„Antisemitismus hat in Berlin keinen Platz. Das ist und das bleibt eine unverhandelbare Grundüberzeugung dieses Senats“, sagt der Regierende Bürgermeister der Hauptstadt, Kai Wegner. In Neukölln freilich hat nicht er, sondern die Antifa das Sagen.
von Henryk M. Broder
Wie sehr der italienische Schriftsteller Ignazio Silone mit seiner Prophezeiung recht hatte: „Wenn der Faschismus wiederkehrt, wird er nicht sagen: „Ich bin der Faschismus.“ Nein, er wird sagen: „Ich bin der Antifaschismus“, das bestätigt sich im postfaschistischen Deutschland inzwischen fast jeden Tag
Die Antifa marschiert mit ruhig festem Schritt und hinterlässt verbrannte Erde. Sie hat sich auf Abfackeln und Entglasen spezialisiert, es kann aber auch ein Trafokasten oder Kabelschacht sein, der nachts außer Betrieb gesetzt wird.
Jüngstes Beispiel ist ein Flyer, der in Neukölln, dem buntesten aller Berliner Slumviertel, zirkuliert. Darin werden, wie in einem Steckbrief, die Betreiber einer Kneipe zur Fahndung ausgeschrieben. Sie sollen fortan „für immer schweigen“; die „Warnung“ richtet sich nicht nur an die Wirte, zwei Männer und eine Frau, die „in ihrem Lokal offen ihre Unterstützung für den Kolonialstaat Israel (propagieren), der aktuell einen Genozid an dem palästinensischen Volk in Gaza verübt“, sondern an „alle Zionisten in Berlin und Neukölln“. Damit keiner später sagen kann, er sei nicht gewarnt worden. Von dieser „Antifa“ könnte sogar die SA noch etwas lernen. Die war auch eine sozialrevolutionäre Bewegung.
Zur Unruhe oder gar Panik gibt es freilich keinen Grund. Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner, hat schon vor einem Jahr vorgeschlagen, „den Kampf gegen Antisemitismus als Staatsziel in der Verfassung des Landes Berlin zu verankern“.
Denn: „Antisemitismus hat in Berlin keinen Platz. Das ist und das bleibt eine unverhandelbare Grundüberzeugung dieses Senats.“
Unverhandelbar ist und bleibt auch der Sinn für Humor, den die Regierende Schnarchnase von Berlin an den Tag legt.
Henryk Modest Broder, geb 1946 in Katowice/Polen, kam 1958 mit seinen Eltern über Wien nach Köln, wo er zuerst den Führerschein und dann das Abitur machte. Sein Weg führte ihn von den St. Pauli Nachrichten, konkret und pardon über die Frankfurter Rundschau, die taz, die ZEIT und den SPIEGEL zur Welt-Gruppe. Mitbegründer der Achse des Guten. In seiner Freizeit sammelt er Schneekugeln und Kühlschrankmagneten und pflegt seinen Migrationshintergrund. Zuerst erschienen auf Achgut.com.