Rami Aman: Aus dem Hamas-Gefängnis zur Friedensstimme

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Foto Rami Aman
Foto Rami Aman
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In einem seltenen Video-Interview, veröffentlicht von der Genfer Menschenrechtsorganisation UN Watch, schildert der aus Gaza stammende Friedensaktivist Rami Aman, wie die Hamas Medien kontrolliert, die UNRWA unterwandert, internationale Hilfsgüter plündert – und wie eine Amnesty-International-Mitarbeiterin zu seiner Verhaftung beitrug.

Aman, Gründer des Gaza Youth Committee, wurde im April 2020 von der Hamas inhaftiert, nachdem er eine Zoom-Konferenz zwischen jungen Palästinensern und 300 Israelis organisiert hatte. „Wir sprachen über das Coronavirus, nicht über Ein- oder Zwei-Staaten-Lösungen. Wir sprachen darüber, wie wir einander helfen können“, erinnert er sich.

Einen Tag später wurde er verhaftet – nachdem die damalige Amnesty-Mitarbeiterin Hind Khoudary, heute Reporterin bei Al Jazeera, öffentlich seine Festnahme gefordert hatte.

„Hamas kontrolliert die Medien“

Aman beschreibt, wie die Hamas systematisch jede Form von innerpalästinensischem Protest unterdrückt:

„Von 2011 bis 2019 organisierte ich Demonstrationen gegen Hamas. Die grösste war im Januar 2017, als wir forderten, dass Hamas die Stromkrise löst und Arbeitsplätze schafft. Sie schossen auf uns – und kein Medium berichtete darüber. Warum? Weil Hamas die Medien in Gaza und ausserhalb kontrolliert.“

Auch der Katar Sender Al Jazeera sei Teil dieses Systems:

„Kein Palästinenser in Gaza vertraut Al Jazeera. Hamas lässt keine Proteste für Frieden zu. Aber sobald in Israel demonstriert wird, sind die Kameras da. Der Druck soll immer von Israel kommen, nicht aus Gaza.“

UNRWA als Hamas-Struktur

Besonders brisant sind Amans Aussagen zur UNRWA, dem Hilfswerk der Vereinten Nationen für palästinensische Flüchtlinge:

„Wenn du nicht Hamas bist, bekommst du keinen Job bei UNRWA. Seit 2009 kontrolliert Hamas die Angestellten-Syndikate und stellt sicher, dass nur ihre Leute reinkommen.“

Hilfsgüter, die ausdrücklich mit „Not for Sale“ gekennzeichnet sind, landen nach seinen Angaben auf den Märkten:

„Die humanitäre Hilfe wird in Gaza verkauft – in Läden und Shops, und jeder sieht es. Es steht ‚nicht zum Verkauf‘ drauf, aber sie verkaufen es. Wer hat damit angefangen? Hamas und UNRWA.“

„Hamas liebt den Krieg“

In drastischen Worten beschreibt Aman die Denkweise der Hamas-Führung:

„Hamas’ Entscheidungen kommen aus Iran und Katar, nicht vom Volk. Hamas liebt Kriege. Hamas liebt es, wenn es keine Universitäten gibt, keine Schulen, wenn die Leute in Zelten leben und für Mehl Schlange stehen. Hamas liebt es, die Armut zu kontrollieren.“

Seine persönliche Erfahrung im Gefängnis war geprägt von Erniedrigung und Isolation: „Kein Spiegel, kein sauberes Wasser, keine Anwaltsbesuche. Es war die Hölle.“

Monatelang blieb Aman ohne Kontakt zur Außenwelt, bis er in einem Telefonat mit seiner Mutter hörte, dass sein Name bei den Vereinten Nationen genannt wurde.

„Meine Mutter sagte mir: ‚Gestern haben sie in der UNO deinen Namen erwähnt, 90 Länder fordern deine Freilassung.‘ Zwei Tage später liess sie mich ein Video hören, und ich hörte zum ersten Mal UN-Watch Hillel Neuers Stimme: ‚Rami Aman, ein palästinensischer Friedensaktivist – wir fordern seine Freiheit.‘“

Wenige Wochen später wurde er freigelassen. Heute lebt er im Exil, will aber nach Gaza zurückkehren, um dort eine neue Generation von Führungsfiguren aufzubauen:

„Hamas wird nicht für immer bleiben. Die Menschen in Gaza wollen Hamas nicht.“

In einem Kommentar für die italienische Zeitschrift MicroMega betonte Aman, dass die Mehrheit der Palästinenser Hamas ablehnt und in Frieden mit Israelis leben möchte. Der 7. Oktober 2023 sei für ihn ein „schwarzes Datum“, an dem „zwei Millionen Menschen den Preis für die Entscheidungen einiger weniger tausend Hamas-Anhänger gezahlt“ hätten. Das von Hamas verursachte Massaker habe das Bild vermittelt, als ob alle Palästinenser bereit seien, Frauen und Kinder zu töten – „das ist absurd“, so Aman.

Er schilderte zudem, wie Hamas seit 2007 Oppositionelle mit Gewalt unterdrücke, Menschen willkürlich verhaften und foltern lasse und die Bevölkerung durch Armut und den Missbrauch von Hilfsgütern gefügig mache. „Wir wollen uns von Hamas befreien – durch freie Wahlen“, schreibt Aman. Entscheidend sei nicht die Frage nach einem oder zwei Staaten, sondern dass Palästinenser und Israelis „einander akzeptieren, das Recht auf ein würdiges Leben anerkennen und sich respektieren“.

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