Die Kritik trifft – Emrah Erken und das Schweizer Fernsehen

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Emrah Erken. Foto zVg / © Olivier Brandenberg
Emrah Erken. Foto zVg / © Olivier Brandenberg
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Die Berichterstattung des Schweizer Fernsehens zu woken Themen und zum Nahen Osten stösst bei Emrah Erken auf Kritik.  Seine Kritik ist pointiert und fundiert – die Ombudsstelle und die Unabhängige Beschwerdeinstanz (UBI) haben ihm wiederholt recht gegeben. Im Zürcher Leutschenbach-Quartier fürchtetet man sich mittlerweile vor der scharfen Feder des prominenten Juristen und Publizisten.

Letzten Dezember hiess die UBI auch seine Beschwerde gegen die Berichterstattung der SRF zu den Pro-Hamas-Protesten gut und übte heftige Kritik am Journalismus des Staatssenders. Audiatur-Online berichtete damals.

Herr Erken, Sie haben vor rund 4 Monaten eine Beschwerde gegen die UBI gewonnen – zum zweiten Mal. Das Urteil kritisierte die SRF heftig. Was war für Sie der Höhepunkt der Urteilsberatung?

Der Höhepunkt war für mich eindeutig das Schlussvotum der UBI-Präsidentin Mascha Santschi. Sie sagte unter anderem «Schon Goebbels hat stolz von «erwachender Nation» geschrieben. So viel zur Wokeness . . .» Als sie Bonhoeffer zitierte, liefen mir die Tränen herunter. Das ist mir in meiner langjährigen Karriere als Rechtsanwalt noch nie passiert. Ich hatte in meiner Beschwerdeschrift den strukturellen Antisemitismus, der in allen woken Ideologien verankert ist, nach einer akribischen Auseinandersetzung mit diesen nachgewiesen. Bei diesen woken Ideologien handelt es sich in erster Linie um die als «Wissenschaft» verklärten Advocacy Fächer Postcolonial Theory, Critical Race Theory, Gender Theory, Queer Theory und Intersektionalität. Ich habe gespürt, dass die Mehrheit der UBI-Mitglieder das angesprochene Problem erkannt hat. Ich fühlte mich verstanden.

Welche Reaktionen haben Sie auf den Entscheid erhalten?

Ich habe sehr positive Reaktionen erhalten, sowohl von Juden als auch von Nichtjuden. Ich habe mich darüber sehr gefreut. Ausserdem gab es für sehr viele einen lichten Moment der Genugtuung gegenüber dem medialen Machtmissbrauch der SRG, die nicht nur seit dem 7. Oktober 2023, sondern schon seit Jahren gegen Israel agitiert.

Gab es eine Entschuldigung von SRF nach dem Entscheid?

Ob sich die SRG entschuldigt habe? Das muss ein Scherz sein. Die SRG-Journalisten kommen sich vor wie Halbgötter, die über alles erhaben sind. Da die latent antisemitische Berichterstattung der SRG auch nach dem UBI-Entscheid fortgesetzt wurde, gab es keinerlei Reue oder Einsicht.

Es gab also gar keine Reaktion…

Die SRG hat überhaupt nicht reagiert. Die NZZ schrieb, dass ich die SRG blamiert hätte, was sicherlich zutrifft. In meinen Rechtsschriften habe ich aufgezeigt, dass die Sendeverantwortlichen der SRG woke Antisemiten sind. Die Mitglieder der UBI haben das zwar nicht bestätigt, aber die Heranziehung von Joseph Goebbels beim Schlussvotum der UBI-Präsidentin hat eine ausdrückliche Bestätigung erübrigt. Natürlich kann die SRG den Entscheid weiterziehen, und das Bundesgericht kann die Verletzung des Vielfaltsgebotes, welche die UBI als gegeben erachtete, verneinen. Die niederschmetternde Kritik durch die UBI, die mit Programmrechtsverletzungen im engeren Sinn nichts zu tun haben, werden aber bleiben.

Bemerkenswert ist, dass die SRG über ihre Niederlage nicht berichtet hat – gerade weil ich in meiner Zeitraumbeschwerde genau das thematisierte: die systematische Nichtberichterstattung über relevante Vorgänge an westlichen Universitäten. Dass die SRG auch über diesen Entscheid schwieg, sprach Bände: Sie tat genau das, was ich ihr vorgeworfen hatte.

Sie werfen dem Schweizer Fernsehen Machtmissbrauch vor. Worin bestand dieser im Fall der Anti-Israel-Proteste?

Die Proteste riefen zur Globalisierung der Intifada auf, was nichts anderes heisst als ein Gewaltaufruf gegen Juden auf der ganzen Welt. Die SRG hingegen hat diese Proteste als «Protest gegen den Krieg Israels in Gaza» dargestellt und eine Story fabriziert, gemäss der diese Proteste in der Tradition der Antikriegsproteste der Sechziger stünden, was von der Protestbewegung selbst nie geltend gemacht worden war. Als die Proteste in die Schweiz hinüberschwappten, verstand sich die SRG als Sprachrohr der antisemitischen und pro-dschihadistischen Protestbewegung und hat deren Botschaften ohne jede Kritik oder Kommentierung einfach so weiterverbreitet.

Ich zeigte auf, dass die SRG über einen längeren Zeitraum hinweg wichtige Nachrichten zum echten Charakter dieser Bewegung unterschlug, weil sie politisch nicht ins Konzept passten, während Belanglosigkeiten gesendet wurden. Die UBI bestätigte ein journalistisches Versagen über drei Monate – nicht nur in einem einzelnen Beitrag, sondern strukturell.

Ein UBI-Mitglied bemängelte, dass SRF den ideologischen Hintergrund der Proteste nicht ausreichend beleuchtet hat. Was ist der Grund hierfür?

Dass die SRG den strukturellen Antisemitismus, der in allen woken Ideologien vorhanden ist, nicht thematisiert, hat damit zu tun, dass die Sendeverantwortlichen selbst woke sind und vom strukturellen Antisemitismus der woken Szene geprägt wurden. Sie wollen verhindern, dass die breite Öffentlichkeit auf dieses Problem aufmerksam wird. Die SRG verhält sich seit geraumer Zeit wie eine woke NGO und propagiert die woken Ideologien. In Anbetracht dieser Tatsache würde eine kritische Berichterstattung über den Antisemitismus in der woken Bewegung den eigenen journalistischen Advocacy-Journalismus stören.

Sehen Sie bei SRF ein strukturelles Problem mit politischer Einseitigkeit oder handelt es sich hier um einen Einzelfall?

Ich bin mit der SRG aufgewachsen und bis vor wenigen Jahren habe ich mir nie die Frage nach der politischen Ausrichtung eines bestimmten Journalisten oder einer bestimmten Journalistin gestellt. Die heutigen SRG-Journalisten verstehen sich als Aktivisten, die sich dazu berufen fühlen, ihre politische Meinung den SRG-Konsumenten unter die Nase zu reiben und politisch zu manipulieren. Die SRG ist heute politisch nicht neutral, sie hat einen eindeutigen woken Linksdrall und ist aus meiner Sicht sogar linker als der Tages-Anzeiger.

Wie versucht SRF das Publikum zu beeinflussen?

Da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Seit geraumer Zeit bezeichnen sie beispielsweise lupenreine Meinungskommentare als «Analysen». Das hat damit zu tun, dass Meinungskommentare den eigenen journalistischen Leitlinien der SRG widersprechen. Da aber SRG-Journalisten ihre eigenen politischen Meinungen für derart erheblich halten, umgehen sie diese Richtlinien, indem sie ihre Meinungen als «Analysen» deklarieren. Rico Bandle hat darüber einen klugen Artikel geschrieben.

Mir fällt auch auf, dass bei SRF immer wieder dieselben Leute auftreten.

Mir auch. Es gibt immer wieder sogenannte «Experten», die irgendetwas «einordnen», d.h. für die Zuschauer oder Zuhörer das Denken übernehmen. Das Programmrecht besagt, dass die Zuschauer in die Lage versetzt werden müssen, sich eine eigene Meinung zu bilden. Durch den Beizug der mutwillig ausgewählten «Experten», deren politischen Ansichten den SRG-Sendeverantwortlichen ins Konzept passen, verhindern die aktivistischen Journalisten des öffentlich-rechtlichen Medienhauses diese Vorgabe ganz erheblich.

Halten Sie es für möglich, dass der Entscheid der UBI bei SRF tatsächlich zu einem Umdenken führt?

Nein. Ein Umdenken wäre nur möglich, wenn die SRG die Arbeitsverträge einiger Keyplayer auflösen würde, allen voran die Verträge mit Tristan Brenn, Barbara Lüthi und Sandro Brotz.

Welche Massnahmen müsste die Politik ergreifen, um künftig eine ausgewogenere Berichterstattung zu gewährleisten?

Das Bundesgesetz über Radio und Fernsehen (RTVG) müsste abgeändert werden. Sofern eine Partei bei der Ombudsstelle oder vor der UBI gewinnt, müsste so etwas wie ein Gegendarstellungsrecht existieren, welches wir bereits vom Zivilgesetzbuch (ZGB) kennen.

Ausserdem müssten bei gravierenden Verfehlungen Disziplinarmassnahmen gegen die Sendeverantwortlichen ergriffen werden können, was ultima ratio zu einer Auflösung des Arbeitsvertrages führen müsste. Es gibt sicherlich einige weitere Massnahmen, damit die SRG reformiert wird. Darüber müsste eine offene Debatte geführt werden.

Eine Initiative fordert aktuell die Senkung der SRG-Gebühren. Glauben Sie, dass diese Initiative helfen kann, die Probleme bei der SRG zu lindern?

Ich war lange gegen diese Initiative, weil diese die inhaltlichen Mängel in der redaktionellen Tätigkeit der SRG-Journalisten nicht adressiert. Mittlerweile habe ich meine Meinung geändert, weil nur der Entzug von Geldmitteln der SRG wirklich wehtut und die journalistischen Aktivisten unter Druck setzt. Zu dieser Einsicht bin ich übrigens gelangt, nachdem die SRG über den UBI-Entscheid vom 12. Dezember 2024 nicht berichtete und frisch fröhlich weitermachte, wie wenn nichts geschehen wäre.

7 Kommentare

  1. Vielen Dank für das Interview. Ich hatte eine dieser Petitionen(?) von Hrn. Erken unterschrieben und freue mich über die Reaktion der UBI. Das Einzige, was ich von SRF konsumiere, sind am Radio die Nachrichten und das Echo der Zeit, deren einseitige, anti-israelische Berichterstattung seit dem 7.10.23 mich extrem (ver-)störten. Ich fing an, mich mehr über andere Kanäle zu informieren, wie israelische Zeitungen & soz. Medien, um mir ein etwas ausgewogeneres Bild über die Situation im Nahen Osten zu machen und der voreingenommenen Berichterstattung von SRF zu entgehen.

  2. Und wie ist es mit der Frau Susanne Brunner, ihres Zeichens „Leiterin der Auslandredaktion des Radio SRF“? Bis zu ihrer Rüge durch UBI war sie wie besessen eiseitig gegen Israel. Obwohl vom Nahen Osten Korrespondentin Frau Bünter, Korrespondenten Herr Gutersohn und Herr Bischof berichten (In Israel lebt die unabhängige Journalistin Frau Gisela Dachs und auf die Dienste von ARD kann man auch zurückgreifen), reist Frau Brunner für unser Geld und, überflüssiger Weise immer und wieder nach Israel, von wo sie einseitig berichtete. Man muss aber erwähnen, dass sie sich sie ihrer Rüge, zurückhaltet in negativen Kommentaren gegen Israel.

  3. Gut, dass es mutige Leute wie Sie Herr Erken, gibt, die sich einsetzen gegen diesen bizarren Unsinn, den u.a. SRF vertritt.

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