
Der Mann flitzte förmlich zu schmissigen Big-Band-Klängen auf die Bühne. „Tempo ist unsere Devise“, so Hans Rosenthal bei der Premiere von „Dalli Dalli“. Das TV-Ratespiel bleibt nicht sein einziges Vermächtnis.
von Joachim Heinz
Die Augen: braun, hellwach und wieselflink. Quasi immer auf dem Sprung. Sie unterschieden Hans Rosenthal von den vielen TV-Allzweckgesichtern, die alles und nichts wegmoderieren, ohne mit der Wimper zu zucken. Dabei war auch Rosenthal ein Medien-Akkordarbeiter – aber einer mit Haltung und eigener Geschichte. Am 2. April 1925, vor 100 Jahren, kam er in Berlin zur Welt.
Mit seinem Namen ist das von ihm erfundene „Quiz für Schnelldenker“ im ZDF verbunden: „Dalli Dalli“ war Titel der Sendung und Kommando zugleich. Wenn Rosenthal, oft mit gestrecktem Zeigefinger auf seine Kandidaten weisend, die magischen Worte aussprach, mutierten Prominente zu Wortakrobaten und Zirkusartisten. Vor der legendären Wabenkulisse kämpften vier Zweier-Teams bei Assoziations- und Geschicklichkeitsspielen um möglichst viele Punkte. Diese kamen, in einen Geldbetrag umgerechnet, hilfsbedürftigen Mitmenschen zugute.
„Den konkreten Anlass durfte das Gewinnerpaar vorlesen“, heisst es im „Fernsehlexikon“ von Michael Reufsteck und Stefan Niggemeier. „Rosenthal fügte dann mehrere erläuternde Sätze über das jeweilige Schicksal hinzu, was jeder Sendung einen gedämpften Abschluss verlieh.“ Der wirkte jedoch nie aufgesetzt – obwohl die 90 Minuten davor für kurzweilige Unterhaltung reserviert waren. Überraschende Ansichten offenbarte etwa der junge Günther Jauch. Auf die Aufforderung „Nennen Sie uns mal die Vorzüge der Ehe!“ lautete eine der Antworten Jauchs: „Prügeln!“
Rosenthal war und konnte aber noch mehr als TV- oder Radioshows wie „Dalli Dalli“, „Allein gegen alle“ oder „Das klingende Sonntagsrätsel“. 1980 erschien seine Autobiografie „Zwei Leben in Deutschland“. Darin schildert er die abenteuerliche und berührende Geschichte seiner Jugend als „jüdischer Mensch“ im Hitler-Deutschland. „Jude“ – das kam Rosenthal, der sich später im Zentralrat der Juden in Deutschland engagierte, nur schwer über die Lippen. „Durch die Nazis, durch ihre Hetzschriften, die Riesenlettern im ‚Stürmer‘ ist mir dieses Wort auf immer verleidet worden.“
Mit viel Glück überlebte der junge Vollwaise den Holocaust und den Zweiten Weltkrieg – zum Schluss zwei Jahre lang versteckt in der Laubenkolonie „Dreieinigkeit“ im Berliner Bezirk Lichtenberg. Seinen geliebten Bruder Gert konnte er am Ende nicht vor der Gestapo schützen. Am 19. Oktober 1942 wurde der Zehnjährige nach Riga abtransportiert; danach verliert sich seine Spur. Vermutlich wurde er ermordet. Eine Nachricht vom Suchdienst des Roten Kreuzes aus dem Jahr 1976 fügte Rosenthal seinem Buch bei.
Es gehört zur Grösse des nur 1,70 Meter kleinen Rosenthal, dass er trotz alledem keinen Hass gegen Deutschland hegte. Stattdessen nutzte er seine Talente, um seinen Mitbürgern zu zeigen, „dass jüdische Menschen sind wie alle anderen“. Am 10. Februar 1987 starb der Moderator und Entertainer nach kurzer, schwerer Krankheit im Alter von 61 Jahren. Beim Trauerzug zum Jüdischen Friedhof in Charlottenburg-Wilmersdorf war ganz Berlin auf den Beinen. Zuvor hatten Familie und Weggefährten im Studio 10 des Rias, Rosenthals Heimatsender, Abschied von dem beliebten Fernsehstar genommen.
Am 7. April erinnert das ZDF ab 20.15 Uhr mit einem Spielfilm und einer Doku an Hans Rosenthal. „Man wird mich in kurzer Zeit vergessen haben. Das liegt daran, dass man, anders als bei Filmen, Quizsendungen nicht wiederholen kann“, erinnert sich Sohn Gerd jetzt in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) an einen Ausspruch seines Vaters. „Dass man heute noch sein – ja wirklich bemerkenswertes – Leben aufgreift und darstellt, das hätte ihm gefallen.“
Am 7. April erinnert das ZDF an den Showmaster: "Rosenthal". Regie: Oliver Haffner; Buch: Gernot Krää. ZDF, 20.15 bis 21.45 Uhr. Im Anschluss folgt eine Doku über Rosenthals Leben.
KNA/joh/pko/Aud


























