auf YouTube zu sehen). Wie der Filmtitel andeutet, verfolgt Salam Rugby die Entwicklung von Frauen-Rugbymannschaften im Iran mit. In vielen Ländern gilt Rugby als kontroverser Sport für Frauen, weil er die traditionellen Vorstellungen physischer Fähigkeiten von Frauen, ihre mentale Zähigkeit und Verhaltensnormen herausfordert. Für die Mullahs überschreitet Rugby im Iran eindeutig die Grenzen und sie geben ihr Bestes, den Sport zu hintertreiben. Im Film sagt eine Spielerin, dass die Hürden, die ihnen in den Weg gestellt werden, nur eine andere Form der „geistigen Folter“ sind. Ein Coach wurde aus seiner Position abgezogen, nachdem ihm juristische Massnahmen und Anklage wegen Prostitution angedroht worden waren, wenn er sich auch nur auf 10 Metern seinen Spielerinnen nähern würde. Eine andere Mannschaft konnte innerhalb von sieben Jahren nur zweimal an Spielen teilnehmen.

Interviews mit Hashemi sind im Film eingearbeitet. Auf viele Weise ist sie die Patin des Frauensports in der Islamischen Republik. Selbst Athletin hat sie sich als Vorsitzende der islamischen Frauensportvereinigung in den frühen 1990er Jahren für das Recht der Frauen, Zugang zu Sporteinrichtungen und Wettbewerben zu haben, eingesetzt. Aus dieser Position heraus hat sie den Zutritt für Frauen zu Schwimmbädern, Tennis- und Golfplätzen ausweiten können. Sie hat Radwege für Frauen in den Parkanlagen von Teheran eingerichtet, auch wenn die Konservativen die Vorstellung von Rad fahrenden Frauen besonders stört. Auch hat sie für Frauen den Weg zur Teilnahme an internationalen Wettkämpfen geebnet. Dennoch bleibt Frauensport – nicht nur Rugby – im Iran kontrovers.

Im Film spricht Hashemi darüber, wie der Frauensport seit der Wahl Ahmadinejads 2005 leidet. Frauen sehen sich mit immer mehr Hindernissen konfrontiert was die Ausübung angeht, darunter strengere Einschränkungen ihrer Kleidung, ihre Coaches und Trainer; auch der Zugang zu adäquaten Sporteinrichtungen, Wettbewerbsligen und Spielen wird immer weiter beschränkt. Hashemi beschreibt auch, wie 2006 die Verwaltung des Männer- und Frauensports unter einer Dachorganisation zusammengefasst wurde. Das hat Frauen aus Kontrollinstanzen der Organisation hinaus auf die Ersatzbank verbannt, sie in rein administrative Rollen gedrängt und von Entscheidungen ausgeschlossen.

Auch auf internationaler Ebene sahen sich iranische Frauen mit zunehmenden Einschränkungen konfrontiert. Im Juni 2011 hat die FIFA die iranische Frauen-Fussballmannschaft von ihrem letzten Qualifikationsspiel in Jordanien für die Olympischen Spiele in London 2012 ausgeschlossen. Die Kopftücher, die die Frauen auf Anordnung des Regimes tragen, erachtet die FIFA als Verstoss gegen die Kleidervorschriften des Verbandes. Die iranischen Spielerinnen waren am Boden zerstört und ihr Coach sagte, dass dies das letzte Mal gewesen sei, dass sie zu einem Spiel ausserhalb Irans antreten dürften. Während nun die Debatte darüber wütet, ob der FIFA-Entscheid fair war (er schien gleichermassen politisch motiviert gewesen zu sein wie auch die Kleidervorschriften aufrechtzuerhalten zu wollen), fällt der Frauensport – im weiteren Sinn Frauenrechte – im Iran weiter zurück.

 

Vom CFR.org. Nachdruck mit freundlicher Genehmigung. Für weitere Analysen und Blogeinträge über den Nahen Osten und Aussenpolitik, besuchen Sie CFR.org.

Originalversion: Faezeh Hashemi and Women’s Sports in Iran by Isobel Coleman © Council on Foreign Relations, January 20, 2012. Deutsche Übersetzung © Audiatur-Online.