Ahmadinejad darf nicht ignoriert werden

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Mahmud Ahmadinejad an der Colombia Univsersity Foto: Daniella Zalcman/wikimedia.org

Im Vorfeld zum Internationalen Holocaust-Gedenktag am 27. Januar haben einige ausgezeichnete Artikel eine Parallele zwischen dem Holocaust und der Bedrohung durch eine iranische Atombombe gezogen. Doch es gibt eine weitere Parallele, die genauso beunruhigend ist: die Gleichgültigkeit der Welt der kompromisslosen Anstiftung zum Völkermord gegenüber – damals von Hitler, heute vom iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinejad.

Der Holocaust-Leugner Ahmadinejad lässt keine Gelegenheit aus, dazu aufzurufen, „Israel von der Landkarte zu tilgen.” Da Israel nicht beseitigt werden kann, ohne dabei ein Grossteil seiner 7,8 Millionen Einwohner zu ermorden, ist das ein offensichtlicher Aufruf zu einem Massenmord. Dennoch wurde er von der EU noch nie zur persona non grata erklärt oder  seine Anstiftung zum Völkermord vom Internationalen Strafgerichtshof untersucht; stattdessen wurde er in vielen Teilen des „aufgeklärten“ Westens gefeiert – die Columbia University lud ihn zum Vortrag ein und die liebedienernde Schweizer Aussenministerin Micheline Calmy-Rey zu einer gemeinsamen Pressekonferenz.

Doch das Schweigen der internationalen jüdischen Gemeinschaft zu diesem Thema ist weitaus beunruhigender und steht im krassen Gegensatz zu ihrem Aktivismus, zum Beispiel im Hinblick auf die sowjetischen Juden, wie Professor Shlomo Avineri aufgezeigt hat.

„Mit Demonstrationen vor russischen Botschaften, peinlichen Fragen zur Ausreisefreiheit auf allen Pressekonferenzen führender Sowjets im Westen, und auf –zig anderen Wegen“, merkt Avineri an, haben es jüdisches Aktivisten geschafft, die sowjetische Weigerung zur jüdischen Auswanderung zu einer Belastung des Regimes zu machen.  Doch mit dem Iran haben sie das nicht gemacht, obwohl es „keinen Grund gibt, warum nicht vor iranischen Botschaften auf der ganzen Welt Demonstrationen stattfinden sollten, und warum iranische Botschafter nicht überall, wo sie hinkommen, von Menschen mit Plakaten begleitet werden könnten, auf denen steht: Holocaust-Leugner raus!“.

Vielleicht hat dies mit der weitverbreiteten Stimmung zu tun, dass Worte weniger zählen als Taten – denn schliesslich waren jüdische Gruppen aktiv und konnten westliche Regierungen davon überzeugen, härtere Massnahmen dem iranischen Atomprogramm gegenüber zu ergreifen. Doch Ahmadinejads Aufruf zum Völkermord zu ignorieren, ist ein schwerer Fehler, und zwar aus zwei Gründen:

Erstens hat die Geschichte mehrfach gezeigt, dass Diktatoren, die von ihrer Absicht sprechen, Juden zu ermorden, oft genau das meinen, was sie sagen. Hitler, der seine Absichten 14 Jahre vor dem Beginn des Zweiten Weltkriegs kristallklar in Mein Kampf darlegte, ist nur der bekannteste. Und es gilt nicht allein für Juden: Aufhetzung steht am Anfang der meisten Völkermorde; darum ist Aufhetzung zum Völkermord ein international strafbares Verbrechen, das zu einigen Verurteilungen führte, insbesondere in Verbindung mit dem Völkermord in Rwanda 1994.

Darüber hinaus jedoch sollten Juden weltweit über die Abstumpfung besorgt sein, die eintritt: wenn permanent der Völkermord proklamiert wird, ohne dass das irgendjemandem eine verurteilende Reaktion entlockt, werden Ahmadinejads Aufrufe „Tötet die Juden“ schrittweise akzeptiert.

Kürzlich war im Tablet Magazine eine erschreckende Analyse von Adam Kirsch zu lesen: wie sich nämlich die Rhetorik „Juden kontrollieren Amerika“ von einer Randerscheinung zum akzeptierten Mainstream des amerikanischen Diskurses verschoben hat, und das innerhalb nur weniger Jahre. Aufrufe zum Massenmord mögen etwas länger brauchen, um zum Mainstream zu werden. Doch kritiklos hingenommen, wird Ahmadinejads Aufruf zum Völkermord eines Tages auch in der Mitte angekommen sein.

Dass er nicht gänzlich zum Paria geworden ist, macht deutlich, dass seine Rhetorik bereits von zu vielen „Aufgeklärten“ aus dem Westen akzeptiert wird.

Originalversion: Ignoring Ahmadinejad’s Calls for Jewish Genocide is a Grave Mistake by Evelyn Gordon © The Commentary Magazine, January 25, 2012.

3 Kommentare

  1. Dass das iranische Regime ein antisemitisches ist und Israel in seiner Existenz bedroht, ist eine Tatsache, aus der die iranische Führung gar keinen Hehl macht.
    Schon beim Revolutionsführer Chomeini läßt sich anhand seiner programmatischen Bücher ein übrigens von den deutschen Nationalsozialisten stark beeinflußter Antisemitismus feststellen, so in seinem Buch "Der islamische Staat" von 1971. Empfohlen sei an dieser Stelle das grundlegende Werk des Politikwissenschaftlers Matthias Küntzel, Die Deutschen und der Iran, zur Geschichte der deutsch-iranischen Beziehungen und zum Charakter des iranischen Regimes.
    Zu Ahmadinejads Tiraden vgl. u.a. http://www.jcpa.org/text/ahmadinejad2-words.pdf
    und Yigal Carmon, The Role of Holocaust Denial in the ideology and Strategy of the Iranian Regime, Middle East Media Research Institute (MEMRI), Inquiry and Analysis Series, Nr. 307, 15. Dezember 2006 sowie Y. Mansharof und A. Savyon, Escalation in the Positions of Iranian President Mahmoud Ahmadinejad – A Special Report, in: MEMRI, Inquiry & Analysis – Iran, Nr. 389, 17. September 2007, S. 1 f.
    Dass die iranische Führung den Besitz der Atombombe anstrebt und auch atomwaffenfähige Langstreckenraketen entwickelt, bezweifelt weder die internationale Gemeinschaft noch die zur Kontrolle des Atomwaffensperrvertrages zuständige IAEA, die internationale Kontrollbehörde, in ihrem Bericht von November letzten Jahres. Einem Regime, das einem UN-Mitglied wie Israel mit der Vernichtung droht, sollte selbst die friedliche Nutzung von Kernenergie bestritten werden, denn grundsätzlich ist es von dort aus nur ein kleiner Schritt zur Bombe.
    Israel hat den Besitz von Atomwaffen erstens nie bestätigt,und zweitens sollte man eine demokratisch legitimierte israelische Regierung nicht auf eine Stufe stellen mit einer islamistischen Diktatur, die täglich schwerste Menschenrechtsverletzungen begeht, Minderheiten verfolgt, Oppositionelle foltert und den Terrorismus weltweit fördert.

  2. Welche iranische Atombombe? Atomwaffen hat in der Region nur Israel. Der Iran hat den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnet. Dieser Vertrag garantiert seinen Unterzeichnern das Recht auf die friedliche Nutzung der Kernenergie und verpflichtet die kernwaffenbesitzenden Staaten, die Nichtbesitzer dabei zu unterstützen. Die Verfasserin möge sich einwenig an die Wahrheit halten.

  3. Die Verfasserin des Beitrags argumentiert auf der Grundlage der von westlichen Medien verfälschten Rede Ahmadinedschads.Ausserdem scheint keinerlei fundierte Kenntnis der europäischen Geschichte des verganganan Jahrhunderts vorhanden zu sein.
    Ein schädlicher Beutrag,den man auch drastischer bezeichnen könnte.

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