Die Palästinenser. Mythen und Märtyrer.

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Symbolbild. Foto IMAGO / NurPhoto
Symbolbild. Foto IMAGO / NurPhoto
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Seit dem 7. Oktober 2023 hat der stylische Tsunami „Free Palestine“ Fahrt aufgenommen und dabei die globale Klimabewegung nahtlos abgelöst. Tausende junge Menschen in Westeuropa und Nordamerika, die als echte Linke niemals freiwillig ihre eigenen Landesflaggen zeigen würden, wickeln sich den Arafat-Schal um Hals und Hüfte und schwenken begeistert Palästina-Fahnen.

Selbst Greta will nach Gaza. Dabei ist nicht nur bemerkenswert, dass die Gräueltaten der Hamas, die den jetzigen Krieg im Nahen Osten ausgelöst haben, bei dieser globalen Party vollkommen ausgeblendet werden, sondern auch, dass jenseits der Parolen kaum jemand weiss, wer diese Palästinenser eigentlich sind.

Diese Wahrnehmungslücke schliesst nun die farbige Neuauflage des Buches „die Palästinenser“ des christlichen Theologen und Journalisten Johannes Gerloff aus Jerusalem. Angefangen von dem grossen Bevölkerungsaustausch zu Beginn der israelischen Staatsgründung, bis hinein in die jüngste Gegenwart weist Gerloff hier nach, dass es Palästinenser als eigenständiges Volk eigentlich nur gibt, weil Israel als jüdischer Staat in der Mitte der arabischen Welt existiert. Bemerkenswert ist dabei der unverstellte Blick des Autors, seine Quellentreue und die sorgfältige Recherche. Das gilt insbesondere auch für die vielen farbigen Fotos: Die Mappe mit dem blutdurchtränkten „Palästina“, die ihm der Friedensaktivist in Tulkarem in die Hand drückte, das Bild des Bierfasses mit der Aufschrift aus Prag, Bilder von der Tunnelindustrie an der Grenze zu Ägypten – allein für die Bilder lohnt sich das Buch. Gerloff gelingt es dabei, nicht nur die Etappen des Konfliktes für jeden verständlich aufzuzeigen und viele entscheidende Persönlichkeiten zu porträtieren, sondern auch, eine Geschichte der Hintergründe der Auseinandersetzungen bis zurück in Talmud und Koran darzulegen. Es scheint für unsere westlich geschulte Wahrnehmung völlig absurd, aber wer die Geschichte mit dem „Gharqad“, dem „Judenbaum“ liest, kann tatsächlich sogar den 7. Oktober „verstehen“.

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Die Palästinenser. Mythen und Märtyrer.

Welche ungeheure Tragik mit dem uralten Judenhass verbunden ist und wie viel persönlicher Mut notwendig ist, um sich davon zu befreien, zeigt der Bericht über Samer Achmed Muhammad al-Hadsch, einem Salafisten-Scheich aus Nahr el-Bared, den Johannes Gerloff in der ersten Auflage noch nicht porträtieren konnte, ohne den Mann zu gefährden.

Durchgesehen und redigiert wurde die Neuauflage von Yaron Lischinsky. Der junge israelische Diplomat war ein langjähriger Freund der Familie Gerloff. Er wurde am 21. Mai 2025 zusammen mit seiner Verlobten Sarah Milgrim in Washington ermordet. Der Mörder rief bei seiner Festnahme: „Free, free Palestine!“ Aber echte Freiheit wird nur durch eine Umkehr möglich sein. Gerloffs Buch bietet viele Grundlagen, um zu verstehen, wie ein Weg zum Frieden aussehen könnte und was dafür zu beachten ist. Ich kann es daher nur empfehlen.

Gerloff, Johannes. Die Palästinenser. Mythen und Märtyrer. Hammerbrücke: jOTA 2025, 2. erweiterte Aufl. 549 S. Paperback: 29,95 €. ISBN: 978-3-949069-09-3

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