WHO-Vertreter: Befangenheit in internationalen Gaza-Berichten

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Die 59. Sitzung des Menschenrechtsrats in Genf am 16.06.2025. Foto IMAGO / ZUMA Press Wire
Die 59. Sitzung des Menschenrechtsrats in Genf am 16.06.2025. Foto IMAGO / ZUMA Press Wire
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Ein hochrangiger Vertreter der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat offengelegt, dass internationale Organisationen bereits kurz nach dem 7. Oktober 2023 darüber diskutierten, wie der Begriff «Hungersnot» politisch gegen Israel eingesetzt werden könnte.

Dr. Michel Thieren, WHO-Repräsentant in Israel, schilderte in einem Interview im Podcast Mosaïque – einer Produktion des French Institute of Israel und Akadem – dass schon im Dezember 2023 auf einer multilateralen Sitzung in Genf gezielt über die Verwendung des Begriffs «Hungersnot» gesprochen worden sei.

Thieren erklärte, er sei schockiert gewesen, als Experten auf höchster Ebene darüber diskutierten, welcher Begriff geeignet wäre, um politischen Druck auf Israel auszuüben. Nach seinen Worten sei dort offen besprochen worden, dass es wichtig sei, eine Hungersnot in Gaza wissenschaftlich zu belegen, um daraus eine Kommunikationsstrategie gegen Israel zu entwickeln. Besonders verstörend sei für ihn gewesen, dass Schuldige und Opfer bereits am 8. Oktober feststanden. Die Begriffe «Genozid» und «Hungersnot» seien sehr früh in den Raum gestellt worden, die Verbrechen seien von Beginn an vorbestimmt gewesen, und erst danach hätten die Organisationen versucht, Beweise zu finden. Dieses Vorgehen bezeichnete Thieren als völlig unnormal.

Er wies darauf hin, dass die anschliessende Berichterstattung – unabhängig davon, ob der Begriff «Hungersnot» sachlich korrekt gewesen sei oder nicht – durch soziale Medien massiv verstärkt wurde und der Schaden dadurch längst angerichtet war.

Thieren selbst äusserte sich nicht dazu, ob in Gaza ein Genozid stattgefunden habe. Er sagte, die Berichte würden kommen und man werde dann urteilen. Er zeigte sich jedoch skeptisch gegenüber der Fülle und Länge entsprechender Dokumente. Es gebe keine 72-seitige Rechtfertigung, meinte er. In der Medizin gelte: Wenn eine Behandlung auf zehn Seiten beschrieben werde, dann gebe es keine Behandlung. Ein Heilmittel bestehe aus drei Zeilen: Man nehme es, es wirke und die Krankheit werde geheilt. Je länger ein Bericht sei, desto verdächtiger sei er. Zum Vergleich verwies Thieren auf den Genozid in Ruanda, dessen Nachweis selbstredend gewesen sei. Der Bericht einer unabhängigen Kommission dazu umfasse lediglich 24 Seiten, mit einem einzigen Absatz zur Begründung des Genozids.

Der WHO-Vertreter äusserte sich auch kritisch zum allgemeinen Tonfall vieler internationaler Berichte. Das Problem bei der Berichterstattung über Israel und seine Handlungen sei nicht nur, dass sie voreingenommen sei, sondern dass dabei oft eine Art Genuss mitschwinge. Die Geschichte dieses Krieges werde mit einem gewissen Vergnügen erzählt und genau dort seien viele dieser Berichte, unabhängig von ihrer Herkunft, antisemitisch gefärbt.

Thieren berichtete, dass er am Morgen des 7. Oktober 2023 in Europa gewesen sei, jedoch sofort einen der ersten Flüge nach Israel genommen habe. Kurz darauf habe er die von Hamas-Terroristen überfallenen Kibbutzim besucht. Zum dritten Mal in seinem Leben habe er gesehen, wie ein Land des Massakers aussehe. Die beiden anderen Male seien Srebrenica 1995 und Kigali 1994 gewesen. Was er in Be’eri und am Nova-Festival gesehen habe, sei eindeutig ein Land des Massakers gewesen – unverkennbar.

Zu den Rechtfertigungsversuchen für die Hamas-Morde am 7. Oktober äusserte Thieren abschliessend klar, dass es keinen Kontext für das Massaker gebe. Es sei absolut unmöglich, diese Verbrechen zu relativieren.

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