Hamas-Dokumente belegen systematischen Missbrauch von Krankenhäusern

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Mitglieder des Roten Kreuzes während der Geisel-Übergabe in Jabalia am 30. Januar 2025. Foto IMAGO / Middle East Images
Mitglieder des Roten Kreuzes während der Geisel-Übergabe in Jabalia am 30. Januar 2025. Foto IMAGO / Middle East Images
Lesezeit: 4 Minuten

Neue, von der israelischen Armee deklassifizierte Hamas-Dokumente belegen eindeutig: Das Terrorregime in Gaza nutzt Krankenhäuser systematisch für militärische Zwecke – und internationale Hilfsorganisationen wie das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) und Ärzte ohne Grenzen (MSF) wussten offenbar davon. Ein Bericht von NGO Monitor sowie Recherchen von JNS und der Jerusalem Post zeigen, wie tief die Verstrickung reicht.

Die im Februar und März 2020 datierten Hamas-Memos stammen aus dem inneren Sicherheitsapparat des von der Terrororganisation Hamas geführten Innenministeriums und lassen keinen Zweifel zu: Krankenhäuser in Gaza sind keine neutralen Räume, sondern integraler Bestandteil des Terrorsystems.

Den Recherchen von NGO Monitor zufolge sind Gesundheitseinrichtungen in Gaza keine neutralen Räume, sondern spielen eine entscheidende Rolle im Terrornetzwerk der Hamas. Demnach würden dort verwundete Kämpfer mit „sensiblen Positionen in der Widerstandsbewegung“ versorgt und versteckt. Zudem dienen die Einrichtungen als Treffpunkte für Kommandeure und Regierungsvertreter während eskalierender Konflikte.

Ein besonders aufschlussreicher Hinweis findet sich im Memo vom Februar: Das IKRK habe „einen Flügel im Al-Shifa-Krankenhaus gewählt, der an die Büros der Hamas-Bewegung angrenzt“. Ebenso habe die französische Sektion von „Ärzte ohne Grenzen“ im Abu-Yousef-El-Najar-Krankenhaus „den einzigen Raum mit einer sicheren Telefonleitung“ für ihre Arbeit ausgewählt – eine Leitung, die die Hamas selbst als kritisch einstufte.

Schweigen statt Transparenz

Trotz dieser Erkenntnisse setzen internationale Organisationen ihre Arbeit fort, ohne öffentlich über die militärische Zweckentfremdung zu berichten. NGO Monitor wirft den Hilfswerken vor, sich den von der Hamas diktierten Restriktionen unterworfen zu haben. Dazu gehören die Vorabprüfung von Personal, Einschränkungen der Bewegungsfreiheit und die permanente Überwachung durch Hamas-Sicherheitskräfte.

Anne Herzberg, Rechtsberaterin von NGO Monitor, bezeichnete es als „unglaublich“, dass das Rote Kreuz und andere Gruppen weiterhin Unwissenheit vorschützen. „Die Dokumente zeigen, dass sie Hamas Bericht erstatten mussten. Sie mussten die Namen ihrer Mitarbeiter übermitteln. Sie wussten, dass sie überwacht wurden“, sagte sie gegenüber der Nachrichtenagentur JNS.

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Auszüge und Übersetzungen aus durchgesickerten Hamas-Dokumenten. Foto zVg

Gerald Steinberg, Präsident von NGO Monitor, betonte die Heuchelei: „Während sie immer wieder Hamas’ Anschuldigungen nachplappern und Israels Operationen zur Beendigung des Missbrauchs von Krankenhäusern verurteilen, wussten diese Gruppen klar, dass Hamas diese Einrichtungen ausnutzt – und entschieden sich zu schweigen“

Shifa, Nasser und andere Kliniken

Die Praxis ist keine theoretische Vermutung. Immer wieder bestätigen Beweise und Aussagen den Missbrauch:

  • Im Shifa-Krankenhaus deckte die IDF Anfang 2024 ein 250 Meter langes Tunnelsystem auf, das als Hamas-Kommandoposten diente.
  • Im Nasser-Krankenhaus berichtete die ehemalige Geisel Ilana Gritzewsky vor dem UN-Sicherheitsrat, sie sei dort zusammen mit anderen Geiseln in einem abgeschlossenen Bereich festgehalten worden – unter Bewachung bewaffneter Hamas-Kämpfer.
  • Im Kamal-Adwan-Krankenhaus gab der Direktor Ahmed al-Kahlout 2023 zu, seit 2010 Hamas-Mitglied zu sein und eine Führungsposition innezuhaben. Ein Rettungswagenfahrer bestätigte 2024, dass die Einrichtung für militärische Zwecke genutzt wurde.
  • Im Europäischen Krankenhaus in Khan Yunis dokumentierte die IDF im Juni 2025 ein unterirdisches Kommandozentrum mit Tunneln.

Diese Fälle bestätigen, was die Hamas-Papiere in ihren eigenen Worten offenlegen: ein konsequenter, systematischer Missbrauch von Gesundheitseinrichtungen.

Auf Anfragen reagierte das IKRK lediglich mit dem Hinweis, man erinnere „alle Konfliktparteien an ihre Verpflichtungen“ und tue dies vertraulich. Öffentlich verurteilt das Komitee jedoch regelmässig Israel für Angriffe auf Krankenhäuser – ohne den Kontext zu nennen, dass Hamas diese in militärische Ziele verwandelt.

Ärzte ohne Grenzen erklärte auf Nachfrage, man habe „keine direkten Informationen“ über Hamas-Aktivitäten in Krankenhäusern. Wäre man informiert gewesen, hätte man die Arbeit dort eingestellt. NGO Monitor hält diese Aussage angesichts der Dokumente für unglaubwürdig.

Für NGO Monitor ist klar: „Um Krankenhäuser in Gaza sicher zu machen, muss das Schweigen von NGOs und UN gebrochen werden. Jede Organisation muss ihre Arbeit sofort einstellen, sobald Terroristen präsent sind, und dies melden. Nur dann können diese Gruppen glaubwürdig zurückkehren und den Patienten wirklich helfen“.

Überwachung und Kontrolle ausländischer Hilfswerke

Die Dokumente zeigen zudem, dass Hamas ausländische Hilfsorganisationen streng überwachte. Laut NGO Monitor mussten Delegationen ihre Bewegungen im Voraus genehmigen lassen. Das Hamas-Innenministerium verlangte, dass alle ausländischen Mediziner ihre Lebensläufe vorlegen, damit Personal vorab überprüft werden konnte.

Selbst nach der Genehmigung wurden Hilfsteams von Hamas-Sicherheitskräften begleitet, die ihre Arbeit überwachten. In den Dokumenten heisst es ausdrücklich, dass medizinische Delegationen nicht in Bereiche vorgelassen werden sollten, in denen sich Hamas-Führer aufhielten. Zudem sollten Hamas-nahe Mediziner in die Teams integriert werden, um die Aktivitäten zu kontrollieren.

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Auszüge und Übersetzungen aus durchgesickerten Hamas-Dokumenten. Foto zVg

Internationale Organisationen in Hamas-nahem Umfeld

Die Hamas-Memos nennen eine Vielzahl internationaler Akteure, die unter diesen Bedingungen im Gazastreifen arbeiteten: neben IKRK und MSF auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO), Médecins du Monde (Frankreich, Schweiz, Spanien), das norwegische Hilfskomitee NORWAC, die britische Organisation MAP-UK, die schwedische Karolinska-Universität, Save the Children sowie palästinensische Gruppen wie die Gaza Community Mental Health Programme und die Palestinian Medical Relief Society.

In den Dokumenten wird darauf hingewiesen, dass diese Organisationen ihre Arbeit zwar fortsetzen durften, aber nur unter Hamas-Bedingungen. Die Platzierung ihrer Büros und die Begleitung durch Hamas-Personal sollten sicherstellen, dass keine sensiblen Informationen nach aussen drangen.

Für NGO Monitor ist daher klar: „Die Beweise der Komplizenschaft sind offenkundig. Diese Dokumente liefern seltene Bestätigung – in den eigenen Worten von Hamas“.

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