Der Mörder, ein Held

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Screenshot von FB: Das Bild zeigt den freigelassenen Issa Abed Rabbo mit seiner Mutter. Im Kommentar zum Foto heisst es: "...This photo was talking to me and said "Stop thinking about your life and be thankfull". Essa said to me, without speaking that I should enjoy the freedom that he and more than 5,000 Palestinians in Israeli jails paid for .."
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Letzte Woche wurden in einer zweiten Phase weitere 26 verurteilte palästinensische Mörder aus israelischen Gefängnissen freigelassen. Das ist Teil der Vereinbarung der aktuellen Friedensverhandlungen zwischen Israel und der Palästinensischen Autonomiebehörde PA. Zwei weitere Etappen stehen noch aus, sodass am Ende insgesamt 104 verurteilte Palästinenser freikommen.

Und dann? Was bleibt ausser dem Jubel der palästinensischen Familien, die ihre Liebsten wieder um sich haben und der Trauer der israelischen Familien um ihre getöteten Ehemänner, Söhne und Töchter? Es wird den Friedensprozess sicherlich keinen Schritt weiter bringen, darauf setzen wohl auch Palästinenser keine Hoffnung mehr: „Aber wenn Gefangene freigelassen werden, ist das besser als nichts.“, so sieht es eine junge Palästinenserin. Damit gibt Monika Bolliger (NZZ, 31.10.2013) der Freude der palästinensischen Familien eine Stimme, die Trauer der israelischen Familien bleibt ungehört, wieder einmal.

Doch hält Bolliger Phrasen bereit, die sie wie Schnellbausteine einfügen kann, um dem Kriterium der Ausgewogenheit in scheinbar minimalster Form zu genügen. Beinahe wortgetreu wiederholt sie, was sie bereits am 13. August über die Emotionen vieler Israelis zur Freilassung schrieb. War die Freilassung in der ersten Phase noch „schwer zu verkraften“, so ist sie nun in der zweiten Phase „schwer zu verdauen“ und immer „protestierte man gegen den Entscheid.“

Da der Leser von Frau Bolliger weder über die verurteilten Palästinenser noch über die Opfer etwas erfährt, nachfolgend nun einige Angaben zu Menschen, die bejubelt und betrauert werden. Namen haben sie beide, Täter und ihre Opfer.

In der zweiten Phase wurden u.a. folgende Häftlinge freigelassen:

Damouni Saad Mohammed Ahmed: Er wurde 1990 verhaftet und wegen Beteiligung am brutalen Mord an Amnon Pomerantz zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt. Amnon Pomerantz (46 Jahre) befand sich im IDF-Reservedienst im Gazastreifen. Auf seinem Weg zur Armeestützpunkt bog er falsch ab und fuhr ins Al Burj Flüchtlingslager, wo eine Gruppe Palästinenser sein Auto erst mit Steinen bewarf, es dann mit Benzin übergoss und mit Amnon Pomerantz im Wagen anzündete.

Massoud Issad Rajib Amer: Mitglied der Volksfront zur Befreiung Palästinas, gehörte einer Gruppe Terroristen an, die Ian Feinberg 1993 ermordeten. Feinberg (damals 30 Jahre alt) war Anwalt, der in palästinensischer Wirtschaftsentwicklung involviert war. Während eines Geschäftstermins in Gaza City, stürmte eine Gruppe Terroristen den Raum und verkündete, sie seien „gekommen, den Juden zu töten.“ Mit Schüssen und einer Axt brachten sie Feinberg um. Amer wurde zudem für den Mord an drei Palästinensern verurteilt, die der Kollaboration mit Israel verdächtigt wurden.

Tukeman Yusuf Mahemd, Abu Hanana Zakariya Udia Usama und Abdel-Azis Said Kassam: Sie wurden 1992 wegen Mordes an Moshe Biton und versuchten Mordes seiner Frau Mali verurteilt. Als Moshe Biton einen Mini-Markt an der Strasse von Jenin zur Jezreel-Kreuzung betrat, schossen sie auf ihn und trafen ihn tödlich und verletzten seine Frau, als diese ihrem Mann zu Hilfe kommen wollte.

Samarin Mustaga Kalib Asrar und Kra’an Azat Musa: zwei Fatah-Terroristen, die wegen Entführung und Ermordung des israelischen Soldaten Tzvi Klein im Westjordanland 1992 zu lebenslanger Haftstrafe verurteilt wurden.

Abu-Dahlia Hasan Atik Sharif: Mitglied der Fatah aus dem Westjordanland wurde 1992 wegen Mordes an Avi Osher (40 Jahre) verhaftet und zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Im Juni 1991 wurde Osher, Verwalter eines Dattelhains im Moshav Mesu’a, von Abu Dahlia niedergestochen; die beiden haben 15 Jahre miteinander gearbeitet.

Gnimat Amar Mahmad Mustafa und Gnimat Mahmoud Mahmad Ziad: Beide Mitglieder der Fatah wurden 1985 verhaftet und zu lebenslanger Haft wegen Mordes an zwei Israelis – Ben Yair (33) und Michal Cohen (32) – verurteilt, die in einem Auto im Messu’a Wald nähe Beit Shean sassen.

Yusef Hazaa und Beni-Hasan Abdalla Mahmud Otman: beide erhielten 1985 eine lebenslange Haftstrafe für den Mord an den beiden Zivilisten Yosef Eliyahu (35) und Leah Almakayis (19), die im Wald der Gilboa Berge wandern waren. Yosef Eliyhau wurde aus nächster Nähe erschossen und Leah Almakyis erwürgt.

Ashur Masbach Khalil Mohamed: Er wurde 1985 für den Mord an dem israelischen Taxifahrer David Kaspi (33) zu einer 30-jährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Zusammen mit zwei Komplizen erschoss er Kaspi, als dieser die Männer in seinem Taxi durch Shuafat fuhr. Während seiner Haftzeit hat Mohamed einen anderen Mithäftling angegriffen und verletzt.

Abed al Rabbo Nimr Jabril Issa: 1984 ermordete er die beiden Studenten Revital Seri (22) und Ron Levy (23) auf einer Wanderung. Abed Rabbo griff sie an, fesselte sie und erschoss sie aus nächster Nähe mit einer gestohlenen Waffe.

Sabbag Ahmed Mahmud Mohmed: Er wurde 1991 festgenommen und zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Er folterte und ermordete drei Palästinenser (Hassan Katbia, Lutfi Sa’adi und eine weitere Person), die der Kollaboration mit Israel verdächtigt waren.

In den sozialen Netzwerken trifft man auf eine Mischung aus Dankbarkeit und Bewunderung für die freigelassenen Palästinenser; und das unter einer Generation, die jünger ist als die Freigelassenen an Jahren im Gefängnis verbracht haben. Weshalb sie einst verurteilt wurden, scheint nebensächlich oder vergessen. Solange Generation über Generation weiterhin Mord als das Mittel verstehen, Freiheit und Veränderung zu erreichen, müssen die Hoffnungen auf einen guten Ausgang der Friedensverhandlungen schwinden – und zwar auf beiden Seiten.

© Sandra Hoffmann

1 Kommentar

  1. Ich glaube schon seit langem nicht mehr daran, dass die Friedens-verhandlungen etwas bringen. Denn eine Gemeinschaft die sich dermaßen erhaben fühlt über alle andere Gemeinschaften (so ähnlich steht es im Koran) ist zu Kompromissen nicht fähig. Dazu müssten sie den Islam reformieren (oder ihn verlassen). Wenn der Islam sich weiterhin so zeigt, wie er es in den letzten 8 bis 10 Jahrzehnten tut, dann werden die Moslime – meist ohne eigene Schuld – bei den westlichen Völker immer verhasster. Wollen sie das, bitte. Wenn nicht, dann müssen sie eine Änderung erreichen. Sonst gibt es keine Verständigung weder zwischen Israel u. "Palästina" noch zwischen der isl. Welt und dem Westen. Ich weiss, dass es nicht wenige Muslime gibt die so denken, nur können sie das in ihren Ländern nicht äussern, ohne sich in Lebensgefahr zu bringen.
    lg
    caruso

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