Iran: «Nicht Krieg. Nicht Frieden»

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Gedenkfeier zum ersten Jahrestag des Todes der Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah und Hashem Safieddine, 7. Oktober 2025, Teheran, Iran. Foto IMAGO / ZUMA Press Wire
Gedenkfeier zum ersten Jahrestag des Todes der Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah und Hashem Safieddine, 7. Oktober 2025, Teheran, Iran. Foto IMAGO / ZUMA Press Wire
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«Nicht Krieg. Nicht Frieden». Das waren die Worte, die von Khamenei, den tief im Erdreich ausharrenden Obersten Führer der  Islamischen  Republik,  am  08.  September  2025  zur  Situation  des  Landes  zu  vernehmen waren. Worte, die nichts anderes, als die grosse Sorge vor dem Zusammenbruch zum Ausdruck bringen. Die Pattsituation, in der die Islamische Republik sich und ein ganzes Land manövriert hat, sind nicht nur Ausdruck der desolaten Situation innerhalb des Regimes, sondern auch das erfreuliche Aufwachen der freien Welt, dem kontinuierlichen Druck Israels auf die Machthaber und eine Bevölkerung, die die Islamische Republik endlich loswerden will.

von A. Khanedani

Wichtiger aber war die Rede Khameneis am 23. September 2025, genau zu einer Zeit, in der Masoud Pezeshkian, der Präsident des Irans noch nicht in New York gelandet war. In dieser gab Khamenei den Verhandlungen mit den USA den endgültigen Laufpass und sagte darüber hinaus, dass die Islamische Republik ihre Urananreicherungsprogramm nicht aufgeben wird. Weder die bisher erreichten 60 % noch sonst irgendetwas in diesem Zusammenhang. Der Fokus von Pezeshkians Rede in der UN, bestand im Wesentlichen dann auch nur in der Anklage Israels und Fürsprache Gazas. Doch trotz aller Reden und Gespräche: der Snapback ist in der Nacht des 28. September 2025 in Kraft getreten. Vier Tage nach Khameneis Absage an die Verhandlungen mit den USA, sagte Pezeshkian, dass die Islamische Republik in der Wahl zwischen den Forderungen des Westens mit Aufforderung zu direkten Verhandlungen mit den USA  mit sofortiger Einstellung des Atomprogramms und dem Snapback, sich für letzteres entschieden hat.

Zu  hören  sind  dieser  Tage  aus  Teheran  wieder  recht  harsche  Töne  und  Drohungen  in  alle Richtungen,  die  von  Forderungen  zum  schnellen  Bau  einer  Atombombe,  Ausstieg  aus  dem Atomwaffensperrvertrag NPT, bis hin zu Überschwemmung Europas und der USA mit Drogen aus Afghanistan reichen.

Während der Staatspräsident Pezeshkian und sein Aussenminister Araghchi sich auf den Weg zu  den  Vereinten  Nationen  machten,  flog  am  Tag  zuvor  Mohsen  Islami,  Vizepräsident  der iranischen Atomenergie Behörde, nach Moskau zu Gesprächen über das Atomprogramm. Das Ergebnis dieser Verhandlungen ist, dass die Islamische Republik plant, mit Hilfe des russischen Staatskonzern Rosatom, 8 Kernkraftwerke zu bauen, sowie die zerstörten Atomanlagen Fordo und Natanz wieder aufgebaut werden sollen.

Situation der Menschen verschlechtert

Derweil hat die Wirtschaft einen Nullpunkt erreicht und damit auch die Notlage der Menschen. Die Möglichkeit einer 2. israelischen Angriffswelle ist real, dennoch trauen sich zunehmend mehr Menschen wieder auf die Strasse zurück, auch weil Israel den Menschen im Iran direkt Mut zu spricht. Am 16. September 2025, dem 3. Todestag von Mahsa Amini sahen wir wieder Menschenmengen, die nach Einbruch der Dunkelheit zum Gedenken an  Mahsa und all der anderen getöteten und hingerichteten jungen Menschen schwarz gekleidet, ihren Weg auf die Strasse fanden und Parolen gegen das Regime riefen. Es ist die grösste Sorge des Regimes, dass die Proteste wieder aufflammen, denn dieses Mal werden sie nicht mehr beherrschbar sein, zumal innerhalb des Polizeiapparates die Fahnenflucht hoch ist. Und zu gross ist die Wut der Bevölkerung angesichts des Elends, dass die klerikalen Machthaber und ihr Unterdrückungsapparat ihnen aufgezwungen haben.

Unbestritten wird die Rückkehr allumfassender Sanktionen der Weltengemeinschaft, die Situation der Menschen im Iran noch weiter verschlechtern. Aber wer auf Stimmen aus der Bevölkerung wartet, die den Snapback Mechanismus verteufeln, wartet vergeblich. Die Menschen sind bereit alles für den Sturz des verhassten Regimes in Kauf zu nehmen.

Und während Russland und China einen letzten Versuch unternahmen, den Snapback Mechanismus um 6 Monate zu verschieben, wurde dieser Eilantrag am 26. September 2025 in der UN mit 9 Nein Stimmen abgelehnt. Am selben Tag erschien in der Washington Post ein Artikel, in dem Satellitenbilder darlegen, dass ca. 1 km von der Atomanlage Natanz entfernt, das Regime tiefe Tunnel baut. Auf die Anfrage Rafael Grossis diesbezüglich, hat das Regime bisher nicht geantwortet.

Der innere Konflikt innerhalb des Machtapparates setzt dem Regime zusätzlich zu. Zwischen Geheimdienst und Revolutionsgarden gibt es heftige Diskrepanzen, da der Snapback Mechanismus bekanntlich auch ein absolutes Handelsverbot für Erdöl  beinhaltet, was zur Schnappatmung aller im Ölgeschäft Involvierten geführt hat. Dies betrifft unter anderem auch die mit den Revolutionsgarden aufs engste verbunden Oligarchenfamilien, wie zum Beispiel Shamkhani und Sandjani.

Nicht nur, dass es Profiteuren wie China, Indien und Russland erschwert werden wird, ihre Einkäufe mit der Islamischen Republik zu tätigen, betroffen ist eben auch das Schattenflottengeschäft, mit dem Erdöl und vieles anderes geschmuggelt wird. Im Übrigen ist das illegale Geschäft mit dieser Schattenflotte eine der grossen Einnahmequellen der Revolutionsgarden  und  der  Familie  Shamkhani.  Deren  Filius  baute  diese  Schattenflotte  vor Jahren auf. Der Nachrichtensender Bloomberg berichtete sehr ausführlich und gut recherchiert darüber. Und so sagte ein Mitglied des Sicherheitsausschusses des Parlaments in Teheran, dass im Falle  des Inkrafttretens des  Snapback  Mechanismus,  Teheran die  Durchsuchung  seiner Meeresflotte niemals erlauben wird.

Über 1000 Menschen hingerichtet

Babak  Sandjani,  ein  einst  zum  Tode  verurteilter  Wirtschaftskrimineller,  wurde  vor  wenigen Monaten von Khamenei höchstpersönlich begnadigt und freigelassen. Vermutet wird, dass er, der sich bestens in Geldwäsche und illegalen Geschäften auskennt, eben diese wieder aufnehmen und so dem Regime Milliarden in die Kasse spülen soll. Noch nicht richtig wieder im Geschäft, hat er dem Regime bereits jetzt 25-50 Milliarden Dollar zugesagt. Milliarden, die in der Türkei deponiert sein sollen, wo Sandjani seit Jahren bestens im Business ist, wie Iran International berichtete.

Darüber  hinaus  kann  nun  auch  endlich  das  gesamte  im  Ausland  befindliche  Vermögen  der Islamischen  Republik  und  der  Revolutionsgarden  eingefroren  werden.  Mit  anderen  Worten wird die Terrorfinanzierung und Terrorplanung der Revolutionsgarden deutlich erschwert. Auch das erklärt, warum innerhalb des Machtapparates die Risse derzeit omnipräsent sind.

Die Bevölkerungsarmut hat mittlerweile auch die Mittelschicht fest im Würgegriff. Wassermangel, eine Zunahme der Umwelt und Naturkatastrophen, eine galoppierende Arbeitslosigkeit aufgrund einer zerstörten Wirtschaft, für all das hat das Regime keine Lösungen. Die Wut der Bevölkerung auf das Regime ist unermesslich. Das ist die Realität in der Islamischen Republik heute.

In diesem Jahr sind bisher 1000 Menschen hingerichtet worden. Die Tötungsmaschinerie läuft auf Hochtouren. Die Rache des Regimes an der  Bevölkerung ist ungebrochen und dennoch kocht es in allen Ecken und Enden des Landes. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann der Kragen der Bevölkerung platzt.

In ihrer ganzen 47-jährigen grausamen Geschichte von Mord und Terror für die Fantasie ihres schiitischen Kalifats  im Nahen Osten, samt Vernichtung Israels, war die Islamische Republik noch nie so nah am Sturz.

Mit dem Programm von Kronprinz Reza Pahlavi für die ersten 180 Tage nach dem Sturz, vereint er nicht nur weite Teile der Opposition, ist er doch der einzige mit einer konkreten Vision für das Land und einem genauen Plan für die Sicherung der Grenzen, die Wiederherstellung von Recht  und  die  Grundsteinlegung  eines  demokratischen,  säkularen  Irans  mit  freien  Wahlen. Noch nie hat sich das Regime von Kronprinz Reza Pahlavi so bedroht gefühlt wie jetzt. Zurecht. Denn sie wissen sehr wohl, nach wem die Menschen im Iran rufen.

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