Daniel Loeb: «Wenn Israel eine Aktie wäre, würde ich sie kaufen»

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Abflug- und Ankunftsterminals des internationalen Flughafens Tel Aviv. Foto IMAGO / Addictive Stock
Abflug- und Ankunftsterminals des internationalen Flughafens Tel Aviv. Foto IMAGO / Addictive Stock
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Der bekannte US-Investor und Hedgefonds-Manager Daniel Loeb, Gründer von Third Point LLC, sprach während eines Israel-Besuchs mit der israelischen Wirtschaftszeitung Globes über den US-Markt, seine Investitionen in Künstliche Intelligenz, seine philanthropischen Aktivitäten und seine wachsende Bindung an das Judentum.

Loeb, der als einer der bekanntesten «aktivistischen Investoren» der USA gilt, hat sich über Jahre den Ruf erarbeitet, offen Kritik an Unternehmen zu äussern, in die er investiert. Er gilt als jemand, der Fehlentwicklungen benennt und notfalls auch Managementwechsel oder juristische Auseinandersetzungen nicht scheut. In den vergangenen Jahren scheint sich der Ton des New Yorker Hedgefonds-Managers jedoch verändert zu haben.

Der 63-Jährige hat sich intensiver seiner jüdischen Identität zugewandt, leitet in New York Torastudien-Gruppen, engagiert sich philanthropisch und hat eine Fondsstruktur für Start-up-Investitionen geschaffen. Parallel dazu verfolgt er eine klare Strategie im Bereich der Künstlichen Intelligenz, mit Nvidia als zentralem Investment.

«Wir haben Nvidia schon früher gekauft und mit Gewinn verkauft», sagte Loeb. «Dieses Jahr haben wir die Aktie erneut erworben, als der Preis aufgrund der Zölle zwischen 90 und 130 Dollar lag – das war ein gutes Geschäft.» Third Point hält derzeit Nvidia-Aktien im Wert von rund 442 Millionen US-Dollar, etwa 6 % des gesamten Portfolios.

Neue Dynamik durch Künstliche Intelligenz

Loeb erklärt, die Nachfrage nach Rechenleistung sei «explosionsartig» gestiegen – nicht nur beim Training von Modellen, sondern auch in der Phase der Anwendung. «Die Verwendung von Tokens, also den Verarbeitungseinheiten von Sprachmodellen, nimmt rasant zu, ebenso der Bedarf an KI-basierten Rechenzentren. Nvidia bringt ständig neue Chips heraus, erschliesst neue Branchen und schafft enorme Markteintrittsbarrieren. Das kann sehr lange so weitergehen.»

Gleichzeitig hält Loeb an einer disziplinierten Anlagestrategie fest. So verkaufte Third Point in der Vergangenheit Anteile an Microsoft, Meta und Google, um Volatilität zu vermeiden, baute diese Positionen später aber wieder auf.

Trotz Einbussen im ersten Halbjahr 2025 liegt die Rendite des Hauptfonds derzeit bei 6,8 %, während der S&P 500 bei 10,8 % steht. Loeb zeigt sich dennoch optimistisch: «Ein schwacher Dollar ist nicht unbedingt negativ. Für globale Unternehmen ist das ein Vorteil.» Er erwartet ab März 2026 ein wirtschaftliches Anziehen durch fiskalische Impulse, Investitionsanreize und Produktivitätszuwächse aus dem KI-Sektor.

«Wenn Israel eine Aktie wäre, würde ich sie kaufen»

Seit 2015 investiert Third Point Ventures, die Wagniskapitalsparte von Loebs Unternehmen, auch in israelische Start-ups. Das erste Engagement galt dem Cybersecurity-Unternehmen SentinelOne, gegründet vom israelischen Unternehmer Tomer Weingarten. Der frühe Einstieg 2015 bei einer Bewertung von 100 Millionen Dollar führte beim Börsengang zu einem Vielfachen des Einsatzes.

Trotz schwieriger geopolitischer Lage bleibt Loeb überzeugt vom Potenzial Israels: «Ich war vor einem Jahr hier. Damals herrschte tiefe Depression, viele Geiseln waren noch in Gaza. Schon damals sagte ich: Wenn Israel eine Aktie wäre, würde ich sie kaufen. Heute sehen wir eine massive Welle von Investoren, die hierherkommen. Trotz des schlimmsten PR-Kriegs gegen Israel und trotz des Armeedienstes vieler Unternehmer entstehen hier die innovativsten Firmen.»

Gleichzeitig warnt Loeb vor überzogenen Bewertungen: «So viel Kapital jagt israelischen Start-ups hinterher, dass die Preise explodiert sind. Wir bleiben diszipliniert und investieren nur, wenn die Fundamentaldaten stimmen.»

Loeb wurde in Santa Monica, Kalifornien, in eine säkulare jüdische Familie geboren. Eine prägende Figur war seine Tante Ruth Handler, Mitgründerin von Mattel und Erfinderin der Barbie-Puppe. «Ich sah, wie Unternehmertum das Leben verändern kann und Wohlstand schafft», sagt Loeb gegenüber Globes.

Kampf gegen Antisemitismus und Unterstützung jüdischer Bildung

Bereits vor dem 7. Oktober 2023 engagierte sich Loeb gegen Antisemitismus in den USA. Gemeinsam mit Persönlichkeiten wie Bob Iger, Chris Pine und Bari Weiss wollte er ein Symposium zu diesem Thema veranstalten – kurz vor dem Hamas-Massaker. Nach dem Angriff zeigte er sich schockiert: «Es kam zu einer spontanen Vernetzung unter New Yorker Juden.»

Besonders betroffen war Loeb von den antisemitischen Protesten an seiner ehemaligen Universität Columbia. Nach dem 7. Oktober kündigte er an, Bewerbern von Hochschulen, die sich nicht klar gegen Antisemitismus positionieren, keine Präferenz mehr zu geben – und stattdessen Absolventen von Universitäten wie Yeshiva University oder University of Florida den Vorzug zu geben.

«Die Proteste auf den US-Campussen waren klar organisiert», so Loeb. «Diese Ideologie wurde über Jahrzehnte in Bildung und Politik eingeschleust, mit marxistischen Einflüssen, und hat nun in sozialen Medien ein Publikum gefunden. Das ist kein Zufall.»

Spirituelle Rückkehr

Während der Covid-Pandemie begann Loeb, sich stärker mit dem Judentum zu befassen. Über die Aleph Foundation – gegründet vom Lubawitscher Rebbe – kam er zum täglichen Gebet und zum Studium. «Alles begann mit dem Schma (zentrales Glaubensbekenntnis im Judentum, Anm.d.Red.). Heute lege ich jeden Tag Tefillin (Gebetsriemen, Anm.d.Red.) an», sagt Loeb.

Er unterstützt inzwischen zahlreiche jüdische Bildungs- und Sozialinitiativen, darunter Chabad, Hillel, die N7 Initiative im Rahmen der Abraham-Abkommen sowie die Organisation Startup Nation Central, die israelische Hightech-Förderung koordiniert.

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